Google This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct to make the world's books discoverablc online. It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the publisher to a library and finally to you. Usage guidelines Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. 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Um sich über die Lage der Landarbeiter zn orientieren, hatte man schon früher eine Rundfrage veranstaltet, und zwar hatte man sich damals an die Arbeitgeber gewandt Um nun aber auch die Arbeiter zu hören, richtete man die neue Bund- frage vom Jahre 1893 an die evangelischen Geistlichen, welche diese Fragebogen nach den Angaben der Arbeiter selbst be- antwortet haben. Um nun auch meinerseits die Berichterstatter, und durch sie die Arbeiter selbst, möglichst zu Worte kommen zu lassen, habe ich die Angaben vielfach wörtlich citiert. Wenn ich in dieser Arbeit die Präsenzform anwende, so bezieht sich dies natürlich auf die Zeit, in der die ein- gegangenen Berichte geschrieben sind, auf das Jahr 1893. Der Schwächen, welche diese Arbeit in sich birgt, bin ich mir wohl bewusst, sie beruhen zum Teil in meinem mangel- haften Können, das um so mehr dadurch zum Vorschein tritt, als mein hochgeschätzter Lehrer, Herr Professor Dr. M. Weber, sehr bald nachdem er mir dieses Thema zur Bearbeitung gegeben^ erkrankte^ sodass mir die leitende Hand fehlte, zun^ _ V — ■ Teil beruhen sie aucli in dem mangelnden Material, womit ich aber keinem der Berichterstatter einen Vorwurf machen will, denn eine gewissenhafte Beantwortung des Fragebogens erfordert nicht nur viel Mühe, sondern auch viel Zeit, und die meisten der Herren haben beides nicht gescheut, der Mangel liegt vielmehr an den oft unvollständigen und unge- nauen Angaben der Arbeiter. Inhaltsverzeichnis. Vorwort L Begrierniiirsl^ezirk KSnlgsberir« A. Die kurische Niederung, Samland und Natangen. B. Der Westen und Südwesten. n. Begiemngsbezirk Gnmbinneii* A. Litauen. B. Masuren. Allgemeines. I. Abschnitt. 1. Bodenqualität 2. Bewirtschaftungsweise 8. Absatzgelegenheit ' . 4. Volksdichtigkeit und Bevölkerungsbewegung . . . n. Abschnitt. 1. Besitzyerteilung . 2. Bodenbewegung 3. Gelegenheit zur Pachtung und zum Kauf von Parzellen. in. Abschnitt. 1. Die verschiedenen Arbeiterkategorieen 2. Zahl der Arbeitskräfte auf der Fläche 3. Arbeitszeit IV. Abschnitt. Arbeitsgelegenheit V. Abschnitt. Die einzelnen Arbeiterkategorieen in ihren Bezügen. 1. Das Gesinde . 2. Instleute und Deputanten 8. Freiarbeiter 4. Wanderarbeiter Schlussbetrachtung Anlagen , , , Seite IV— VI A. B. A. B. 1 50 76 93 4 52 78 95 • 6 53 78 96 7 53 78 97 10 56 80 101 13 58 81 103 14 59 82 104 16 60 82 105 21 62 85 108 23 64 85 108 25 65 86 110 29 67 87 112 32 68 88 113 45 73 90 116 — 75 — 118 — — — 120 — — — 14Q Verzeichnis der Litteratur. 1. Backhaus, Agrarstatistische ünteTSuchnngen fiber den preussiflchen Osten im Vergleich zum Westen. Berlin 1898. 2. Gemeindelexikon der Provinz Ostpreussen. 3. V. d. Goltz, Die ländliche Arbeiterfrage und ihre Lösung. Danzig 1872. 4. V. d. Goltz, Die ländliche Arbeiterklasse und der preussische Staat. Jena 1893. 5. V. d. Goltz, Die Landarbeiterfrage im nordöstlichen Deutschland. Göttingen 1896. 6. Handbuch des Grundbesitzes im deutschen Reiche. Berlin 1896. 7. Jahresberichte, der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ost- preussen. Jahrgänge 1896—1899. 8. V. Lengerke, Die ländliche Arbeiterfrage. Berlin 1849. 9. Meitzen, Der Boden und die landwirtschaftlichen Verhältnisse des preussischen Staates. Berlin 1868. 10. Preussische Statistik, Bd. 149. 1. Statistik des deutschen Reiches. Neue Folge. Bd. 112. 2. M. Weber, Schriften des Vereins für Sozialpolitik. Bd. 55. ^ -^ y\^ H H A T-t 4. i ÜNIVER3ITY I. Regieruogsliezirk Königsberg. A. Die kurische Niedapung, Samland und Natangen. Das in diesem Abschnitt behandelte Gebiet, der nörd- liche Teil des Regierangsbezirkes Königsberg , nmfasst die Kreise Fischhansen, Königsberg (Land), Labian, Heüigenbeil, Preussisch-Eylan, Gerdanen nnd Bastenburg. Es liegen ans dles^ sieben Kreisen 16 Berichte Tor, welche sieb auf 236 Gemeindeeinheiten, nnd zwar auf 130' Landgemeinden und 106 selbständige Gutsbezirke beziehen. Räumlich erstrecken sich die mitgeteilten Beobachtungen auf ungefähr 86122,4 ha, bezw. auf 12^0 der GesamtflärChe der oben aufgefflhrten Kreise. Von diesen 85122,4 ha ent- fallen auf die Landgemeinden 44 324,3 ha, von denen 28120,7 ha oder 63,4% Ackerland, und auf die Gutsbezirke 40798,1 ha, von denen 17 681,6 ha oder 43,3% Acker- lland sind. L Abschnitt 1. Bodenqualitäi Der fruchtbarste Boden findet sich nach Meitzen^) in den Kreisen Königsberg nnd Fischhausen; hier ^herrschen die humosen und sandigen, oft sehr mtirben und durch ihren ^) Meitzeii) Der Boden des Preass. Staates, Bd. I pag. 2^19. 1 — 2 — natürlichen Beichtom zum Anbau aller Fruchte geeigneten Lehmböden vor, die sich durch Samland bis zur Küste fort- setzen. Samland besitzt bei seiner hügeligen Lage meist Ab- wässemng und gesunden Untergrund. Doch tritt auch auf vereinzelten Höhen schwerer Thon und ockriger, undurch- lassender Grandboden auf.^ Die Verteilung der verschiedenen Bodengattungen im Berichtsgebiet zeigt die folgende Tabelle. Von der Gesamtfläche nehmen ein:^) Lehm- Sandiger n. Lehm u. Sand- Moor- Wasser- Im Kreis Thon- böden lehmiger Sand boden boden fl&chen % % % % % FiscUiaasen . . . 11,3 66,5 20,0 1,5 0,7 Königsberg . 26,7 69,2 2,7 1,4 Labian . . . 19,8 58,0 8,0 23,7 1,0 Heiligenbeü . 17,0 52,4 29,8 — 0,8 Pr. Eylau . , 39,0 48,4 9,6 2,2 0,8 Gerdaueu . 56,6 37,9 8,1 — 1,4 Bastenburg 33,4 47,7 17,2 — 1,7 In Bezug auf die Grundsteuerreinerträge im Einzelnen verweise ich auf das im Jahre 1888 erschienene Gemeinde- lexikon von Ostpreussen. Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag der hier zu behandelnden sieben Kreise beträgt nach Angaben des eben genannten Gemeindelexikons pro ha a) vom Ackerland 13,37 M., b) von Wiesen 16,56 M., somit um 3,97 M. bezw. 5,59 M. mehr, als derjenige der Provinz. In den einzelnen Kreisen beläuft sich der durchschnitt- liche Grundsteuerreinertrag vom Hektar: (Vergl. TabeUe S. 8.) ^) Nach Meitzen, Der Boden des PreusB. Staates, Bd. IV pag. 154. — 3 Im Kreis Ackerland Wiesen • Fischhansen aof 18,71 M. 17,62 Königsberg „ Labiau „ 16,06 12,53 25,07 13,71 Heiligenbeil „ Pr.-Eylau „ Gerdauen „ Bastenburg „ 12,53 10,57 12,14 16,06 14,88 18,82 18,82 18,02 Wie hieraus hervorgeht, übertrifft der Grundsteuer- reinertrag der Wiesen denjenigen der Aecker in sämtlichen Kreisen. Der Beinertrag steht über dem Durchschnittssatz in Prozent der Fälle: Im Kreis Ackerland Wiesen Fischhausen auf 46,44 85,79 Königsberg „ 42,64 42,00 Labiau „ 82,79 84,95 Heiligenbeil „ 41,44 50,45 Pr.-Eylau „ 41,80 48,41 Gerdauen „ 48,07 60,81 Rastenburg „ 49,89 58,88 In folgender Tabelle sind die höchsten und niedrigsten Grundsteuerreinerträge einander gegenübergestellt Sie be- tragen pro Hektar: Im Kreis Ackerland Wiesen höchster niedrigster höchster niedrigster M. M. M. M. Fischbausen auf 28,89 8,52 85,25 8,52 Königsberg „ 89,60 4,40 50,80 7,20 Labiau „ 27,09 4,51 53,27 3,67 Heiligenbeil „ 28,20 5,09 85,25 6,66 Pr.-Eylau „ 19,19 8,92 26,24 4,81 Oerdauen „ 18,80 6,14 26,24 6,00 Jßastenburg „ 26,24 2,74 88,29 7,05 — 4 — Auf dieser ZuBammenstdtang geht lierror, dm neboi aiwerordeiitlidi frudrtharem fioden anch aoklier tchi aosaer- <»rdeittlidi geringer ErtraggBihigkeit im BeridüBgebiet Tor- konuitt* 2* Bewirtschafhmgswdse. Ueber die BewirtBclurftinigBweifle lauten die Angaben der Berichterstatter yerschieden. Um strenge Fmditfolge pelbt es meist ibeiftaiipt nicht; sie ist in verschiedenen Kreisai selbst wieder sehr ver- schieden nnd nnregelmässigy sodass sich ein bestimmtes Wirt* sehafts^stem oft gar nicht ^kennen lässt „Die Fnciitfolge ist bei den Bauern nicht gleich, je nachdem sie sich Totn der Wirtschaft der benachbarten Gitter beanflnssen lassen oder nicht.^ Im Durchschnitt findet man in Königsberg (3) u. (4) folgende zwei Frachtfolgen, je nachdan Klee angebaut wird^ oder nicht a) Brache b) Brache Winterung mit etwas Klee Winterung Erbten, Bohnen, Klee Klee Winterung Weideklee Gerste, Kartoffeln, Buben Winterung Hafer Erbsen und Kartoffeln Gerste Hafer. In den Kreisen Heiligenbeil, Fr.-Eylau und Bastenbnrg herrscht meist noch die alte Dreifelderwirtschaft mit Winterung^ Sommeruug, Kleebrache. In Gerdauen wirtschaften die Bauern fast duxehgängig in vier Feldern; sie bauen dann: im 1. Jahr Wintergetreide „ 2. „ Vorfrucht, (Erbsen oder Kartoffeln) f, 8. „ Hafer oder Gerste „ 4« „ iLiee« Die in Labiau übliche Fruchtfolge ist „1. Boggen oder Weizen, ersterer yorherrschend , 2. Gerste und Hafer oder Kartoffeln oder Klee, 3. Klee oder Hafer, 4. Klee oder Weide,. 6 — 5. Haler, Erbsen, Leinsamen. Anf Eartx>ffek ioigt «ndi Gerste odei Mengegetreide oder Boggen; aoif Eleeweide, die als Brache aaigesehen wird, folgt anch Boggen. 6. Bradie.^ In Königsberg (5) folgt nach gedtngter Sohwarzbiraclie oder auch Kleebrache: Winterung, Sommerung, Kartoffeln, oder man schiebt auch zwificben gedüngte Brache Baps und Winterung oder Futterrüben ein. Das Verhältnis der Bodenbenutznng ergiebt sieh ans nachstehender Tabelle.^) Von der Gesamtfläche wurden angebaut 1896 Im Kreis Getreide u. Htüsen- frtichte Hack- früchte Handels- gewächse FnttOT- pflanzen Wiesen Fischhausen . Königsberg . Labiau . . . Heiligenbeil . Pr.Bylau . . Gerdauen . . . Rastenburg . . * t % 32,3 35,3 20,1 37,4 33,9 34,3 36,0 % 4,1 4,5 4,4 4,2 4,1 4,0 0,4 1,0 0,1 0,4 0,4 0,7 1,4 % 7,4 7,6 4,7 9,8 8,4 9,0 1,1 % 7,1 11,0 12,1 11,1 10,6 10,6 11,9 Getreide und Hülsenfrüchte nehmen also fast überall ungefähr ^s» ^^ ^ Labiau ^/ft der Gesamtfläche ein. Be- sonders rentabele Wiesenwirtschaft wird in den Kreisen Königsberg und Fischhausen betrieben, wenn sie auch im letztgenannten Kreise verhältnismässig nur wenig ausgedehnt ist. Von den Hackfrüchten werden namentlich Kartoffeln und Futterrüben gebaut. Der Anbau von Zuckerrüben, Hopfen und Tabak, der in einzelnen Wirtschaften versuchsweise be- trieben wurde, ist meist ganz eingestellt, und Baps wird auch nur noch sehr wenig gebaut. Nur grössere Güter mit inten- siverem Wirtschaftsbetriebe haben bisweilen noch Zucker- ^) Nach der Erntestatistik Ton 1896 beredmet. Pr. flitaetistik, Bd. 149 pag. 8. — 6 — rflben- und BapsbaiL In Pr.-Eylan (2) wird auch „Ton des kleinen Lenten hin nnd wieder eine Kleinigkeit Tabak zum eigenen Bedarf erbant^. Ä.ach in Grerdanen ranchai viele Bauern und Arbeiter ihren selbsterbauten Tabak. 3. Absatzgelegenheii Obgleich Ostpreussen von den Hauptkonsnmtionseentren Deutschlands weit entfernt ist, und selbst nur eine einzige grosse Stadt — Königsberg — hat, so ist doch für genügende Absatzgelegenheit der landwirtschaftlichen Produkte gesorgt. Königsberg selbst ist mit allen Kreisen durch Eisenbahn ver- bunden, und für Verbesserung der Verkehrsv^hältnisse ist in den letzten Jahren in zunehmendem Masse gesorgt worden. Das im Vergleich zu anderen Provinzen weitmaschige Eisen- bahnnetz ist immer mehr ausgebaut worden. So sind nament- lich in dem hier zu behandelnden Teile der Provinz mehrere Staats-, sowie auch Kleinbahnen^) angelegt worden, andere sind teils schon im Bau begriffen, teils ist ihre Ausführung beschlossen. Gleichzeitig sind auf dem Gebiete des Tarif- wosens *) mannigfache Erleichterungen seitens der Königlichen Eisenbahndirektion gewährt worden. Seit dem Sommer 1897 sind besonders konstruierte Butterwagen ^) eingeführt; um die als Stückgut aufgegebenen Buttersendungen durch Kühlung mit Eis während des Transportes frisch zu erhalten, sind diese Wagen an den Decken mit eisernen Behältern versehen^ welche etwa 700 kg Eis fassen. Sodann sind eine Anzahl neuer Chausseestrecken aus- gebaut und dem Verkehr übergeben worden. Femer hat sich üifolge der ausgedehnten Lage an der Ostsee ein ausgedehnter Küstenschiffahrtsverkehr entwickelt Den Verkehr zu Wasser *) YergL Jahresberichte der Landwirtschaftskammer für die Ptoy. Oatpieusaen. Jahrgang 1897 pag. 17, 1898 pag. 25, 1899 pag. 18. *) Siehe darfiber die Jahresberichte d. Landwirtschaftskammer for die ProT. Ostpieassen; Jahrgang 1896—1900. *) Dee«^. Jahrgang 1897 pag. 17 u. 1898 pag. 28. — 7 — im Lmern des Distrikts vermittelt der schiffbare Pregel, der durch die Deime, den Grossen-Friedrichsgraben nnd den Secken- burger Kanal mit dem Enrischen Haff nnd der Memel in Ver- bindung steht Nach den von Backhaus^) ausgeführten Berechnungen kann Ostpreussen zur Zeit den wichtigsten Absatz für das produzierte Brotgetreide in der Provinz selbst finden, ja der Bedarf ist sogar grösser als die Produktion, sodass eine Aus- fuhr nach dem Westen und dem Auslande nur durch Import von russischem Getreide ermöglicht wird. Ausgeführt wird namentlich Weizen, Hafer und Kartoffeln. In dem Absatz an Vieh übertrifft Ostpreussen alle übrigen Provinzen, mit Aus- nahme von Westpreussen, bei weitem. 4. Volksdichtigkeif und Bevölkerungsbewegung. Die Volksdichtigkeit, die in der Tabelle Anlage 1 veranschaulicht ist, steht im Zusammenhang mit dem Vor- handensein grosser Städte; die Bevölkerung ist am dichtesten in den Kreisen, welche dem Verkehrscentrum — hier also der Stadt Königsberg — am nächsten gelegen sind, und nimmt mit der Entfernung von demselben ab. Sodann wird die Volks- dichtigkeit beeinflusst durch das Vorhandensein von Eisen- bahnen, da durch sie entlegenere Kreise dem Lokalmarkt wirtschaftlich näher gerückt werden. — Aus dieser Tabelle kann man also auch auf die Absatzgelegenheit schliessen, welche mit der Volksdichtigkeit parallel geht. — Femer wirkt auch die Qualität des Bodens, wenngleich nur un- beträchtlich, auf die Dichte der Bevölkerung ein. Die dünne Bevölkerung der Gutsbezirke gegenüber den Landgemeinden erklärt sich aus den grossen Waldungen, welche in den ersteren liegen. Der Volksdichtigkeit entspricht auch die Bevölkerungs- zunahme; sie ist relativ am stärksten in den Kreisen, ^) Backhaus, Agrarstatistische ünteisuchungen über den pieufisischen Osten im Vergleich zum Westen. Berlin 1898 pag. 51. — 8 — welclie die dichteste Bevölkenmg aofzü^eifien haben (Tabelle Anlage 1). Die grösste Zanahme haben die Kreise Königs- berg and Fischhansen mit 18,4 und 13,3 7^ fOr die Periode 1871—1895, 5,6 und 2,2 für die Zeit von 1885—1895. Die grösste Abnahme haben die Kreise Gferdasen nnd Pr.-Eylau, deren Bevölkernng sich von 1871 — 1895 nm 7,7 bezw. 4,5 Vo uitd von 1885-1895 nm 5,4 bezw. 5,3 % vermind^ hat. In dem Zeitraum von 1871 — 1891 haben die Städte nur in den beiden letztgenannten Kreisen eine Abnahme zu ver- zeichnen, wlArend sie in den übrigen Kreisen an Mnwohner- zahl zugenommen haben. Während die Landgemeinden in einigen Kreisen eine Einbnsse an Bewohnern erlitten haben, haben sie wieder in anderen Kreisen einen Zuwachs zu ver- zeichnen, der in den Kreisen Fischhausen und Labiau den der Städte nm 8,9 bezw. 2,0 % üb^riift. Bei den Guts- bezirken ist, abgesehen von den Kreisen Fischhausen, Labiau und Rastenburg, im Allgemeinen eine Entvölkerung zu kon- statieren. In dem Zeitabschnitt von 1885 — 1895 hat eine Abnahme der Bevölkerung stattgefunden, und zwar nicht nur seitens der Landbevölkerung, sondern auch derjenigen der Städte. Einen Zuwachs haben nur erhalten : die Städte in den Kreisen Labiau (1,2 ^/q) und Rastenburg (1,0 %), die Landgemeinden der Kreise Königsberg (7,4 7^) ™d Fischhausen (1,7 ^/o), sowie die Gutsbezirke des letzten Kreises (0,9 7o)- Diesen Rückgang der Bevölkerung hat sicher die Abwanderung ver- ursacht. Während eine Auswanderung ins Ausland gar nicht, oder doch nur selten vorkommt, findet öfter Abwande- rung in die grossen Städte und nach Fabrikgegenden statt, die in den Berichtsgebieten Fischhausen (3), Königsberg, Labiau und Rastenburg eine bedeutende genannt wird; und die in Königsberg (2, 3 und 6) und in Labiau, wenigstens in Bezug auf junge Leute, im Zunehmen begriffen ist. Das- selbe gdit aus dem Bericht aus Rastenburg hervor, wo es „in früheren Jahren nur junge Leute, also Knechte und Mägde — 9 — waren, die nacli Berlin, Mecklenburg, Hannover, naoh dem Bhein gingen, in den letzten Jahren aber anch ganze Fa- milien, meist junge, ebendahin nnd in die Bergwerke nach Essen, Dortmund oder auf Landgüter in der Mark, Pommern und Sachsen abgewandert sind.** Dagegen wird aus Labiau und Pr.-Eylau (2) berichtet, dass das Wegziehen von ganzen Familien in letzter Zeit abgenommen hat In Eönigsbei^ (1), wo vor einigen Jahren namentlich Instmannsfamilien fort- gezogen waren, „geschieht dies seit 2 Jahren" gleichfalls viel seltener, ja im Winter 1892 — 93 sind hier Zuzüge von Ar- beitern aus der Stadt Königsberg — infolge daselbst herrschen- der Arbeitsnot — aufs Land bemerkt worden. Dementsprechend wird auch aus Gerdauen (2) geschrieben : „Der Abzug in die Fabrikgegenden hat sehr nachgelassen, weil Familien sich hier leichter und besser nähren." In den Berichtsdistrikten Fischhausen (1) und (2), sowie Gerdauen (1) ist die Abwande- rung nicht so bedeutend und in Heiligenbeil soll sie „so gut wie gar nicht" vorkommen. Während die Berichte aus Königsberg (1) und (2) er- kennen lassen, dass alle Arbeiterkategorien in gleicher Weise an der Abwanderung beteiligt sind, sollen in Königsberg (3) die Freiarbeiter das grösste Contingent dazu stellen. In Königsberg (5) sind es besonders Dienstmädchen, welche ihrer Heimat den Rücken kehren. In der Regel sind es die wirtschaftlichen Tüchtigeren und besser Situierten, die zum Wanderstab greifen, weil sie meinen, dass sie einen höheren Lohn, mehr Freiheit und l)essere Lebensstellung beanspruchen dürfen, als ihnen in ihrer Heimat geboten wird. Junge Leute werden wohl auch durch die von der Grossstadt gebotenen Vergnügungen, sowie — was man ihnen übrigens nicht verargen kann — von dem Wunsche, mehr von der Welt kennen zu lernen, ihrer Heimat entlockt. Oft auch sind „briefliche Mitteilungen bereits Vorausgegange- ner, denen es gelungen, in der Fremde vorwärts zu kommen, •oder ihr persönliches Erscheinen zum Besuch in der Heimat, wobei sie Beweise ihres guten Fortkommens zur Kenntnis — 10 — oder sichtbaren Darstellimg bringen, für manche der Anlsu zur Abwanderung, während abschreckende Nachrichten weni beachtet werden, weil sie meinen, dass die Betreffende nicht verstanden haben, das Leben in richtiger Weise anzi greifen." Eine zeitweilige Abwanderungfindet in den meistei Berichtsdistrikten nicht statt. In Königsberg (2) und (3 Pr.-Eylau (2), Labiau und Rastenburg kommt sie wohl voi aber nur selten. In Labiau sind „in letzter Zeit ganze Fi milien zurückgekehrt, welche auf Grund schlechter Erfahrunge davon abraten." Aus Rastenburg wird hierzu geschriebeB „Manche Männer, die in der Heimat keinen ausreichendem Verdienst zu finden meinen, gehen bisweilen monatelang „„i die Welt"", kommen wieder zurück — nicht reicher ode besser." II. Abschnitt. 1. Besitzverteilung. In dem hier behandelten Gebiet betragen die 6utsbezirk( der Zahl nach 48,4^0 aller Gemeindeeinheiten und 57,l7o dei Gesamtfläche. In den einzelnen sieben Kreisen ergiebt siel folgendes Verhältnis: Die Gutsbezirke Durchschnitt- liche Grösse Durchschnitt betragen % betragen % liehe Grösse • T 1 im Eieis derGemeiude- der Gesamt- eines Guts- einer Landge einheiten fläche bezirkes in ha meinde in ha Fischhausen . . 49,3 55,8 423,3 816,4 Königsberg . 50,2 49,9 408,8 412,2 Labiau . . . 84,8 66,0 918,2 245,8 üeiligenbeil 50,2 50,2 401,2 875,9 Pr.-Eylau . 50,6 56,6 552,9 409,9 Gerdauen . 46,6 59,9 745,2 394,5 Rastenburg 57,5 61,6 561,2 420,5 11 '11 IZI h 3 .11 lei Danach sind die Gntsbezirke am zahlreichsten im Kreise Rastenburg vertreten, wo sie 57, 5^/^ aller Gemeindeeinheiten ausmachen. Im Kreis Labiau, wo sich die wenigsten Guts- bezirke finden, betragen sie 34,87o aller Gemeindeeinheiten, die Fläche aber, welche diese einnehmen, umfasst 66% der Gesamtfläche, sodass sich als die durchschnittliche Grösse eines Gutsbezirks 913,2 ha ergeben, oder annähernd das Vierfache des Durchschnittsareals einer Landgemeinde dieses Kreises. Den kleinsten Anteil an der Gesamtfläche haben die Gutsbezirke im Kreise Königsberg, mit 49,97o. Das Verhältnis, in welchem die verschieden grossen Be- sitzungen in Bezug auf Zahl, sowie auf von ihnen eingenommene Fläche zu einander stehen, veranschaulichen folgende zwei Tabellen, von denen die erstere nach den Angaben der Reichs- statistik vom 14. Juni 1895^) zusammengestellt und be- rechnet worden ist, die zweite der angegebenen Quelle ^ ent- nommen ist I. Von der Anzahl der vorhandenen Betriebe entfallen auf solche unter 2—5 5 20 20—100 über zu- im Kreis 2 ha ha ha ha 100 ha sammen % % % % % % Fischhausen . . 77,97 4,86 6,90 7,22 8,05 100 Königsberg . 80,74 4,46 5,71 6,41 2,68 100 Labiau . . . 67,97 21,15 15,27 4,58 1,03 100 Heiligenbeil . 64,33 8,53 14,58 10,61 1,95 100 Pr.-Eylau . 69,23 6,62 13,95 8,25 1,95 100 Gerdauen . 80,82 4,71 6,06 6,59 1,82 100 Eastenburg , 82,56 3,41 4,96 6,80 2,27 100 1) Statistik des deutschen Reiches, Neue Folge B. 112. Berlin 1898 pag. 351. «) a. a. 0. pag. 489. — 12 n. Von der landwirtschaftlidheii Fläche nehmen ein die Betriebe unter 2-5 5—20 20—100 über zu- im Kreis 2 ha ha ha ha 100 ha sammen % % % % % % Fischhausen . . 2,15 1,81 5,88 29,11 61,55 100 Eönigeberg . 2,14 1,24 5,38 27,32 63,92 100 Labiau . . . 4,20 9,58 19,67 27,5-4 39,01 100 Heiligenbeil . 167 2,08 12,10 33,95 50,20 100 Pr.-Eylau . . 2,23 1,80 12,93 28,14 • 54,90 100 <3-erdaTien . . 2,63 1,42 6,27 25,85 63,83 100 EastenbuTg . 1,85 0,89 4,71 25,02 67,53 100 Danach ist der Zahl nach der Kleinbetrieb bei weitem vorherrschend, der Fläche nach aber der Grossbetrieb. Von den 1462 im Berichtsgebiet gelegenen Betrieben sind 128 im Grossen bewirtschaftete Besitzungen, 648 mittlere Bauernhöfe, die fremder Hilfe bedürfen und 793 kleine, von der Familie des Besitzers selbst bewirtschaftete Gtiter. Letztere sind besonders stark vertreten im Berichtsgebiet Labiau, wo sie mit einer Zahl von 350 80 mittleren Bauemgtttern, 6 mittleren selbständigen Gütern und 1 im grossen bewirt- schaftetem Gute gegenüberstehen. Die Grossbetriebe finden sich am zahlreichsten in Fischhausen (1), sind aber hier auch nur wenige mehr als jede der andern beiden Arten. Dagegen fehlen sie ganz in Fischhausen (3), Gerdauen (1) und Heiligenbeil. Während es im Berichtsgebiet Heiligenbeil nur mittlere Bauern- wirtschaften giebt, sind diese in Rastenburg wieder gar nicht vorhanden. Den eben behandelten drei Arten von Besitzungen steht eine vierte, die Besitzungen der ländlichen Arbeiter, gegenüber. Die Grösse des Besitzes, bis zu dem noch zeitweise Arbeit gesucht wird, ist je nach der Qualität des Bodens, der Art der Bewirtschaftung und der Lage des betreffenden Ortes zum Markte verschieden. In Fischhausen (3), wo es, abgesehen von einer mittleren — 13 — Banemwirtschafty nur Klembetriebe giebt, „sachen alle diese Grundbesitzer Lohnarbeit;^ wie gross aber dieser Besitz ist^ ist in den Berieht nicht angegeben. In HeiBgenbeil nnd Rastenbnrg erstreckt sich der Besitz der ländlichen Arbeiter nnr anf ein Haus mit zwei bis vier Stuben nnd einen oder auch ein paar Morgen Eartoffelland. In Königsberg (6) wird Lohnarbeit bis zu einem Besitz von ly2 ha, in Labiau und Pr.-Eiylau (2) bis zu einem solchen von 2 ha gesucht, während die „Eigentfimer^ der Distrikte Pr.-Eylau (1) und Gerdauen (2) noch bis einem Besitz von 5, bezw. 6 ha auf Lohnarbeit gehen. 2. Bodenbewegttng. In Erbfällen gehen die bäuerlichen Besitzungen in der Regel geschlossen über. Der Erbe ist gewöhnlich der älteste Sohn, jedoch nicht immer, sondern oft auch eine Tochter; in Fischhausen (3) erben »häufig Töchter mit Ausschluss der Söhne." Um den Erben wirtschaftsfähig zu machen, wird ihm das Grundstück zu einem geringeren als dem wirklichen Wert entsprechendem Preise, etwa ^/g desselben Königsberg (3) überlassen, und er hat dann die übrigen Geschwister mit einem entsprechenden Anteil abzufinden. Meistens besteht dieser Anteil in einer bestimmten Summe Geldes, oder „der Erbe trägt die Kosten zur Erziehung für Beamtentum ;** bis- weilen wird auch den übrigen Geschwistern je eine Baustelle zur Verfügung gestellt. In Königsberg (1) jedoch „sind Verkäufe von bäuerlichen Besitzungen behufs Erbregulierung durch Teilung so oft vor- gekommen, dass in dieser Beziehung von feststehender Sitte nicht geredet werden kann," und „bei den grösseren Gütern, (abgesehen von dem einen Fideikommiss) pflegt hier, wenn die Zahl der Kinder über vier hinausgeht, eine Teilung nach Verkauf unter den Erben stattzufinden^. — 14 — Eine Teilung von Gütern anf Spekulation kommt fast niemals vor. Besitz Wechsel durch freihändigen oder notge- drungenen Verkauf von Gütern findet — mit Ausnahme von Königsberg (1), wo er „recht oft" eintreten soll -^ in allen Distrikten sehr selten statt In Rastenburg kommt Besitz Wechsel vor, aber nicht allzuhäufig; schon deshalb, weil die Grundstücke schwer verkäuflich sind". Diese Verhältnisse scheinen sich jedoch Ende der neunziger Jahre wesentlich anders gestaltet zu haben, denn nach den Angaben der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ost- preussen ^) „fähren die überaus schwierigen Verhältnisse, unter denen die ostpreussische Landwirtschaft leidet, nach wie vor zu häufigem Besitzwechsel, sodass Gutsverkäufe in fast samt- liehen Kreisen zu verzeichnen sind. 3. Gelegenheit zur Pachtung und zum Verkauf von Parzellen. Gelegenheit zur Pachtung von kleineren Par- zellen bietet meist nur Pfarr- und Stiftungsaoker (Tabelle Anlage 2) und da diesen häufig Bauern und grössere Grund- besitzer innehaben, so wird den Landarbeitern auch diese Pachtgelegenheit noch entzogen. In dem ürsprungsort des Berichtes Pr.-Eylau (1) wird das Pfarrland vom Nutzniesser selbst bewirtschaftet, da der Boden schlechter als der übrige des Ortes, und deshalb die Verpachtung sehr schwierig ist. Jedoch findet sich hier andere Gelegenheit zur Parzellenpacht „wegen der abgetriebenen Wälder, und sie wird auch wahrgenommen. Die Arbeiter pachten ein bis zwei Morgen zu Kartoffelland, säen auch wohl hin und wieder etwas Hafer". In Fischhausen (3) hat fast jeder Landarbeiter eine Parzelle von dem domänenfiskalischen Lande gepachtet. ^) a. a. 0. Jahrgang 1899 pag. 4. — 15 — Dass die Nachfrage nach Pachtiand eine sehr grosse ist, geht aus den hohen Pachtsummen hervor, welche die durch- schnittliche Gnmdsteaerreinerträge der betreffenden Kreise bei weitem übertreffen. Die Pachtzeit dauert meist sechs, bisweilen auch zehn bis zwölf Jahre. GelegenheitznmEanf kleinerParzellenbietetsichin den Berichtsdistrikten Fischhausen (1), Königsberg (3 nnd 4), Heiligenbeil, Pr.-Eylau (2), Gerdanen nnd Bastenburg überhaupt nicht In Labiau dagegen „ist jetzt, da Bentengüter gebildet werden, jederzeit Gelegenheit zum Parzellenkauf vorhanden". In Königsberg (1) ist „nach Einrichtong der Bentengüter bei manchem Besitzer, der tief verschuldet ist, wohl Neigung zur Abgabe von Parzellen seines Besitzes vorhanden und damit Gelegenheit zum Parzellenkauf geboten, bisher aber in dem Kirchspiel des Berichterstatters nicht benutzt worden. Die den Arbeitern in Pr.-Eylau (1) sich bietende Gelegenheit zum Erwerb von Parzellen kann deshalb nicht ausgenutzt werden, „weil sie kein Geld zum Kauf haben, da sie von der Hand in den Mund leben". Während aus fast allen Distrikten von einem Bestreben der Arbeiter, Land zu pachten oder auch zu kaufen berichtet wird, schreibt der Berichterstatter aus Königsberg (3): „Der Erwerb oder Pacht von Grundeigentum bei fortdauernder Lohnarbeit gilt nicht für erwünscht Die von mir hierüber befragten Instleute und Deputanten erklärten völlig überein- stimmend und unabhängig von einander, sie wünschten sich kein Grundstück und würden mit einem Bauer nicht tauschen, da sie bei ihrem sicheren Einkommen ruhiger und besser lebten als der Bauer mit seinem widerspenstigen Gesinde, seinen Abgaben und Wirtschaftsgefahren. Femer meinten sie, wenn sie ein kleines Grundeigentum von einigen Morgen hätten, wie die Königliche Begierung soeben in den Forsten einrichten wolle, dann könnten sie einerseits aus dem Acker ohne eigenes Angespann keinen Nutzen ziehen, andrerseits würden sie auch durch die nutzbringende Arbeit auf ihrem — 16 — eigenen oder gepachteten Acker verlünderty der Lolumrbeit nachzugehen^^ Ein Aufsteigen der Arbeiter in den Stand der selb- ständigen Kleinbauern kommt nur sehr selten vor, und zwar infolge des Mangels an Eau^elegenheit, sowie besonder» infolge des Mangels an Vermögen. III Abschnitt Arlii^tsyerfassimg. 1. Die verschiedenen Arbeiferkateflopien; Der landwirtschaftliche Betrieb und besonders der Grossbetrieb erfordert neben einem Stamm von Arbeitern^ welche das ganze Jahr zur Verfügung stehen, während der Zeit der Feldbestellling und der Ernte noch weitere Arbeitskräft-e. Dem entsprechen zwei Hauptkategorien von Arbeitern: 1. „kontraktlich gebundene Arbeiter", welche auf dem Gute selbst wohnen und durch einen festen Kontrakt sich za andaueiTider Arbeit verpflichten; 2. sogenannte „freie" Arbeiter, welche nur zeitweise^ oder wohl thatsächlich längere Zeit, aber nicht auf Grund, eines Kontraktes in Arbeit genommen werden.^) Die kontraktlich gebundenen Arbeiter rekrutieren sich aus dem Gesinde, den Deputanten und Instleuten. Das Gesinde, männliche und weibliche ledijge Personen, werden gegen Beköstigung und gegen einen festen Jahresloha auf die Dauer eines Jahres gemietet. Sie stehen der Herr- schaft jeder Zeit zur Verfügung und werden zu bestimmt qualifizierter Arbeit — die Männer als Pferdeknechte, Vieh- fötterer, Hütejungen u. s. w., die Weiber als Meierin, Wirt- schafterin, Haus-, Stuben-, Milchmädchen u. s. w. verwendet ^) Schrifteil deB Yeieins für SocialpoUtik, Leipzig 1892, pag. 10. — 17 — Das ledige Gesinde ist im ganzen Berichtsgebiet infolge des Abzuges nach dem Westen nnd des Bestrebens, in den Städten Beschäftigung zu suchen, stark im Eückgang be- gritEen. Die grossen Güter haben nnr noch die zur Viehhaltung und zur Hauswirtschaft unbedingt nötigen Knechte nnd Mägde. So müssen sich z. B. in Königsberg (1) vier im Grossen bewirtschaftete Güter zusammen mit nur acht Knechten und acht Mägden behelfen. Mehr Verwendung findet das ledige Gesinde noch in den Bauemwirtschaften. Aber auch hier macht sich bereits ein grosser Mangel geltend, besonders fehlt es an Knechten. (Pr.-Eylau [1]). An die Stelle der früher gehaltenen ledigen Knechte sind verheiratete Knechte getreten, welche unter dem Namen „Gespannknechte^^ namentlich auf grösseren Gütern* gehalten werden; aber auch grössere Bauemwirtschaften sind bereits gezwungen, sich ihrer zu bedienen. Die Franen dieser Gespannknechte sind nicht zu Dienstleistungen verpflichtet, doch steht es in ihrem Belieben, Scharwerkerdienste zu ver- richten, oder wenigstens in der Ernte bei dem Arbeitgeber ihres Mannes mitzuhelfen. Die Gespannknechte bilden den Übergang zu den Depn tauten. Diese werden regelmässig auf grossen Gütern und in grösseren Bauemwirtschaften zur Verrichtung von Arbeiten verwandt, deren Ausführung ein besonderes Mass von Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordert, — wie z. B. die Fütterung und Pflege einer grösseren Anzahl von Nutz- und Zugtieren, — sowie zur Beaufeichtigung und Leitung anderer Arbeiter; sie funktionieren unter dem Namen: Wirtschafts- beamte, Vögte, Kämmerer, Oberschäfer, Gärtner, Hofmann, Hirt, Kutscher, Schmied und Stellmacher. Unter dem Namen Deputanten existieren aber auch gewöhnliche Feldarbeiter, welche ihren Lohn in der gleichen Form wie die erstgenannten beziehen. Diese haben ausser der eigenen (in Königsberg [3 und 4]) noch eine, bisweilen auch zwei Arbeitskräfte zu stellen, während die an erster 2 — 18 -^ Stelle erwähnten Depntanten dieses nicht dürfen, wie ans Königsb^'g (3) berichtet wird. Die 3. Gmppe der kontraktlich gebundenen Arbeiter sind die raiter dem Namen „Instlente" bekannten Guts- tagelöhner. Eine Instmannsstelle kann eine einzelne Person nicht äbemehmen, weil sich der Instmann in dem auf je ein Jahr geschlossenen, meist halbjährlich kündbaren Vertrag verpflichten mnss, ausser sich selbst, jetzt meist nur noch eine, früher zwei bis drei arbeitsfähige Personen, sogenannte „Hofgänger" oder „Scharwerker" dem Brotherrn zur Verfügung zu stellen, und seine Frau wenigstens während der Erntezeit zur Arbeit mitzubringen. Der Instmann ist also dem Gutsherrn gegen- über Arbeitnehmer, dem gemieteten Scharwerker gegenüber zugleich Arbeitgeber. Die InsÜeute bildeten von Anfang an die überwiegenAe Mehrzahl der ländlichen Arbeiter, nicht nur in Ostpreussen, sondern im ganzen ostelbischen Deutschland, seit letzter Zeit aber hat sich ihre Zahl sehr verringert, und zwar hat dies sowohl die Dreschmaschine, als auch der Mangel an Schar- werkem verursacht. Ersetzt werden sie durch Depntanten und Freiarbeiter. „Früher waren mehr Instleute auf den Gütern, während jetzt kaum ein Gut seine volle Zahl hat, obwohl dieselbe in der Regel um 25 — 10% verringert ist (Pr.-Eylau [1])". Auch in dem Bericht aus Königsberg (1) wird geklagt, „dÄSS in den letzten fünf Jahren viele Arbeiter, sonderlich Instleute nach dem Westen gezogen sind, so dass es an diesen Arbeitskräften, sowohl grossen Gutem, als auch bäuerlichen Wirtschaften fehlt, und sich dieselben mit eben konfirmierten Jungen und Mädchen behelfen müsseu.^' Die Scharwerker rekrutieren sich zunächst aus den konfirmierten eigenen Kindern, unverheiratet gebliebenen Geschwistern und Verwandten, sowie dem alten Vater der lustleute; sodann sind es aber auch Kinder anderer Arbeiter, sowie gefallene Mädchen, die ein Kind zu versorgen haben — 19 — und dasselbe bei sich behalten müssen. Gut es, fremde Personen in die Familie aufzunehmen , was übrigens, nach dem Bericht aus Königsberg (1), ungern gethan wird, so werden Mädchen vorgezogen. Ungefähr ein Drittel der Scharwerker st^t das männliche, zwei Drittel das weibliche Geschlecht Die jungen Leute bleiben nur so lange im Scbarwerkeiv Verhältnis, bis sie körperlich entwickelter sind, etwa bis zum 20. Lebensjahr, und treten dann entweder in Gesindedienste oder wandern nach den Städten ab. Da die jungen Leute bei strenger und harter Behandlung seitens des Arbeitgebers leicht davongehen, ist dieselbe mild und vorsichtig, weil jener seine Brotstelle verlieren würde, wenn er die entlaufenen Scharwerker nicht sogleich ersetzen kann. Der ausserordentliche Mangel gerade an diesen Arbeits- kräften aber, der aus einigen Kreisen berichtet wird, hat nicht nur bewirkt, dass die Instleute, die in früheren Zeiten neben ihrer Frau noch zwei Scharwerker zu stellen hatten, jetzt mit der Bedingung durchdringen, nur noch einen zu stellen, sondern er lässt auch diese Verpflichtung zu einer drückenden Last und Unbequemlichkeit werden, deren sich die Instleute nach dem Bericht aus Labiau dadurch zu ent- ziehen suchen, dass sie „gern Dienste aufsuchen, wo Sdrar- werker nicht verlangt werden, also bei den Baueni." Auf den Gütern in Königsberg (2) werden auch schon neben „Instleuten mit Scharwerkem solche ohne Schar- werker" gehalten. Aus Heiligenbeil, wo Arbeitskräfte im Überfluss vor- handen sind, wird berichtet, dass der Instmann nur „die Leute, die an der Dreschmaschine arbeiten, zu löhnen und zu beköstigen hat". Scharwwker giebt es dort gwr nicht. Nach den Jahresberichten der Landwirtschaftakammer für die Prov. Ostpreussen werden die Scharwerker immer knapper. „An Scharwerkem fehlten nach den amtlichen Er- mittelungen im Begierungsbezirk Königsberg nicht vremger als ^V"^) ^) a. a. 0. Jahrgang 1898 pag. 10. 2* — 20 — Der Grund dieses Scharwerkermangels liegt an dem jetzt immer mehr um sich greifenden Übertritt junger Arbeiter- kinder, besonders derjenigen der Freiarbeiter, in den Hand- werkerstand. Denn, wenngleich noch die meisten der jungen Leute, namentlich Kinder der Instleute, in dem Berufe ihrer Eltern verbleiben, so sind es in Rastenburg doch schon Vio""V7> in Pr.-Eylau (2) ^/g und in Königsberg (1) Vs der konfirmierten Jünglinge, welche der Landwirtschaft verloren gehen. Der Bericht aus Königsberg (6) sagt, dass zwar nur ein kleiner Bruchteil, aber in zunehmendem Masse zu anderen Berufen übergeht, und aus Labiau wird gemeldet, dass „sich immer mehr Unlust zum Dienen bemerkbar macht." Dass das Scharwerkerverhältnis Missstände in sittlicher Beziehung mit sich bringt, wird von den Berichterstattern hervorgehoben. Diese „ergeben sich aus der mangelhaften Trennung der Geschlechter in den Schlafräumen." Femer führt das Zusammenarbeiten der Jugend beiderlei Geschlechts zur Verrohung der Sitten. Während die männlichen Scharwerker ausreichende Ge- legenheit haben, alles zu lernen, was einst von ihnen als Gespannknechte oder Instleute gefordert wird, besteht für die Mädchen der Hauptmissstand des Scharwerkerverhältnisses darin, dass sie keine ordentliche Hausarbeit kennen lernen. Sie verstehen nur die Feldarbeit, und wenn sie dann, ohne vorher in einer bäuerlichen Hauswirtschaft gedient zu haben^ Frauen werden, so haben sie keine Ahnung von einer ordent- lichen sparsamen Haushaltung. Die zweite Hauptkategorie der ländlichen Arbeiter, die „Freiarbeiter", stehen, wie schon bemerkt, in keinem kon.- traktlichen Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber, sondern suchen dort Arbeit, wo sie am ehesten zu finden ist, und wo sie den höchsten Lohn erhoJBEen. Bei ihnen herrscht die reine oder annähernd reine Geldlöhnung. Die Freiarbeiter zerfallen wieder in zwei Klassen, die ,,Einlieger** und „Kleinstellenbesitzer". — 21 — Die ersteren werden deshalb so genannt , weil sie von den Bauern, zuweilen auch von grossen Gutsbesitzern Woh- nung, sowie ein kleines Stück Land mieten. Sie gehen für Tagelohn regelmässig auf Arbeit, so oft sich Arbeitsgelegen- heit bietet ; da dies aber nicht immer der Fall ist, wie später gezeigt werden soll, sind sie mitunter schlimm daran. „Sie bilden das Proletariat unter der Landbevölkerung."^) Besser gestellt sind die Kleinstellenbesitzer, „Eigen- kätner" genannt. Sie wohnen in ihrem eigenen Häuschen; ihr eigenes Land reicht zwar nicht vollständig zur Be- friedigung der Lebensbedürfnisse ihrer Familie aus, giebt aber hierzu doch einen bisweilen nicht gerade unbedeutenden Zuschuss. Dass diese nur „sporadisch" vorkommenden Eigen- kätner, wie Weber ^) angiebt, im ganzen Berichtsgebiet fast nie auf Landarbeit gehen, trifft nach den Berichten nur auf den Kreis Königsberg zu; hier suchen sich dieselben ihren Unterhalt durch irgend ein Handwerk, Handel oder Fuhr- halterei zu verdienen. Li allen anderen Distrikten dagegen suchen sie wenigstens in der Erntezeit Lohnarbeit Wanderarbeiter, welche ihre Heimat verlassen, um in Gegenden mit Arbeitermangel reichlicheren Verdienst zu suchen, sind in diesem ganzen Berichtsgebiet — abgesehen von einigen Hopfen- und Drainagearbeitem im Distrikt Easten- burg — gar nicht vorhanden. 2. Zahl der Arbeitskräfte auf der Fläche. Nur wenige Berichte enthalten Zahlenangaben über die auf einer bestimmten Fläche verwandten Arbeitskräfte. Natur- gemäss hängt die Zahl derselben von der Bodenqualität, sowie von dem intensiven oder extensiven Wirtschafts- betriebe der Güter ab. In Königsberg (1, 4 und 6) gehören ^) y. d. Goltz, Die Landarbeiterfrage im noidöstlichen Deutschland. Göttingen 1896. pag. 227. ^ Schriften des Vereins f. Socialpolitik, Bd. LV pag. 151. — 22 — ZU einer Wirtschaft von 100 ha Besitz 12 — 14 standige Arbeitskräfte, wahrend in Gerdauen (2), wo der Grundsteuer- reinertrag^ bedeutend geringer ist, zur Bearbeitung der näm- lichen Fläche nur deren 6 erforderlich sind. Auf einem Bauernhof von 70 ha landwirtschaftlich benutzter Fläche in Kömgsberg" (6) werden 4 ständige Arbeitskräfte, nämlich 2 Knechte und 2 Mägde, sowie 2 nicht regelmässig beschäftigte Instilente gehalten. Über das Zahlenverhältnis, in welchem die verschiedenen Kategorien der Arbeiter an den betreffenden Orten unter- einander stehen, sind gleichfalls nur wenige Mitteilungen gemacht worden. In Fisdihausen (3) sind in zwei Dörfern mit rein bäueriidiem Besitz 3 InsÜeute, zur grösseren Bauemwirtschaft gehölig, 25 Freiarbeiter, und zwar 22 Eigenkätner und 3 Einlieger, sowie 2 Knechte und 2 Mägde vorhanden. Von der Gesamtzahl der regelmässig beschäftigten Arbeiter machen aus: in Pisch- in Königs- in Königs- bansen (I) berg (Ul) berg (IV) Die uf ossen tern d' 0? ei QQ g «^ OB S3 a OS Ä 1 ^ S ^m CO 1-* % % % % % % Deputanten . . . 5,15 13,26 6,82 20,31 7,42 Tnstleute . . . 28,87 16,67 16,51 18,63 20,31 21,66 Scharwerker . . 80,98 28,88 45,58 10,00 86,72 9,20 Geq^aanknechta . 18,40 — 11,86 8,18 10,16 6,82 Lose JbLnecbte . . 6,19 86,67 1,68 16,82 6,25 28,15 Mägiie .... 10,81 20,00 6,74 20,91 6,25 28,74 !Preiarbeiter . . 5,15 8,88 4,42 18,64 — 8,01 Die Zahl des ledigen Gesmdes steht zu der aller übrigen Arbeiter in einem Verhältnis 1) auf Gütern : in Fischhausen (2) — 23 — wie 5:16, in FischliaTisen (2) wie 1:6, in Königsb^g (4) wie 2 : 13 nnd in Königsberg (3) wie 2 : 23, 2) in bäuerlichen Wirtschaften: in Fischhausen (1) wie 17 : 14, in Königsberg (4 wie 5 : 8 und in Königsberg (3) wie 3 : 5. Hieraus lässt sich erkennen, dass die Grossstadt dem platten Lande das Gesinde entlockt. 3. Arbeifszeif. Die von den Berichterstattern gemachten Angaben über Beginn und Dauer der Arbeitszeit, sowie die während derselben gewährten Pausen sind in Anlage 3 tabellarisch zusammengestellt. Die Feldarbeit beginnt im Sommer meist zwischen 5 ■ und öVa Uhr und dauert bis zu Sonnenuntergang, etwa bis gegen 8 Uhr abends. Nach Abzug der gewährten Pausen, die sich auf iV^ — 3 Stunden ausdehnen, beträgt die Arbeits- zeit durchschnittlich 12Vs Stunden, bei dringender Emtearbeit steigt sie jedoch bis zu 14 Stunden. In Fiscbhausen (3 beginnt die Arbeit erst um 6 Uhr, „da die fiskalischen Arbeiten um diese Zeit beginnen, bis 6 Uhr abends dauern, und da diese ihren Einfluss auf die anderen Arbeiten geltend machen. In der Ernte regelt sich dieses selbstverständlich den Umständen nach anders. In den Stallungen wird schon zwischen 3 und 4 Uhr begonnen. Im Winter nimmt die Arbeit gewöhnlich zwischen 7 und 8 Uhr ihren Anfang und dauert bis zum Dunkelwerd^, etwa 7 — 8 Stunden* Die Pausen sind kürzer. Die Arbeitszeit der Frauen ist meist um 2—3 Stunden kürzer, als die der Männer. Sie kommen oft erst nach dem Frühstück, haben längere Mittagspause und hören auch abends V« Stunde eher auf. In einigen Berichtsdistrikten müssen sie jedoch ebensolange arbeiten wie die Männer. In Fischhausen (2) „arbeiten sie nur während dringender Emte- arbeit mit." In Fischhausen (1) sind sie der Begel nach nur in der Erntezeit, und zwar auch nur nachmittags in Arbeit. — 24 — Klagen über die Länge der sommerlichen Arbeitszeit kommen nach den Berichten nicht vor, ^da sie es einmal so gewöhnt sind^ nnd da sie ja auch selbst an der ordentlichen Besorgung der Feldarbeit interessiert sind, sofern vom Aus- fall der Ernte ihr Drescherverdienst abhängt. Erwtinscht wird allerdigs von manchem Arbeiter während der Woche freie Zeit zur Besorgung des zum eigenen Gebrauch über- lassenen Ackerlandes. Dieser Wunsch wird auch hie und da erfüllt, aber nur in Ausnahmefällen. Über die gewöhnliche Zeit hinaus kommen Arbeiten nur an einzelnen Tagen der Saat- und Erntezeit vor. „In der Ernte sind es meistens die Arbeiter selbst, welche auf Verlängerung der Arbeitszeit dringen, besonders wenn Regen- wetter in Aussicht ist." Diese Überstunden werden bereit- willigst geleistet, da sie auch vergütet werden. Werden auch die Kräfte der Arbeiter zuweilen bis aufs äusserste angespannt, so kommen doch Überanstrengungen höchst selten vor. Sonntagsarbeit wird dem Arbeitgeber überall höch- stens zur Erntezeit bei zweifelhaftem Wetter, und dann auch nur an Nachmittagen geleistet. Für die eigene Wirtschaft dagegen wird der Sonntag sehr ausgenutzt, da dieselbe wäh- rend der Wochentage nur notdürftig versehen werden kann. Da werden Kartoffeln gesetzt, behäufelt, ausgegraben und mit herrschaftlichem Angespann nach Hause gefahren, da wird der Flachs gezogen, gerötet, ausgearbeitet, zusammengebracht und heim getragen. Es wird für die nächste Woche Holz gehauen. Werkzeuge werden repariert und neue angefertigt. „Nie aber wird an Sonntagen gesponnen oder ein Rad gedreht, denn „„das ist Sünde!."" — 25 — lY. Abschnitt Arbeitsgelegenheit Die Arbeitsgelegenheit ist in verschiedenen Jahres- zeiten gleichfalls verschieden; dies bringt das Wesen des landwirtschaftlichen Betriebes mit sich. Im Sommer, während der Zeit der Feldbestellung nnd der Ernte, finden alle Arbeiter reichliche Beschäftigung aaf den Gutem wie auf den Bauernhöfen, ja häufig mangelt es noch an Arbeitskräften. So dienen im Distrikt Königsbei^ (3) Soldaten und vagierende Arbeiter den bevorzugten Wirtschaften während der ante als Aushilfe. Auch in Königsberg (1) und Labiau sind in dieser Zeit Arbeitskräfte gesucht Über die Folgen, welche der zeitweilige Arbeiter- mangel mit sich bringt, gehen die Ansichten der wenigen Berichterstatter, die diesen Punkt berühren, auseinander. Aus Pr.-Eylau (2) wird hierzu geschrieben: „Die sitt- liche Qualität der Arbeiter ist gut, auch dann, wenn Arbeits- kräfte knapp sind." Während in Königsberg (2) „der zeitweise Arbeitermangel die Leute zu unberechtigten Forderungen nicht verleitet hat," hat er in Königsberg (1 u. 3) bewirkt, dass die Arbeiter anspruchsvoller in Lohn werden, in Fleiss nachlassen, Ermahnungen oder verdientem Tadel Widerspruch und Trotz entgegen setzen, und dass sie oft kontraktbrüchig werden. „Namentlich die unverheirateten Knechte legen es öfters darauf an, dass der Kontrakt gerade in der nötigsten Arbeitszeit gelöst werde." Königsberg (3). Im Winter dagegen ist die Landwirtschaft bei weitem nicht imstande, die von ihr im Sommer benötigten Arbeitskräfte in ihrem eigenen Betriebe zu ver- wenden, nur Gesinde, Deputanten und Instleute finden regel- mässige Beschäftigung, während die Freiarbeiter gezwungen sind, sich ihren Unterhalt anderweitig zu suchen. — 26 — Verhältnismässig noch am günstigsten sieht es in dieser Beziehung im Kreise Königsberg aus. Hier soll bis auf seltene Ausnahmen immer Arbeitsgelegenheit vorhanden sein, wenn nicht in der Landwirtschaft, so doch in den Forsten, an der Eisenbahn, an den Chausseen, in Steinbrüchen oder beim Drainieren. Gleichzeitig wird aber auch bemerkt, dass dieser Verdienst sehr gering ist, etwa die Hälfte des sommer- lichen Tagelohnes. In Königsberg (1) werden die Freiarbeiter auch in „manchen Wirtschaften an Stelle fehlender InsÜeute mit landwirtschaftlicher Arbeit beschäftigt." In Königsberg (5) ist wohl „Arbeitsgelegenheit immer vorhanden, auch im Winter, aber nicht an Ort und Stelle, sondern im Wald, der 4—5 km entfernt ist, oder im Steinbruch, der etwas näher liegt" Alle übrigen Berichte sagen dagegen, dass Arbeits- gelegenheit für die Freiarbeiter im Winter nicht immer vorhanden, sondern dass sie knapp ist Im Distrikt Fischhausen (2), wo die „kleinen Besitzer mitunter über den Mangel an Instleuten klagen, werden auch einige wenige Freiarbeiter auf den bäuerlichen Besitzungen (mit Dreschen) beschäftigt. Ein grosser Teil findet im Kgl. Forst Winterarbeit, doch ist der Verdienst kein ausreichender. Ein Teil wendet sich auch der Fischerei zu." In Labiau gewährt eine Dampfziegelei manchen Arbeitern zwar regelmässige, manchen aber auch nur zeitweise Beschäftigung. Andere arbeiten an Chausseen oder im Wald und „manche, die solche Arbeit nicht finden, spinnen zu Hause." In Pr.-Eylau (1) haben sich die Arbeitsverhältnisse ein wenig gebessert, denn während es früher „Wintermonate gab, wo die Arbeiter nichts zu thun hatten, finden jetzt etliche in einer Schneide- mühle Verdienst, jedoch nur zu 0,80—1 Mk. Trotzdem ist aber die Arbeitsgelegenheit noch so knapp, dass die meisten spinnen helfen." Aus Pr.-Eylau (2) wird berichtet, dass es ,4m Winter sehr oft an Arbeit und damit auch an Verdienst fehlt;" in arbeitsloser Zeit fertigen die Männer Hausgeräte und Holzpantoffeln für ihre Familie, oder sie spinnen gteich den Frauen. — 27 — Am grössten ist der Arbeitsmangel in Heiligen- beil. Hier soll infolge von Überfluss an Arbeitskräften durchans nicht immer Arbeitsgelegenheit vorhanden sein, sodass nicht einmal während des Sommers alle in der Landwirtschaft Verwendung finden können, sondern auch auf auswärtige Arbeit in Forsten, an Chausseen oder auch bei grösseren Bauten angewiesen sind. Ja im Winter soll es für diejenigen, welche nicht ständige Wirt- schafts- oder ständige Waldarbeiter sind, mitunter geradezu traurig gestellt sein, da in den Forsten nur ständige Wald- arbeiter regelmässig Beschäftigung finden. Der Verdienst ist auch nicht ausreichend; er beträgt durchschnittlich 0,80 M., da der Lohnsatz durch das grosse Angebot von Arbeit und durch die Akkordarbeit herabgedrückt wird. Eine Sonderstellung hinsichtlich der Arbeitsgelegenheit nimmt der Distrikt Fischhausen (3) ein. Denn hier schiebt die Landwirtschaft nicht nur keinen Teil ihrer im Sommer verwendeten Arbeitskräfte ab, sondern nimmt im Winter so- gar noch mehr an. Der Berichterstatter schreibt hierzu: „Die Eigenkätner und Einlieger gehen den Sommer über an die fiskalischen Arbeiten (Festlegung der Dünen und Be- waldung derselben), während sie im Winter bei den einzel- nen Kleinbauern, teils mit den Hausgenossen, teils allein dreschen und zwar auf Deputat, so dass der 10. Scheffel ihnen gehört." Die Ursache dieses Arbeitsmangels im Winter ist ledig- lich in der ausgedehnten Verwendung der Dresch- maschine, besonders der Dampf dreschmaschine zu suchen. Denn während früher, als der Handdmsch noch allgemein üblich war, auch die Freiarbeiter den ganzen Winter hindurch hinreichende Beschäftigung fanden, so ist dies jetzt, wie oben festgestellt, eben nicht mehr der Fall, da jetzt die grösseren und mittleren Güter sich durchgehends der Maschinen be- dienen, und nur so viel Getreide mit dem Flegel ausdreschen lassen, als sie Stroh zur Herstellung von Seilen und Häcksel bedürfen, sodass sie mit ihren ständigen Arbeitskräften voll- — 28 — kommen aasreichen, und die kleinen Bauern, bei denen sich die Verwendung der Dreschmaschine nicht lohnen würde, dreschen ihren Getreidevorrat mit ihren Familienmitgliedern selbst aus. Gerade dieser ungünstige Einfluss der Dreschmaschine wird von einer Reihe der Berichterstatter besonders hervor- gehoben. Nur von dem oben erwähnten, hinsichtlich der Arbeits- gelegenheit alleinstehenden Distrikt Fischhausen (3) kann das hier Gesagte nicht gelten, denn dort hat die Maschine keinen Arbeitsmangel verursacht, da sie wegen Arbeitermangel, wie extra betont wird, eingeführt worden ist. Die Arbeiter selbst aber sind sich auch genau bewusst, dass die Dreschmaschine ihre Lage verschlechtert hat, und so kommt es, dass sie dieselbe geradezu hassen, während sie der Einführung aUer anderen landwirtschaftlichen Maschinen nicht ungünstig gegenüberstehen. Die Frage, ob die Leute lieber mit dem Flegel dreschen, oder lieber an der Dreschmaschine arbeiten, wird nur von einem Berichterstatter, und zwar dahin beantwortet, „dass die Leute selbst die Arbeit an der Dreschmaschine für schwerer halten, weil sie bei dieser Arbeit viel Staub schlucken müssen und weil, solange die Maschine im Gange ist, nicht die ge- ringste Ruhepause gewährt werden kann." Schliesslich hat die Dreschmaschine auch auf die Arbeits- verfassung ihren Einfluss geltend gemacht. Erstens drängt sie gar viele Arbeiter zur Abwanderung, ^) und vermindert so die Gesamtzahl der Arbeiter. Zweitens hat sie „die Zahl der Instleute, die am Drescherverdienst beteiligt sind, verringert. Es werden mehr Deputanten mit festbestimmtem Lohne in Geld und Getreide gehalten." Sie hat also zwischen diesen beiden Kategorien eine Verschiebung zum Nachteile der Inst- leute verursacht. ^) y. d. Goltz, Die Endliche Arbeiterklasse u. d. preuss. Staat Jena 1893. pag. 145. -'- 29 — Y. Abschnitt. Die einzelnen Arbeiterkategorien in ihren Bezügen. 1. Das Gesinde. Das Gesinde erhält bei freier Wohnung und Kost einen festen Jahreslohn in barem Geld, sowie häufig noch einen in Gestalt von Kleidung oder Landnutzung gewährten Natural- lohn. In welcher Weise und in welchem Masse beides noch gewährt wird, ist aus der Tabelle Anlage 4 ersichtlich. Be- dauerlicherweise herrscht die Tendenz, den Naturallohn auch in Geldlohn umzuwandeln und ist namentlich in der Nähe grosser Städte schon durchgeführt. Der in diesem Falle mehr gezahlte Geldlohn entspricht dann ungefähr dem Werte der in Wegfall gekommenen Na- turalien; dass dies jedoch nicht immer der Fall ist, kann man beispielsweise an den aus Pr.-Eylau gemachten Angaben sehen,, denn die bei den Bauern gewährten Naturalien haben doch augenscheinlich einen grösseren Wert, als die auf den Gütern mehr gezahlten 40 M. Bei reinem Geldlohn erhalten die Knechte nach den in genannter Tabelle zusammengestellten Angaben als Minimal- lohn 90, als Maximallohn 120 M., je nach Alter und Leistungs- fähigkeit Im nördlichen Teil des Kreises Königsberg und in Heiligenbeil sinkt der Minimalsatz um 30 M. und der Maximalsatz erreicht nur die Höhe von 90 M. bezw. 100 M. Der Einfluss, den die Nähe einer grossen Stadt auf das Lohn- niveau ausübt, zeigt sich deutlich in den beiden an die Stadt Königsberg grenzenden Berichtsdistrikten; hier ist der Minimal- satz 100 M. Die besten Löhne — angeblich 120—160 M. — werden im östlichen Teil des Kreises Labiau gezahlt. Die — 30 — in Heiligenbeil an Stelle der Scharwerker vorkommenden Kleinknechte nnd Kleinmägde erhalten 48 — 60 M. Der Lohn der Mägde ist überall niedriger; sie bekommen durchschnittlich 50—90 M., je nach den Diensten, die sie verrichten. Der höchste Minimalsatz findet sich auch hier wiederum in den an Königsberg grenzenden Distrikten, wo er 75 M. beträgt. Der grösste Maximalsatz, 120 M., wird in Fischhausen (3) gezahlt. Die Kost, welche dem Gesinde verabreicht wird, ist überall gut und kräftig, auch reichlich; sie ist eine bessere als diejenige, welche sich die übrigen Arbeiter- kategorien gönnen können, was sich namentlich in dem reich- licheren Genuss von Fleisch und grösseren Konsum von Brot äussert. Fleisch giebt es wöchentlich 2 — 3 mal, und Brot kann meist jeder essen so viel ihm beliebt, oder wenn es zu- geteilt wird, erhalten die Mägde wöchentlich 10, die Knechte 14 Pfund. Die Morgenkost besteht für Mägde gewöhnlich in Kaffee oder Mehlsuppe, für Knechte nur in Mehlsuppe mit Fett oder Milch angemacht. Mittags bekommen sie eine Suppe, im Sommer mit Milch angemacht, Fleisch, Speck oder Fisch mit Kartoffeln oder Klössen, Gemüse, Erbsen oder Reis. Zu Abend giebt es Hering mit Kartoffeln, oder Erbsen und jedesmal eine Suppe. Sonntags und täglich in der Saat- und Erntezeit er- halten die Knechte auch Schnaps. Femer wird Knechten wie Mägden während der Erntezeit auch Butter zum Früh- stück und Vesper gegeben. Bei den Bauern ist die Kost durchschnittlich besser als auf den Gütern, weil das Gesinde dasselbe Essen bekommt, das die Herrschaft geniesst Auf den Gütern, „wo nur selten lose Knechte gehalten werden, werden diese dem Kämmerer oder „Leutespeiser" in Kost gegeben, der sie nach seiner Gewohnheit an seinem Tisch speist, jedoch etwas besser als — 31 — die verheirateten Arbeiter sich und ihre Scharwerker be- köstigen." Die dem Gesinde zur Verfügung gestellten Wohnungen sind, wenn auch „erträglich, so doch sehr primitiv und in gesundheitlicher und sittlicher Beziehung unzureichend." Die Knechte schlafen im Pferdestall oder in der neben dem Stall befindlichen unheizbaren Kammer, die Mägde im Hause des Arbeitgebers entweder in einer kalten Kammer, oder in der Gesindestube, oder auch in Ermangelung beider, besonders in kleineren Besitzungen, in der Küche. Als Aufenthaltsort in den langen Winterabenden steht Knechten und Mägden nur die Gesindestube zur Verfügung, worin sie gewöhnlich vom Abendessen an bis zum Schlafen- gehen verweilen. Welche Folgen dies mit sich bringt, schil- dert ein Berichterstatter folgendermassen: «Die Knechte, Mägde und Jungen haben nur einen Kaum, in dem sie abends hausen. Hier sind die Unterhaltungen schmutzig, das Treiben unsittlich, oder man übt sich in der Unzufriedenheit gegen die Herrschaft" Die verheirateten Knechte bilden auch in Bezug auf ihr Einkommen den Übergang vom ledigen Gesinde zu den lustleuten und Deputanten. Nach den wenigen zur Verfügung stehenden Angaben erhalten sie neben freier Wohnung teils festen Jabreslohn in barem Geld, teils Deputat an Land und Naturalien, während sie sich selbst zu beköstigen haben. Spezialisiert worden sind ihre Bezüge nur in den Berichten aus Fischhausen (1) und Königsberg (3). lin erstgenannten Distrikt bekommen sie: bares Geld 90 Mk., freie Wohnung, Kartoffelland zu 2 Scheffel Aussaat, geschätzt auf 50 Mk., 22 Scheffel Boggen 110 Mk., 4 Scheffel Gerste 16 Mk., 2 Scheffel Hafer 8 Mk., 2 Scheffel Erbsen 10 Mk,, freie Haltung einer Kuh 120 Mk., und freie Haltung eines Schweines 30 Mk., zusammen 434 Mk. Nach einem schriftlichen Kontrakt erhält jeder Gespann- knecht des Gutes A in Königsberg (3): 60,- Mk 78,- f> 20,- n 72,- 71 12,- »t 18,- »T 6- ^r 86,50 >T 7,20 »T 24,- 1» — 32 — Freie Wohnung bares Geld 4 Scheffel Boggen ä, 5 Mk. = 16 „ Brotgetreide & 4,50 Mk. = 3 „ Gerste ^ 4 Mk. = 3 ,, Erbsen oder Bohnen k 6 Mk. ^ 4 „ Hintergetreide h, 1,50 Mk. = täglich 1 Liter Milch k 10 Pf. = 2 Schafe auf freier Weide und Winterfutter; jedes Schaf giebt 3 Pfund Wolle h, 1,20 = Die alten Schafe werden im Herbst verkauft k 12 Mk. = Die Lämmer bleiben als Schafe fürs folgende Jahr. 2—4 Schweine mit Absatzferkeln in freier Sommerweide. 2 Schweine gerechnet, die halbjährlich durch Ferkel ersetzt werden; zum Verkauf gelangen 2 Schweine = 60, — 120DRuten Kartoffelacker mit herrschaftlichem Angespann bearbeitet = 40 Scheffel Kartoffeln k 1,50 Mk. = 60,— 12 rm. Stubben oder 24 rm. Sprock. = 18, — 2000 Stück mittelwertigen Torf • = 12.— Freie Anfuhr des Brennmaterials = 6 vierspännige Fuhren II 3 Mk. = 18,— Eier von 10 Hühnern, die jede Familie halten darf; jedes Huhn 8 Schock ll 3 Mk. = 90,— Die Frau muss täglich 7—10 Kühe melken, erhält dafür pro Jahr = 36, — Sie erhält 30 Pfg. Tagelohn im Sommer und Winter. Bei 240 Tagen, die sie mindestens zur Arbeit geht = 240 . 30 Pfg. = 72,— Sie erhält im Sommerhalbjahr l^lich auch Va Metze Brotgetreide, also wöchentlich 3 Metzen; im Sommer- halbjahr etwa 24 • 3 Metzen = 72 Metzen = 4V« Scheffel k 4,50 Mk. = 20,25 IT 9» »r n Sa. der Einnahme = 719,95 Mk. Hülmer und Schweine werden im Winter mit Hinter- getreide und Kartoffeln gefüttert. 2. Insfleute und Deputanfen. Die Bezüge der Instleute bestehen zum grössten Teil in Naturalien. Zu diesen Natural -Emolumenten gehört zunächst die Wohnung, die ihnen von ihrem Brotherrn in den sogenannten — 88 — Insthäusem gestellt wird, in d^nen aiif den Dörfern mel/rt nnr zwei, auf den Gfitem dnrdisohnittlich vier, bifiweileii aaeb sechs, acht und zwölf Familien untergebracht sind. DiQ Wohnongsverhaitnisse sind anf Gütern wd in Dörfern, abgesehen von den nenerbauten Häusern, im Ali" gemeinen gleich, — besser gesagt gleich schlecht Die Häuser selbst sind vialfach alt und baufällig, bis- weilen gestützt und machen schon von aussen den Eindruck der Därft%keit und des Unbehagens; sehr yide von d^n neuen sind von aussen nicht verfugt. Die einer Familie zur Verfttgung stehenden Bäuinlich^ keiten bestehen aus einer Stube in den alten, aus Stube und Kammer in den neueren Häusern, einem Bodenraum, zu dem nicht selten eine einfache Leiter fuhrt, einem Hausflur, für 2 Wohnungen bestimmt, sowie Stallung für eine £uh und mehrere Schweine. 'Eine Küche findet sich höchst selten, und wo sie vorhanden, ist sie von kläglicher Beschaffenheit Sie wird dargestellt durch einen von zwei Familien zu bwutzenden dunklen Baum unter dem Schornstein mit dem Backofen. Die Grösse der Stube wird verschieden ang^eben; in Fischhausen (3) beträgt die Grundfläche derselben 12 qjfif in Königsberg (l) 16—24 qm, in Königsberg (4) 24—30, in Königsberg (3) 30—36 qm, in B«stenburg ist dw Wohnraum, bei einer Höhe von 2,20 m, 5 m lang und 4 m breit Über eine aJlzugeringe Höhe der Stube wird durchgängig geklagt Die Kammer hat V* — Va der Stubengrösse. Der Bodenraum deckt sich gewöhnlich mit der Grundfläche der Stube. Dielen finden sich nur in neueren Häusern, in alten besteht der Zimmerboden sm Estrich von Lehm, od^ aus Ziegellage. In einer Ec^e des Fufisbodens, unter dem Himm^*- bett, befindet sich oft ein viereckiges 1 m tiefes Loch, das mit Brettern verdeckt ist und zur Aufbewahrung von Kartoffeln dient — der Keller. Einen gewölbten Keller haben nnr die neueren Häuser. Das Wohnzimmer ist auch zugleich Schlafzimmer für das Ehepaar und alle Kinder. Ist die Far milie zahlreich, so schlafen 2 — 3 Kinder auf einer Lagerstätte. 3 — 34 — Wenn die Betten ausreichen, so wird anf Trennung der Ge- schlechter gesehen, andernfalls nicht, letzteres namentlich, wenn die Kinder noch klein sind. Aus Pr. Eylau wird geschrieben: „Geschwister schlafen bis zur Eonflnnation in einem Bett und zwei desselben Geschlechts schlafen auch als Erwachsene zusammen; zuweilen wird solch einem Schlafgenossenpaar noch ein kleines Kind in das schon nicht sehr breite Bett gelegt". Wenn eine Arbeiterfamilie die alten Eltern bei sich hat, so muss auch für deren Himmelbett Baum geschafft werden ; für die Kinder werden dann Lagerstätten mitten in der Stube bereitet. Dieser Mangel an Betten, — in Fischhausen (l) sollen Familien von acht Personen nur zwei Betten, oft nur eins haben — bat zweifelsohne nicht nur seinen Grund in der Armut der Leute, sondern auch in dem Mangel an Raum Sind ältere Kinder oder Scharwerker vorhanden, so schlafen diese entweder in der Kammer oder, da diese häufig von solcher Beschaffenheit, dass sie zum Schlafen ganz ungeeignet ist, auf dem Boden; zuweilen werden dieselben, namentlicli im Winter, auch mit im Wohnzimmer untergebracht. Da femer diese Wohnstube meistens auch als Ktlche dient, so steht es mit den Luftverhältnissen sehr übel, zumal das Fenster kaum im Sommer, geschweige denn im Winter geöffnet wird, denn um Erhaltung der Wärme willen herrscht bei den Arbeiterfamilien ziemlich allgemein eine Abneigung gegen Lüften des Zimmers, sowie gegen gründliche Reinigung desselben. Frische Luft kann somit nur beim Öffnen der Thür und durch den Kamin eindringen. Häufig mangelt es aucb sehr an Licht, da, namentlich in den älteren Häusern, meist nur ein Fenster vorhanden, dessen Scheiben klein, das Glas blind und schmutzig, oft durch Papier ersetzt. Dass das Schlafen in derartigen Räumen der Gesundheit höchst nachteilig ist, wie auch von einigen Berichterstattern hervorgehoben wird, und dass es beim Auftreten epidemischer Krankheiten besonders verhängnisvoll wird, liegt klar auf der Hand. Dies beweist auch die ungewöhnlich hohe Sterblich- keit unter den Kindern ländlicher Arbeiter, denn wenn diese — 35 — anch noch auf anderen Ursachen beruht, so tragen doch diese schlechten Wohnongsyerh<nisse wesentlich dazu bei. Dass diese engen Wohnnngsverh<nisse die Sittlichkeit in hohem Masse gefährden, ist leider eine nicht zu verleugnende Thatsache. ^Die von frühester Jugend auf durch die engen Wohnungsverhältnisse bedingte nabe Berührung der Ge- schlechter dürfte wohl zur Abstumpfung des Schamgefühls zweifellos beitragen, als deren Folgen später Unkeuschheit, ja Unzucht in beklagenswerter Weise und Allgemeinheit auch hier zu Lande sich zeigen'', schreibt einer der Berichterstatter. Wenn einige wenige Berichterstatter angeben, dass die Arbeiter im Allgemeinen ziemlich wenig Wert auf die Qualität ihrer Wohnungen legen, „da sie leider in Bezug auf ihre Wohnung zn genügsam und sittlich unempfindsam sind'', und schon zufrieden sind, wenn dieselben warm und genügend gross sind, wenn sich Ofen und Herdeinrichtung in Ordnung befinden, so widersprechen diesen andere direkt, indem sie sagen, dass „die Arbeiter auf eine behagliche. Wohnung viel Gewicht legen". Namentlich soll es allgemeiner Wunsch sein, dass der Fussboden gedielt werde. Aus Pr. Eylau (2) wird hierzu geschrieben: „Wert auf gute Wohnungen wird selbst- verständlich gelegt, aber ohne Erfolg, da die vorhandenen Wohnungen eben benutzt werden müssen. Klagen werden laut, dass die Wohnungen zu eng, dumpf, zuweilen dunkel und niedrig, dass sie weder gedielt, noch mit Fliessen belegt, dass sie schwer heizbar sind, und dass die allemötigsten Reparaturen an denselben von den Eigentümern unterlassen werden." Wenn nun auch zugegeben werden muss, dass sich diese Wohnungsverhältnisse gegen früher in den letzten Jahren erheblich gebessert haben, so geht doch aus den Schilderungen der Berichterstatter deutlich hervor, dass, wie einer derselben sagt: „diese Wohnungsverhältnisse den dunkelsten Punkt im Leben der Arbeiter bilden, und wohl am dringendsten eine gründliche Besserung erheischen." Wohl bieten die neuen massiv gebauten Häuser grosse Verbesserungen durch grössere 8* — «6 — F^ttt^, bessere Heizeinrichtugi mehr Baum dordi Hinzn- fügang der Kammer nad Kfidtt»^ sowie des gewölbten Kellers, aber es sind doeb nielLt gwog Raamlicfakeitea viMrbanden um Wobii- aad SchlaMmmer sondern zu können. Dass Verbesserungen der WobflmgsyeiliSltmsse nnbedingt nötig sind, nm die Arbeiter meia an ibre Heimat za fesseln mA sie so der Landwirtscbafit zu ehalten ist auch y«a der Lasdwirtsehaftskamm^ ffir die Proviaiz Ostprenssen erkaant worden and selbfgse hat sdt Juli 1899 diesbezflgliclie Schritte gethaa.^) Zu wfiasclien w&re aar, dass die Vorbereitnngren dazu etil wenig schneller Ten statten gehen möchten als bisher, damit das erstrebte Ziel baldmögU» 817,70 M. Die Frau braucht keine Arbeit zu leisten, wenn sie aber doch in der Ernte hilft, erhält sie 0,80 M. und V« Motze Roggen täglich. Ein Scharwerker darf von diesen Deputouten nicht ge- stellt werden. - 40 — n. Für die ml Deputat gesetzten Landarbeiter des Gntes Y desselben Distrikts, welche einen Scharwerker zu stellen haben, wird folgendes Einkommen angegeben: Freie Wohnung aus der Suhhaltung fir das verkaufte Kalb atw der SchweiBehaltung „ r, Hühnerhaltung, 10—15 Hfihner Brennmaterial: 9 rm Strauch = 6,00 M., 8 rm Kloben oder Knüppel ^ 9,00 M., 6000 St. Stichdorf = 24,00 M. freie Anfuhr des Brennmaterials »» 18 H. ... 82 Neuscheffel Deputat-Getieide ä 4,50 M. 5 „ „ -Hintergetreide k 1,50 IL . . 140 Q Buten Garten- und Kartoffelacker = 47 Seh. Kart k 1,50 M Bares Geld Die Frau oder ein Scharwerker Sommer und Winter 800 Tage k 0,25 H. und IV« Lit. Brotgetreide = 450 Lit. = 9 Seh Die Frau für das Helfen beim Melken Sa. 60,00 M 109,50 „ 10,00 „ 60,00 „ 90,00 „ 67,00 „ 144,00 ,, 7,50 „ 70,50 „ 90,00 „ 75,00 40,00 36,00 849,50 M. Davon geht ab: Abgaben Lohn und Kost für einen Scharwerker 5,00 M. 200,00 „ 205,00 M. 206,00 M. bleibt 644,50 M. m. Das Einkommen eines Instmanns auf dem Gnte X. des Distrikts Königsberg (3) beträgt, bei Stellung von 2 Schar- werkem. Freie Wohnung 180 □ Buten Acker zu Kartoffeln und Lein. Weil nur von wenigen Lein gesäet wird, so ist der ganze Acker als Kartoffelacker berechnet worden, umsomehr als der Ertrag des Leins nicht höher anzurechnen ist; wird mit herrschaftlichem Gespann bearbeitet. Ertrag ca. 60 Scheffel & 1,50 M. . . Sa. 60,00 M. 90,00 „ 150,00 M. — 41 — Übeitiag 1 Enli In hemchaftUcher freier Weide und freiem Winter- futter. Sie giebt im Winter und Sommer in massigem täglichem Durchschnitt 3 Liter Milch ä 10 Pf. in 865 Tagen für ein verkauftes Kalb 2 — 4 Schweine mit Absatzferkeln in freier Sommerweide. Zum Verkauf gelangen 2 Schweine ä 30 H. ... 2 Schafe auf freier Weide und Winterfutter. Jedes Schaf giebt 3 Pfund Wolle ä 1,20 M. = 7,20. Die alten Schafe werden im Herbat verkauft ä 12 M.; die Lämmer bleiben als Schafe fürs folgende Jahr Eier von 10 Hühnern, die jede Familie halten darf, reichlich 80 Schock ä 3 M Der Mann erhält 80 Pf. Tagelohn, Sommer und Winter, mit Ausnahme der Dreschtage. ^^ 240 Arbeitstage ä 30 PL . . . , Der erste Scharwerker, bezw. die Frau selbst, erMlt 80 Pf. Tagelohn = 240 • 80 Pf Der zweite Scharwerker erhält 20 Pf. Tagelohn =» 240 . 20 Pf , . . . . Der Mann und beide Scharwerker erhalten von 1. April bis 1 Oktober je eine Motze Brotgetreide täglich 120 S,tri = 180 Motzen oder 12 Scheffel 37 Liter k 4,50 M. Yon dem Teil des Getreides, das mit dem Flegel ge- droschen wird, was nur durch die Instleute und deren. Scharwerker geschieht, erhalten die Instleute aUe zusammen den 10. Scheffel ; von dem Teil, der mit der Maschine gedroschen wird, den 15. Scheffel; auch den entsprechenden Teil des Hintergetreides und der Spreu. Der Mangel an Buchführung von Seiten der Instleute bedingt die Feststellung des durchschnittlichen Dreschermasses durch die Wirtschaftsbücher des Gutes selbst. Danach ergiebt sich, je nachdem der Ernte- ertrag mehr oder weniger ergiebig war, ein durch- schnittliches Dreschermass von 70 Scheffel, und zwar an Weizen, Boggen, Erbsen, Bohnen, Gerste, Hafer und Wicken zusammen. »» 70 • 4,50 M ß vierspännigen Fuhren zur Herbeischaffung des selbst gekauften Brennmaterials auf 1 Meile Summa d; Einkommens 160,00 M. 109,50 „ 10,00 „ 60^ „ 31,20 „ 90,00 „ 72,00 „ 72,00 „ 48,00 „ 55,66 „ 816,00 „ 18,00 „ 1031,86 M. — 42 — Von diesem Gesamteinkommen muss der Instmann zwei Scharwerker halten, wenn die Ehefrau anf Scharwerks- arbeit geht nur einen. Übeitrag Aus der Scharwerkshaltung ergeben sich folgende Kosten: Für 2 Scharwerker: Barer Lohn 100,00 M, freie Wäsche (die Scharwerkerin wäscht ihre Sachen selbst) 8,00 „ Abgabefreiheit 4,00 Kost am Tische des Instmanns 800,00 » Sa. 407,00 M. Dazu kommen noch 5 M. Abgaben des Instmanns an Kirche, Schule und Gemeinde, sodass dem Instmann zur Erhaltung seiner Familie noch bleiben .... Summa 1031,86 M. 412,00 619,36 M. IV. Im Distrikt Gerdauen (1) bekommen die Instleute mit festem Lohn und Deputat: Freie Wohnung baren Lohn Deputat, bestehend in: 24 Seh. Roggen a 5 M. = 120 M., 2 Seh. Gerste ä 4 M. == 8 M., 2 Seh. Erbsen ä, 5 M. = 10 M., 2 Seh. Mast- getreide ä 5 M. =» 10 M., zusammen 148,00 M. 120—180 □ Ruten Kartoffelland Land zu Va Scheffel Leinaussaat freie Haltung einer Kuh für ein verkauftes Kalb freie Haltung von 1—2 Schafen aus der Schweinehaltung Holz oder Geld dafür bis 80,00 78,00 Davon gehen ab Unkosten aus der Scharwerks- haltung sodass dem Instmann noch verbleiben. 148,00 24,00 18,00 109,50 10,00 15,00 80,00 15,00 30,00 M 90,00 n 477,50 200,00 277,50 148,00 86,00 18,00 109,50 10,00 80,00 80,00 20,00 « n n n 521,50 „ 200,00 M. 821,50 M. Obwohl man die Anfang der 90er Jahre gewährten Bezüge mit den von Lengerke für 1849 angeführten*) nicht ^) V. Lengerke, Die ländliche Arbeiterfrage. Berlin 1849. pag. 29, — 43 — unmittelbar vergleiclien kann, weil von diesem ans anderen, als hier «sn behandelnden Kreisen diesbezügliche Angaben gemacht worden sind, so kann man doch erkennen, dass die Naturallöhne gewachsen sind. Die Landanweisung findet meist in grösserem Umfange statt Die Erträge ans dem Dresch- anteil, soweit dieser noch gewährt wird, sind infolge der gestiegenen Roherträge des gutsherrlichen Ackerlandes viel grössere geworden. •Während Lengerke als geringsten Ver- dienst durchschnittlich 37 Scheffel (bei Einrechnung des Sommergetreides) angiebt, schwanken sie Anfang der 90er Jahre zwischen 45 und 120 Scheffel. In Labiau und Gerdauen hat man den Dreschanteil gänzlich abgeschafft und giebt dafür ein festes Deputat an Getreide, das aber dem ausfallenden Dreschanteil nicht gleich- kommt. Vereinzelt geschieht dies auch in Königsberg (1) und Pr. Eylau (1). Die daneben gewährten festen Deputate sind teils kleiner, teils grösser geworden. In Bezug auf die Kuhhaltung hat sich nichts geändert. Anstatt eines Schweines werden jetzt oft 2, bisweilen auch 4 (Königsberg [3]) gehalten. Dagegen wird häufig, zuweilen nur noch für 1 Schaf freie Weide gewährt, während dies früher für deren 2 geschah; vereinzelt wird auch auf Gütern anstatt dessen 6 Mk. Woll- geld gegeben. Gänse dürfen nur noch in Bastenburg gehalten werden, und zwar treten diese hier an die Stelle der Schaf- haltung. Brennbedarf wird noch in gleicher Weise gegeben. Die Bezüge in barem Gelde haben eine bedeutende Steigerung aufzuweisen, indem zu dem für den Scharwerker gezahlten Tagelohn noch der Tage- bezw. Jahreslohn des Mannes getreten ist. Als den ünterhaltungsbedarf einer aus fünf Personen, nämlich Mann und Frau und drei noch nicht konfirmierten Kindern bestehenden ländlichen Arbeiter- familie im Regierungsbezirk Königsberg giebt Lengerke 1849 die Summe von 113 Thalem an.') Dass heutzutage die ^) a. a. 0. pag. 11. — 44 — gleiche Summe nicht mehr ausreichen kann, liegt klar aiif der Hand. Wo aber dem Instmaon die ihm zukimmenden Emalumente reichlich und in guter Qualität gewährt werden, so dass sie ungefähr einem Gesamtwert von 700 Mk. ent- sprechen, dürfte derselbe ein gesichertes und auskömmliches Einkommen haben, wenn er nur arbeitsam und seine Fran fleissig und wirtschaftlich ist. Denn da die Versorgung der Familie mit Nahrung zum weitaus grössten Teil aus den Naturalien der Löhnung gedeckt wird^ verbleiben nur etwa folgende Barausgaben: Lohn für den Scharwerker Für Kolonialwaren, wöchentlich 2 M Für Branntwein, wöchentlich 0,60 M An Petroleum täglich Vs ^^ Wäsche und Kleidungsstücke, bis auf den Feiertagsanzug des Mannes wird meist von den Frauen selbst herge- stellt ; dieser kostet c. 40 M., reicht 8 Jahre, jährlich 1 Mütze für den Mann An Schuhwerk: für den Mann Stiefeln 12,50 M., Sohlen 2,50 M., für die Frau 5 M., für 2 Knaben 11 M., 1 Mädchen 4,50 M., zusammen 85,50 M Für 2 Knaben je 1 Mütze ä 1 M. = 2 M., diese reicht 2 Jahre Alters- und Invalidenversicherung Abgaben an Kirche, Schule und G-emeinde Zur Unterhaltung des Mobiliars, Geschirrs pp., Neu- anschaffungen 15 Sa. 50,00 M. 104,00 ,, 81,20 8,00 5,00 „ 2,00 „ 85,50 „ 1,00 „ 5,20 „ 5,00 „ 20,00 „ 266,90 M. Soweit sich diese Barausgaben nicht aus dem Bar- verdienst das Mannes, Scharwerkers und der Frau decken, werden sie durch den Verkauf von im Überfluss vorhandenen Naturalien aufgebracht. Hierzu sei noch bemerkt, dass die angeführte Ausgaben- Zusammenstellung nicht auf vollkommene Genauigkeit Anspruch machen will; jedenfalls sind die Ausgaben nicht zu hoch gegriffen. — 46 — 3. Freiarbeiter. Im Gegensatz zu den InsÜenten und Depntanten pflegen die Freiarbeiter, abgesehen von den wenigen Scharwerks- tagen, welche die Einlieger für einen Teil der zn zahlenden Wohnungsmiete leisten müssen, nnr gegeji Tagelohn zu arbeiten. Die gezahlten Löhne sind in der Tabelle Anlage 7 zusammengestellt. Ihre Höhe ist distriktweise verschieden. Ständige Arbeiter erhalten im Sommer 1,20—2,60 M., im Winter 0,80—1,20 M. Voll beköstigt werden gewöhnlich die Einlieger in den Dörfern, wenn sie ihre Scharwerkstage ableisten. Sonst wird Beköstigung nur in mittleren Bauem- wirtschaften einiger Distrikte gegeben und dann sinkt der Geldlohn um 0,50—1 M. bei voller, und um 0,30—0,50 M. bei halber Eost. Der Verdienst der Frauen, die überall wenig auf andauernde Lohnarbeit gehen« beträgt 0,60 — 1 M. ohne, und 0,50 M. mit Kost Als Durchschnittslohn des Mannes ergiebt sich 1,40 M. täglich. Hiemach, sowie nadi den in genannter Tabelle a.n- gegebenen Lohnsätzen Hesse sich der Jahresverdienst der Freiarbeiter wohl berechnen, doch würden die Resultate in den seltensten Fällen der Wirklichkeit entsprechen, da ja die Freiarbeiter, wie in dem Abschnitt über Arbeitsgelegenheit bereits ausgeführt worden ist, im Winter sehr oft keinen Verdienst finden. Aus Pr.-Eylau (2) wird hierzu geschrieben : „Ein Freiarbeiter, der tägKch beschäftigt ist, würde pro Tag im Durchschnitt 1,00 M. verdienen, da aber oft Tage, be- sonders im Winter ohne Arbeit sind, so ist richtiger, den Durchschnittstagelohn eines Freiarbeiters auf 0,80 M. zu normieren." Hiemach würde also der Jahresverdienst bei 300 Arbeitstagen 240 M. betragen. Rechnet man noch den Verdienst der Frau in etwa 80 Tagen = 64 M. hinzu, so beträgt der Lohnverdienst einer Freiarbeiterfamilie 304,00 M» — 46 — Bedeutend höher wird das Einkommen einer solchen Arbeiterfamilie aus Königsberg (3) angegeben. Dort verdient bei dauerndem Engagement: Der Mann im SommeThalbjahr täglich 1,50 M., 1,50:150 = 225,00 ^ „ „ Winterhalbjahr „ 1,00 M., 1,50:1— = 150,00 1 Die Frau im Sommer taglich 0,80 IL und Va Metze Brotgetreide = 0,15 M,, also pro Tag 0,95 M., sie ist etwa 80 Tage beschäftigt, also . . . . . . = 76,00 3L Summa = 451,00 ^. Nimmt man den Durchschnittstagelohn des Berichts- gebietes nach dem Beispiel aus Pr.-Eylau (2) um 0,20 iL niedriger an, so ergiebt sich als Jahresverdienst des Mannes 360 M. Rechnet man hierzu noch 64 M. jährlichen Verdienst der Frau, so hat also eine Arbeiterfamilie dieser Kategorie im Berichtsgebiet durchschnittlich 424 M. Barverdienst jährlicL Zu dem Tagelohn kommen noch die Bezüge aus der eigenen Wirtschaft. Diese ergeben sich aus dem Ertrag des mit der Wohnung gepachteten Landes und aus der kleinen Viehhaltung, und sind natürlich von der Grösse dieser beiden Faktoren abhängig. Der Berichterstatter aus Königsberg (3 giebt ihn folgendermassen an: Kartoffeln von 60 Et. im Duichschnitt 20 Seh. k 1,50 M. = 30,00 1. Die Schweine werden in jedem Halbjahr verkauft und Ferkel an die SteUe angekauft, zwei verkaufte Schweine ä. 30,00 M = 60,00 M. Die 10 Hühner legen reichlich 30 Schock Eier ä, 3,00 M. =« 90,00 M. Summa = 180,00 M. Als Gesamteinkommen ergeben sich also im Distrikt Königsberg (3) 631,00 M. Die Kosten für die Wirtschaft sind etwa folgende: Futter für 10 Hühner und drei Schweine = 40,00 M Drei Ferkel h 6,00 M = 18,00 M. SaatkartofEeln drei Scheffel ä 3,00 M. (im Frühjahr sind sie doppelt so teuer wie im Herbst) . . ....== 9,00 M. Summa == 67,00 1. Suihma der Einnahmen 631,00 M. „ „ Ausgaben 67,00 M. Summa 564 M. — 47 — Zur Befriedigung der übrigen Lebensbedürfnisse ausser Kartoffeln und des Fleisches, welches das eingescUachtete Schwein liefert, bleiben also noch 564 M. Mit dieser Summe dürfte wohl eine sparsame Familie eben noch auskommen, wenn man etwa folgende Ausgaben annimmt. Wohnung 86,00 M. Brot, wöchentlich 30 Pfund = 1560 Pfund .... 156,00 „ Kolonialwaren, wöchentlich 2,00 M. == 104,00 M. . . 104,00 „ Für zugekauftes Fleisch etwa für 30 M 30,00 „ Kleidungsstücke, Wäsche, WoUe 80,00 „ Schuhwerk 35,00 „ Branntwein, wöchentlich für 0,60 M. 31,20 „ Brennmaterial 30,00 „ Petroleum täglich Vs Ltr 8,00 „ Zur Unterhaltung des Mobiliars und Neuanschaffung . 20,00 „ Alters- und Invaliditätsversicherung ....... 5,20 „ Arzt, Medizin, Krankenkasse 20,00 „ Öffentliche Abgaben 5»00 „ Summa 560,40 M. Wo das Einkommen diese Summe nicbt erreicht, müssen die Freiarbeiter, namentlich im Winter, ein gar kümmerliches Dasein fristen. Daher kommt es anch, dass gar viele von ihnen bei dem Kaufmann ihres Ortes verschuldet sind, und zwar mitunter nicht unbedeutend, — 100 M. in Labiau — , da manche „den ganzen Winter hindurch auf Borg leben." Wo sie nicht verschuldet sind, kommt dies nur daher, dass der Kaufmann ihnen keinen Kredit giebt. Die zeitweise beschäftigten Arbeiter, worunter hauptsächlich die Eigenkätner zu verstehen sind, welche im Sommer und namentlich während der Ernte zu Hilfe gezogen werden, erhalten durchschnittlich pro Tag 0,50 M. mehr als die ständigen Arbeiter. Frauen erhalten bei zeitweiser Be- schäftigung im Sommer 0,70—1,40 M. ohne, und 0,30—0,70 M. mit Beköstigung, im Winter 0,50—0,80 M., bezw. 0,20 bis 0,60 M. In Bezug auf die Lohnsätze im Einzelnen verweise ich auf die Tabelle Anlage 7. B. Der Westen und Südwesten. Dieser Teil behandelt die im Westen und S&dwesten des Begieningsbezirkes Eönigsbei^ gelegenen Kreise Pr.-Hol- land, Mohmngen, Osterode und Ortelsbnrg. Es sind sieben Berichte, drei ans Mohmngen und je einer ans den übrigen Kreisen eingegangen, die sich anf 81 Gremeindeeinheiten, nnd zwar 56 Landgemeinden und 25 selb- ständige Gntsbezirke beziehen. Diese Berichte erstrecken sich anf ein Areal von un- gefähr 47 231,5 ha oder 8,8 7o des Gtosamtflächeninhaltes dieser Kreise. Anf die Landgemeinden entfallen 29 638,5 ha, wovon wieder 19 756 ha oder 67,8 ^^ Ackerland, auf die Gutsbezirke 17 592,9 ha, wovon 8768 ha oder 49,8^0 Ackerland sind. I. Abschnitt 1. Bodenqualität. * In dem Jiier zu behandelndem Gebiet findet sich „neben günstigen Niederungsstrichen nach Südwesten fortschreitend schlechterer Boden, dessen Qualität schliesslich im Kreise Orteisburg an Qualität und Grandsteuerreinertrag ungefähr den Tiefstand der Monarchie erreicht."*) Nach Meitzen nehmen die verschiedenen Bodengattungen von der Gesamtfläche ein:*) i *) Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. LV pag. 166. *) Meitzen, Der Boden des pieuss. Staates, Bd. IV pag. 154. — 51 — Im Kreis Lehm und Thon- böden Sandiger Lehm und lehmigei Sand Sand- boden Moor- boden Wasser- flächen % % % % % Pr.-Holland • . , 88,6 64,9 — 1,5 Mohrungen • . . 9,7 66,2 16,5 7,6 Osterode .... — 64,1 29,8 0,7 5,4 Ortelsburg . . . 1,9 21,4 68,2 9,7 3,7 Der darchschnittliche Grandsteuerrelnertrag vom Hektar beträgt:') im Kreis bei Ackerland bei Wiese Pr.-Holland .... Mohrungen Osterode ..... Ortelsburg M. 14,10 9,40 6,27 4,81 M. 18,02 9,40 9,01 4,70 Im ganzenBerichtsgebiet . 8,52 10,28 Der durchschnittliche Reinertrag des Berichtsgebietes Meibt demnach um 0,88 M., bezw. 0,69 M. hinter demjenigen der Provinz zurück. Über dem Durchschnittssatz steht der Grundsteuer- xeinertrag in Prozent der Fälle: im Kreis bei Ackerland bei Wiese Pr.-Holland .... Mohrungen Osterode Ortelsburg M. 82,60 41,85 40,89 82,06 M. 21,55 48,27 88,47 88,28 Wie bedeutend die Grundsteuer -Beinerträge in den gleichen Kreisen schwanken, zeigt die Gegenüberstellung der ^) Nach dem Gemeindelexikon f. d. Prov. Ostpreussen, Berlin 1888. 4* — 52 — liöchsten und niedrigsten Keinerträge. Dieselben betragen pro Hektar: im KlTeiß » .■ . 1 bei Ackerland ■ bei Wiegen ■ höchster niedrigster höchster niedrigster M. M. M. M. Pr.-HoUand . 46,22 5,87 85,99 5,87 DCohrungen . 18,06 1,96 28,89 4,81 Osterode . . 15,27 1,57 20,40 2,74 Ortelsbur g . 11,75 0,45 28,50 1,55 2. Bewirtschaftungsweise. Eine einlieitlidie Fruchtfolge giebt es im Berichtsgebiet nicht. Während in Pr.-Holland noch die alte Dreifelderwirt- schaft allgemeiu üblich ist, wirtschaften in Mobrnngen (2) „nnr noch wenige Bauern in drei Feldern» die meisten dagegen sind zur Fruchtweohselwirtschaft mit 4—8 Schlägen über- gegangen, in denen Halm-, Blattfrüchte und Vorfrucht oder Klee-Brache abwechseln." In Mehrungen (1) wird in ,,9 ScUägen mit Sehwarzbrache" gewirtschaftet. „Von einer Frachtfolge kuui man bei den Bauemwirtschaiteii nur in seltenen Fällen sprechen", schreibt der Berichterstatter aua Oatorode; ,,aie wirtschaften wild. Wo sie innegehalten wird,, da ist sie wie folgt: Volldung und EartofEelUt Gerste, Srbsen, Flachs oder fio^fm^ Haler, xmt&t Gerste wird manchmal auch Klee gesäet; auf dem ungedüngten liande (und es ist dessen noch sehr viel da^ nur Lupinen, Koggen und Buchweizen." In Orteisburg ist die Fruchtfolge bei den Bauern: 1. Schwarze Brache, 2. Roggen, *v Erbsen, 4. Kartoffeln und Gerste und Hafer. Von Handelsgewäcl^en wird im Berichtsgebiet nur Hopfen gebaut, und zwar auch nur im Distrikt Ortelsborg. Das Verhältnis der Bodenbenutzung in den hier zu behandelnden Kreisen ergiebt sich aus nachstehender Tabelle : *) ^) Nach der Erntestatistik yon 1896 berechnet, Pr. Statistik Bd. 149v pag. Ift u. 18. — 53 — Von der Gresamtfläche wurden angebaut 1896 im Kreis Getreide u. Hillsen- frfichte Hack- früchte HandeUh gewäcluse Futter- pflanzen fti«M*^«MMi» wmm Wieteii Pr.-Holland Mohrnngen Osterode Orteisburg . • • • • % 35,7 26,4 28,6 28,8 % 4,6 5.7 7,5 6,9 % 0,7 0,5 0,1 0,1 % 9,9 8,1 6,t 8,5 % 10,2 11,Ä t,8 18,9 3. Absafzgelegenheit. Grössere Städte sind im Berichtsgebiet nicht vorhanden; die grösste von ihnen, Osterode, hat 11279 Einwohner (1895), während die übrigen 11 zusammen nur deren 30308 haba. Doch iflt die Absatzgelegenheit keine ungünstige , da eine ausreidiende Anzahl von Chausseen die Städte unter sich imd mit denen der angrenzenden Kreise verbindet, und da dits Eisenbahnnetz etwas dichter als in dem übrigen Teil der Provinz ist. Neu angelegt worden sind im Kreise Pr.-Holland folgende Strecken: Pr.-HoUand-Reichenbach-Dosnitten, Pr- Holland-Quittainen-Thierbach, Mühlhausen-Deutschendorf, von einer Gesamtlänge von 50,3 km.^) Im Kreise Orteisburg ist die Strecke Ortelsburg-Neidenburg am 1. Juli 1900 dem Ver- kehr übergeben worden. ^ An Wasserwegen ißt das Berichts- gebiet arm. Die Flüsse sind sämtlich nicht schiffbar; dössbar ist nur der Drewenz-Fluss von der Hirschberger Mühle ab (7 km. oberhalb Osterode).^) 4. Volksdichtigkeit und Bevölkerungsbewegung. Die Volksdichtigkeit ist in Anlage 1 tabellarisch dai^esteUt Jahresbericht der Landwirtschaftskammer f. d. Proy. Ostpreussen, Jahrgang 1898, pag. 26. *) Dasselbe Jahrgang 1899 pag. 18. ') Vogler, Handbuch des Orondbeiitzes 1 4. Prot. OBtpmasM. Berlin 1895. pag. 152. — 54 — Am dichtesten bevölkert ist der Kreis Pr.-HoUand, was aber nicht anf das Vorhandensein grosser indnstriereicher Städte zurückzuführen ist, denn in Bezug auf die relative städtische Bevölkerung steht dieser Kreis erst an zweiter Stelle, indem auf einen Stadtbewohner 11,7 ha von der Ge- samtfläche entfallen. Dies ist vielmehr dadurch zu erklären, dass er dem Konsumptionscentrum Königsberg näher gelegen ist, und dass er den fruchtbarsten Boden aufzuweisen hat Der negative Einfluss, den unfruchtbarer Boden, die Ent- völkerungstendenz der Gutsbezirke, sowie weniger günstige Kommunikationsmittel auf die Volksdichtigkeit ausüben, zeigt sich deutlich im Kreise Orteisburg. Die Landgemeinden sind am dichtesten bevölkert in dem Kreise Mehrungen, der in Bezug auf Kommunikationsmittel am günstigsten gestellt ist. Die überaus dünne Bevölkerung der Gutsbezirke erklärt sich aus dem grossen Anteil, welchen die Waldungen an dem Gesamtflächeninhalt derselben haben. Dieser beträgt z. B. im Kreise Orteisburg 57,5 7o. Die Bevölkerungszu- und -abnähme giebt gleich- falls die Tabelle Anlage 1 wieder. Eine Bevölkerungszunahme haben nur die beiden Kreise Orteisburg und Osterode erfahren; deren Einwohnerzahl hat sich von 1871—1895 um 16,5, bezw. 15,2 Vo, von 1885 — 1895 um 6,5, bezw. 7,9 % vermehrt. Dagegen ist die Bevölkerungs- ziffer der Kreise Pr. -Holland und Mehrungen in der ersten Periode um 6,0%, bezw. 2,4 7o, in der zweiten um 5,2 bezw. 1,5 7o zurückgegangen. Während sonst bei den Städten die Tendenz der Ver- grösserung wahrzunehmen ist, zeigt sich in den beiden letzt- genannten Kreisen, sowohl im ersten als auch im zweiten Zeitabschnitt eine Bevölkerungsabnahme. In den Land^ gemeinden dieser Kreise ist die Abnahme relativ noch stärker. Demgegenüber ist in den Kreisen Osterode und Orteisburg eine Bevölkerungszunahme sowohl in den Städten, als auch in den Landgemeinden zu konstatieren. In den Gutsbezirken — 55 — ist nur im Kreise Ortelsburg, und zwar aach nur in dem Zeitraum von 1871 — 1895, ein Anwachsen zu verzeichnen. Die direkte Abnahme, sowie die verhältnismässig nur geringe Vermehrung der Bevölkerung, hat ihren Grund in der in grossem Umfange stattfindenden Auswanderung, die sowohl als überseeische als auch als Binnen- oder Ab- wanderung zu Tage tritt. Während nun die ersten in den letzten Jahren nur im Kreise Orteisburg „sehr stark** gewesen, und im Distrikt Mehrungen (3) im Zunehmen begriffen ist, hat sie in den übrigen Distrikten abgenommen und findet nur noch sehr vereinzelt statt — „solche, die bereits in Amerika sind, ziehen zuweilen noch ein Familienglied nach sich" (Osterode), ja in Pr.-Holland kommt sie „gar nicht" vor. Die Abwanderung nach den Städten und Fabrikgegenden aber findet überall viel häufiger statt. „Sehr stark" ist sie in Orteisburg. In Mohrungen (1) kommt sie „in erschreckend grossem Umfange vor"; es sind hier „in 5 Jahren von 1600 Einwohnern 100", also 6,25% abgewandert. Ebenso hat sich die Parochie des Berichterstatters aus Mohrungen (2), welche 1880 noch 3938 Einwohner zählte, innerhalb zehn Jahren, bis 1890 um 452 Köpfe verringert. Von einem Nachlassen der Abwanderung wird nur aus Osterode berichtet, von einem Zunehmen aus Mohrungen (1) und (2), und aus letzterem auch zahlenmässig belegt. Die bereits erwähnte Parochie zählte: Im Jahie 1864: 3995 Einwohner „ „ 1868: 3085 „ „ „ 1880: 3938 „ „ „ 1885: 3714 „ „ 1890: 3486 „ Ihre Einwohnerzahl hat sich also vermindert in dem Zeitabschnitt: von 1864—68 am 10 Köpfe 1868—80 „ 47 „ 1880—85 „ 224 „ 1885—90 „ 228 „ — 66 — Hierbei ist noch in Betracht zu zdehen, dass in die Periode rm 1864—1880 tUe Eriegsjalire &Uen. Sowohl einsäe Personen, als auch ganze Familien ziehen fort, erstere in der Mehrzahl. Ob die Fortziehenden relativ gnt oder sdtiecht Sitoierte sind, kann nach Meinmig des Berichterstatters ans Mohnmgen (l) „nicht so strikte geschieden werden, die meisten'' seien ^ jedenfalls nidit schlecht sitiuM.'' In Ortelsbnrg sind es „gut nnd schleditlätiiierte''; in Pr.-HoUand nnd Osterode sollen es die letzteren sein. Über- einstimmend wird aber berichtet, dass gerade die wirtschaftlich Tüiditigen nnd die arbeitsamen Lente, Instleute nnd Frei- arbeiter aaswandem, weil sie in Westäden mehr y^dienen nnd weil ihre Frauen (die der InsÜente) nicht gezwungen sind, auswärts zu arbeiten, so dass sie sich um Haus und Kinder kftmmem können. Eine zeitweilige Abwanderung kommt in Mohrungen (3) gar nicht vor, in den übrigen Distrikten nur wenig. Frei- arbeit^ beiderlei Geschlechts, im Alter von 20 — 40 Jahre, und zwar oft recht „Tüchtige", ziehen dann meist zu den 'Rübenarbeiten in die Niederung. Als Folge der Sachsen- güngerei zeigt sich bei den Einzelnen nach der Meinung des Referenten aus Pr.- Holland gesteigerte Begehrlichkeit. Aus Mohrungen (1) wird hierzu geschrieben, dass die Rück- kehrenden von jedem Arbeitgeber gern wieder angenommen werden, und dass durch ihre Renomage und Übertreibung Unzufriedenheit erweckt wird. IL Abschnitt 1. Besifzverfeilung. Die Gutsbezirke machen in dem hier zu behandelndem Gebiet 40,96 7© aller Gemeindeeinheiten aus und nehmen 47 7o der Gesamtfläche ein. — 57 — In den einzelnen vier Kreisen ergiebt sich folgendes Verhältnis : Die Gutsbezirke im Eieis betTagen % der Gemeinde- einheiten betragen % der Gesamt- fläche Durchschnitt- liche Grösse eines Guts- bezirkes in ha Durchschnitt- liche Grösse einer Landge- meinde in ha Pr.-HoUand Mohrungen Osterode . Ortelsbui^ 50,88 62,09 38,90 22,97 43,10 59,22 54,95 31,05 461,4 668,7 861,7 1104,4 485,4 411,5 419,4 689,1 Danach sind die Gntsbezirke in Mohrungen sowohl der Zahl als auch der Fläche nach relativ am stärksten vertreten. Mit Ausnahme des Kreises Pr.- Holland übertrifft die durch- schnittliche Grösse eines Gutsbezirkes diejenige der Land- gemeinden ca. um das V«- his 2-fache. Das Verhältnis, in welchem die verschiedenen grossen Be- sitzungen in Bezug auf Zahl und von ihnen eingenommene Fläche zu einander stehen, veranschaulichen folgende beiden Tabellen. ^) L Von der Anzahl der vorhandenen Betriebe entfallen auf solche von unter 2—5 5-20 20—100 über zu- im Kreis 2 ha ha ha ha 100 ha sammen % % % % % % Pr.-Holland . . . 63,14 9,04 15,14 11,09 1,59 100 Mohrungen . . . 64,65 10,76 14,60 8,17 1,82 100 Osterode .... 65,21 10,90 14,58 7,95 1,36 . 100 OrtelBburg . . . 48,84 15,68 24,81 15,88 0,84 100 n. Von der landwirtschaftlichen Fläche nehmen ein die Betriebe von (vergl. Tabelle S. 68): ^) Von den beiden Tabellen ist die erste nach den von der Beichs- statistik gemachten Angaben, Statistik des deutschen Reiches, Neue Folge Bd. 112 pag. 851 u. 352, zusammengestellt u. berechnet, die andere dieser QueUe entnommen worden, a. a. 0. pag. 489. — 58 — im Kreis unter 2 ha 2 5 ha 5 20 ha 20 bis 100 ha über 100 ha zu- sammen Pr.-Holland .... Mohrungen .... Osterode Ortelsburg .... 2,21 2,42 2,95 2,90 2,49 2,83 3,21 4,27 18,21 13,08 18,56 22,35 36,26 25,96 27,02 48,07 45,88 55,71 53,26 23,11 100 100 100 100 Demnach ist der Zahl nach der Kleinbetrieb, der Fläche nach der Grossbetrieb bei weitem vorherrschend. Die im Berichtsgebiet gelegenen 571 Güter verteilen sich f olgendermassen : Tm Distrikt Im Grossen bewirt- schaftete Güter Mittlere Bau- erngüter, welche regel- mässig fremd. Arbeitskräfte bedürfen Kleine, regel- mässig von d. PamiHe allein bewirt- schaftete Güter Spalte 2 4 1 2 3 4 5 Pr.-HoUand . . . Mohrungen (1) . . (2) . . (3) . . Osterode .... Ortelsburg .... 4 5 6 2 3 3 22 19 50 1 60 11 70 24 70 27 140 55 96 48 126 80 203 69 Im Berichtsgebiet . 23 162 386 571 Auch diese Zusammenstellung zeigt das Vorherrschen der Kleinbetriebe mit 67,6 ^o gegenüber den mittleren 28,4 ^/^ und den Grossbetrieben mit 4,0 7o- Als oberste Grenze des Grundbesitzes, bis zu dem noch zeitweilig Lohnarbeit gesucht wird, werden in Mohrungen (1> 0,375 ha, Mohrungen (3) 2 ha, Ortelsburg 4 ha, Pr.-Holland 5 ha, Mohrungen (2) 6 ha und Osterode 7,5 ha angegeben. 2. Bodenbewegung. Beim Erb gang geht überall das Grundstück geschlossen auf eines der Kinder über, meist auf den ältesten Sohn,, welcher die Geschwister mit einem entsprechenden Kapital — 59 — abzuflnden hat Wird das Gut schon bei Lebzeiten der Eltern abgetreten, so erhalten diese ein „Ausgedinge/ Eine Teilung von Gütern auf Spekulation findet nirgend» statt. Besitz Wechsel kommt nur in Mohrungen (2) oft vor, und zwar infolge von Konkurs; in allen übrigen Distrikten ist er selten. Seit Ende der 90er Jahre sollen jedoch nach Angabe der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreussen^) Gutsverkäufe häufiger vorkommen. 3. Gelegenheit zur Pachtung und zum Kauf von Parzellen. Die Gelegenheit zur Pachtung kleinerer Par- zellen erstreckt sich meist nur auf die Dienstländereien, namentlich den Pfarracker (Tabelle Anlage 2), da diesen jedoch häufig mittlere Bauern oder auch die Gutsherrschaft (Mohrungen 3) innehaben, so wird dadurch dem Arbeiter auch diese Gelegenheit beschränkt. Gelegenheit zur Pachtung anderen Landes findet sich in den Distrikten Pr.-Holland, Mohrungen (1 u. 3) überhaupt nicht, in Osterode „nur in zwei Dörfern, welche an grosse, in anderen Kirchspielen gelegene Güter grenzen, weil diese abgeholzte Wälder urbar machen lassen." Reichliche Pacht- gelegenheit soll dagegen in Mohrungen (2) und Orteisburg vorhanden sein. Wie gross die Nachfrage nach Pachtland ist, geht aus den hohen Pachtpreisen hervor, welche die durchschnittlichen Grundsteuerreinerträge der betreffenden Orte bedeutend über- ragen, und welche in den letzten Jahren, mit Ausnahme von Mohrungen (1), wo sie um 5 ^/^ gesunken, überall gestiegen sind, in Osterode um 50%, in Orteisburg sogar um 400%. Die Pachtzeit dauert bei kleineren Besitzungen in Mohrungen 1 — 5, in Osterode 6 Jahre, bei grösseren 18, bezw. 12 Jahre. *) Jahresberichte der LandwirtschaftBkammer f. d. Prov. Ost- preuBsen. Jahrgang 1899 pag. 4. — eo — Gelegenheit za Parzellenkanf ist in QrtelsbiiTg Jederzeit,^ in Ostraiode „nur selten^ nnd in den aiidereii Distrikten fiberlianpt nidit voilianden. Land zn pachten oder zn kaufen wird von den Arbeitera ftberall erstrebt, nadi Angabe des Berichtes ans Pr.-HoDand aoch bei fortdanemder Tagelohnarbeit Ein Aufsteigen in den Stand der selbständigen Klein- baaem kommt bei Instlenten nnd Eigenkätnem vor, aber nur sehr selten. III. Abschnitt Arbeitsverfassung. 1. Die verschiedenen Arbeiterkategorien. Das ledige Gesinde bildet in den bäuerlichen Wirt- schaften — mit Ausnahme des Distrikts Mehrungen (3), wo sie von bäuerlichen Wirtschaften nur teilweise beschäftigt werden — überall den Kern der Arbeiterschaft;. Jedoch werden sie infolge des grossen Abzuges nach Westfalen immer seltener, besonders mangelt es an Grossknechten, sodass sich die Bauern meist mit halbwüchsigen Burschen (von 15 — 18 Jahren) be- helf en müssen. Dass auch die Mägde rar sind, geht aus dem Bericht aus Mohrungen (2) hervor; hier heisst es: „Die bäuer- lichen Wirtschaften haben, soweit sie dieselben bekommen können, unverheiratete Dienstmädchen, die zeitweise auch in der Ernte mithelfen". Auf den grossen Gütern wird nur noch wenig lediges Gesinde gehalten, an Stelle der ledigen Knechte sind verheiratete getreten. Die Deputanten, wie Kämmerer, Hof-Schmiede, Kutscher u. s. w. finden sich nur auf den grossen Gütern, während die auf Deputat gesetzten gewöhnlichen Landarbeiter auch zu- weilen in den bäuerlichen Wirtschaften Verwendung finden. Die Instleute bilden überall den Hauptbestandteil der Gutsarbeiterschaft. Jedoch geht auch ihre Zahl infolge des grossen Mangels an Scharwerkern beständig zurück. So können in Mohrungen (2) „nur solche Arbeiter Instleute werden, die — 61 — erwachsene Kinder haben, da die Dienstboten als Scharwerker — jede Familie muss, wenn es gebraucht wird, drei Personen stellen — gar nicht mehr zu bekommen sind. Aach grössere Bauernwirtschaften bedienen sich selbstverständlich der Instleute, wenn auch in geringerem Masse. In Osterode verwenden die bäuerlichen Wirtschaften auch verheiratete Leute, die in Bauemkaten wohnen, im Sommer freie Weide für eine Kuh erhalten und dafür gegen bestimmten Lohnsatz arbeiten müssen. Freie Arbeiter, Eigenkätner und Einlieger, letztere hier „Hochmieter'' genannt, kommen in sämtlichen Kreisen vor, finden aber in Mehrungen (l) und Osterode nur in Dörfern Arbeit Ihre Zahl ist im Anwachsen begriffen, und zwar auf Kosten der Instleute und Knechte. Neben diesen Arbeitskräften existieren in zwei Ortschaften des Distriktes Osterode noch sogenannte „Arröder,^ welche Land in Pacht nehmen und dafür zeitweise Arbeit leisten. Ein solcher Arröder findet sich auch auf einem Gute in Pr.-Holland. Zu diesen einheimischen Kategorien treten noch während der Zeit der Feldbestellung und der Elmte die Wander- arbeiter, welche namentlich vom Grossgnmdbesitz heran* gezogen werden. So kommen in den Distrikt Fr.^Holland c& 30 Emtearbeiter beiderlei Gesehleehts, mittleren Alters aus der Stadt Mühlhausen. In einem Gutsbezirk des Distriktes Mohrvngen (3) bestehen die sommerlichen Hilfskräfte in ca- 20 Arbeitern männlichen Geschlechts. In Osterode sueben die grösser^i Güter teils aus den umüegeikden Ortschaften, namentlich aber aus Masuren, sowie aus dem benachbarten Ermland, seltener ans Polen, Arbeiter und Arbeiterinnen fast jeden Alters herbd, ungefähr 80 — 100 an ZahL Vereinzelt werden auch in Mehrungen (2) polnische oder russische Arbeiter^ meist ganze Familien für die Sommermonate gemietet Nach Mehrungen (1) kommen Männer und Mädchen bis zu einem Alter von 24 Jahren aus Deutsch- und Russisch-Polen. Die meisten Polen aber werden in Orteisburg beschäftigt, wo in — 62 — der Parochie des Berichterstatters „mehrere Hunderte" sein sollen". Ein Übergang der einen Kategorie in die andere tommt, abgesehen von dem des ledigen Gesindes bei der Ver- heiratung, selten vor. In Mehrungen (1) werden Instleute bisweilen Deputgnten, weil sie keinen Scharwerker bekommen, und in Pr.-Holland treten manche Instleute zu den Hochmietem über, weil sie das bare Geld anlockt. Häufigen Wechsel des Arbeitgebers liebt namentlich das ledige Gesinde, wie aus Mehrungen (2) geschrieben wird ; „diese bleiben selten länger als ein Jahr bei einer Herrschaft; •Grund ist Hang nach üngebundenheit ; „sie wollen sich ver- ändern", wie sie sagen. In Pr.-Holland „findet häufiger "Wechsel vom Bauernhof zum Gut statt, und auch umgekehrt, Versuch, um zu sehen, wo es besser isf. In Mohrung-en bilden Behandlung und Bespeisung die Gründe zum — allerdings seltenen — Wechsel. 2. Zahl der Arbeitskräfte auf der Fläche. Über die auf einer Fläche von bestimmter Grösse ver- wendeten Arbeitskräfte sind nur in den Beriditen aus Osterode und Mehrungen (1) Angaben gemacht worden. In jenem Distrikt „rechnet man gewöhnlich auf eine Besitzung von 100 ha Grösse 2 — 3 Instmannsfamilien, sowie 3 Knechte und 2 Mägde**, in diesem „pro Hufe 1 Familie"; infolge des Arbeitermangels sollen aber nur wenige Güter thatsächlich diese volle Zahl haben. Spezialisierte Angaben liegen aus dem Distrikt Mehrungen {!) vor; auf Gütern verschiedener Grösse werden dort an Arbeitskräften gewöhnlich gehalten auf dem Gute: A. mit 229,3 ha. B. mit 286,5 ha. C. mit 295,3 ha. 3 Instlente 8 Instleute 6 Instleute 1 Knecht — — 3 Mägde 3 Mägde 1 Schmied 1 Schmied 1 Kutscher 1 Wirtin 1 Arbeiterin 1 Schäfer 1 Schäfer 10 Leute 13 Leute 8 Leute — 63 — D mit 526,5 ha ■ 9 Instleute 1 Bendant 4 Knechte 1 Kämmerer 2 Dienstmädchen 1 Hofmann 1 Schmied 1 Diener 2 Entscher 1 Jungfer 8 Hirten 1 Mamsell 1 Arbeiter 6 Leute, 22 Leute auf D zusammen also 28 Leute. Die Zald der verwendeten Arbeitskräfte ist nicht allein von der Grösse des Besitzes abhängig, sondern auch von dem intensiven oder extensiven Wirtschaftsbetriebe, sowie von der Bodenbeschaffenheit Betreffs des Zahlen -Verhältnisses, in welchem diese Arbeitskräfte untereinander stehen, wird ans Mohrangen (3) geschrieben, dass sich die Zahl der Instlente zu derjenigen der Knechte wie 4 : 1 verhält. In Mehrungen (2) besteht die Arbeiterscliaft auf den grossen Gütern aus: 5/12 Instleuten, 2/l2Deputanten, 2/12 verheirateten Knechten, 2/12 Tagelöhnern (Freiarbeiter) und 1/12 unverheirateten Knechten; in den bäuerlichen Wirtschaften sind sämtliche Kategorien gleich stark vertreten. Von der Gesamtzahl der regelmässig beschäftigten Arbeiter machen aus: in Pr.-HoUand in Mohrungen (1) die die bäuer- lichen Wirtschaften die grossen Güter die bäuer- lichen Wirtschaften die grossen Güter % % % % Deputanten . . — — 8,33 28,73 Instlente . . . 6,03 41,49 44,79 44,07 Yerh. Knechte . 1,20 — 8,48 Led. Gesinde 59,04 27,66 46,88 20,34 Eigenkätner . . 32,53 15,96 — Hochmieter . . 1,20 13,83 — 1,69 Hoclunieterin — — . 1,69 Arröder . . . — 1,06 — — ^ 64 — 3. Arbeitszeit In Anlage 3 ist die Arbeitszeit tabellarisch dargestellt Die Arbeit dauert von Sonnenanf- bis Sonnenuntergang^ d. L im Sommer von 5 Uhr morgens bis gegen 8 Uhr abends. Die während dieser Zeit gewährten Pansen erstrecken sich auf iVs — 3 Stunden, sodass die Dauer der Arbeitszeit ge- wöhnlich 12 — 13 Vi Stunden beträgt. Über diese Zeit hinaus steigt die Arbeitszeit nur ausnahmsweise bei dringenden Emte- arbeiten; es wird dann nach Angabe des Berichtes ans Mohrungen (1) 1 Stunde länger, nach der aus Pr.-Holland bei beschränkten Pausen bis in die Nacht hinein gearbeitet Diese Überstunden werden von den Arbeitern willig geleistet, da sie verhältnismässig gut bezahlt werden. Im TVinter dauert die Arbeit vom Hellwerden bis znm Dunkelwerden, etwa von 7 — 8 Uhr morgens bis 4, auch 5 Uhr nachmittags, bei einer einständigen Mittagspause. In Ortelsburg wird beim Dreschen schon um 3 Uhr morgens angefangen. Die Frauen gehen meist nur im Sommer auf regelmässige Lohnarbeit ; ihre Arbeitszeit ist fiberall kärzer, in Mohrungen (1 und 3) um 1, in den übrigen Distrikten um etwa 2 bis 3 Stunden. Von Klagen über zu ausgedehnte Arbeitszelt wird nichts berichtet In Mohrungen (3) oöüßn die Arbeiter jedoch wünschen, dass die A^rbeit erst morgens um 6 Uhr beginne, und dass die Frauen nur ausnahmsweise beschäftigt würden, ÜberanstresguBg soll in Mohrungen (2) nur selten, in den übrigen Distrikten überhaupt nicht vorkommen. Am Sonntag wird für den Arbeitgeber regelm&aaig anr das y^ besorgt, Feldarbeit nur in dringenden Fällen wäkrefid der Ernte, und zwar auch nur nachmittags gegen doppelten Tagelohn, geleistet Für ihre eigene Wirtschaft dagegen müssen die Arbeiter, namentlich in der Saat- und Erntezeit, viel thun, weil ihnen an den Werktagen die Zeit dAxa fMü In der anderen Zeit des Jahres werden Scmntags nw diie — 66 — nötigen hänsUchra Arbeiten verrichtet. Der bereehtagte WvDscb der Arbeiter, w&hrrad der Woche Zeit zur Besoignng ihrer eigenen Wirtschaft zu finden, wird im Bericht Mohningeaa (3) harorgehob^L lY. Abschnitt Arbeifsgelegeaheii Während der Saat- und Erntezeit herrscht im ganzen Berichtsgebiet Mangel an Arbeitskräften, welchem mjan durch Heranziehung fremder Arbeitskräfte abzuhelfen sucht Als Folgen dieses zeitweiligen Arbeitermangels zeigen sich die Forderung hoher Löhne, sowie auch, wie aus Mohnmgen (1) berichtet wird, „Übermut und Benitenz bis zur Frechheit." Im Winter dagegen ist die Arbeitsgelegenheit fflr die Freiarbeiter meist sehr knapp, da nur gTöf«ere BauemgtLter diese beim Dreschen brauchen, während die kleineren Besitzer diese Arbeit mit ihren FamiUenglfedem allein zwinge, und die grossen Gfiter mit ihren konlauktlich gebundene Leuten auskommen. Sie sind dann nur auf Wald- und Ghausseearbeit angewiesen; ihre Angehörige spinnen und weben SegeUein- wand zum Verkauf. Verhältnismässäg am günstigsten sind sie noch in Pr. -Holland gestellt; hier soll „auch im Winter immer Arbeitsgdegenhtit, wenn auch nicht immer an Ort und Stelle, vorhanden seiu, und zwar Wald- und GiauBseearbeit mit ansrdchendem Verdienfit" In Osterode finden „viele in den staatliehen und privaten Wäldern ausreichenden Verdienst; die dort nicht mehr ankommen, spinnen zu Hause, andere wieder gehen nach Westfalen; dodi kdiren schon manche zurück; sie geben an, dass der Verdienst vor einigen Jahren ein grösserer gewesen sei, weil die Arbeitszeit nicht beschränkt gewesen sei, der Lebensunterhalt sei auch zu kostspielig. Auf die Frage, womit sich die Arbeiter bei mangelnder 5 — 66 — Arbeitsgelegenheit beschäftigen, antwortet der Berichterstatter aus Mehrungen (1): „Sie vertrinken, was sie im Sommer verdient haben und machen Schulden auf die nächste Arbeits- zeit, oder sie gehen fort, um anderswo Arbeit zu suchen." Am grössten ist der Arbeitsmangel in Mehrungen (3 u. 2); in ersterem Distrikt ist „im Winter nur teilweise Arbeits- gelegenheit und zwar in der Forstwirtschaft, allerdings nicht mit ausreichendem Verdienst, weil die Wege zur Arbeitsstelle weit sind und Auslagen am Handwerkszeug in Abzug kommen.^ Im letztgenannten Distrikt sind einige Freiarbeiter im Winter mehrere Wochen, auch Monate ohne Verdienst; sie beschäfti- gen sich dann in ihrer Wirtschaft, machen ihre Geräte zurecht, fertigen Sensenschärfer, Schaufeln, Holzpantoffeln usw. Dass die Möglichkeit zum Lohnerwerb während des Winters durch die Einführung der Maschinen, namentlich der Dreschmaschine, verringert worden ist, wird auch in einigen Berichten hervorgehoben. In einzelnen Distrikten ist die Dreschmaschine verhältnismässig noch wenig verbreitet; so besteht in Osterode das Dreschen mit der Hand neben dem Maschinendrusch überall fort, und in Pr.-HoUand soll das Flegeldreschen noch allgemein sein und nur in der Saa^ zeit das Dreschen mit der Maschine bevorzugt werden. Hieraus erklärt es sich, dass in den beiden hier erwähnten Distrikten nur geringer Mangel an winterlicher Arbeits- gelegenheit auftritt. Sodann verdrängt auch die Maschine die Mannesarbeit zu Gunsten der Frauen- und Kinderarbeit, „da weniger kräftige Frauen zur Arbeit an der Maschine herangezogen werden können," bezw. die Bauern mit Kindern bis zu drei- zehn Jahren herab dreschen," wodurch die an und für sich schon spärliche Arbeitsgelegenheit der Männer noch mehr beschränkt wird. Durch die Anwendung der Dreschmaschine hat sich die wirtschaftliche Lage der Instleute da, wo noch verhältnis- mässig extensiver Wirtschaftsbetrieb vorkommt — wenn auch — 67 — nicht bedeutend — verschlechtert, bei sehr intensivem Betriebe dagegen nicht. Je nachdem die Maschine den Arbeitern die Möglichkeit zum Winterverdienst nimmt, ihr Einkommen schmälert oder nicht, stehen sie ihr mürrisch oder gleichgültig gegenüber. So wird einesteils berichtet, dass sie „anfangs misstrauisch gegen die Maschinen , Tvaren, sich aber jetzt mit ihnen aus* gesöhnt haben, andemteils, dass sie „die Maschinen ungern eindringen sehen,'' dass sie „der Anwendung der Maschinen nicht sympatisch gegenüberstehen, weil sie weniger verdienen^ angestrengter arbeiten müssen und oft Gefahren ausgesetzt sind." Y. Abschnitt Die einzelnen Arbeiterkategorien in ihren Bezügen. L Das Gesinde. Bei freier Wohnung und Kost erhält das ledige Gesinde festen Jahreslohn, der teils nur in barem Greld, teils in Geld und Naturalien besteht. Diese Löhne im Einzelnen giebt die Tabelle Anlage 4 wieder; nur sei hier bemerkt, dass auch in «inigen Distrikten dieses Berichtsgebietes bedauerlicherweise 4er Naturallohn dem reinen Geldlohn Platz gemacht hat. Die dem Gesinde zur Verfügung gestellten Wohnungen erstrecken sich auf die Schlafräume, die den bescheidenen Ansprüchen meist genügen. Die Knechte schlafen meist im Pferdestall, die Mägde in der Küche, zwei in einer Schlaf- bank oder auch in der Stube der Bauern auf einer Streu. Als mangelhaft dürften die Schlafräume bezeichnet werden, wo sie im Winter in kalten Kammern, auf dem Schuppen oder auf dem. Hausboden schlafen müssen. Gut werden die- selben in dem Bericht aus Mehrungen (2) genannt, wo Mägde — 68 — in d^ GesindeBtabe, oder aaeh in der Etlcbe scMBteRy. und die Knechte im Stall eine besondere Schlafkammer haben, die wann %st. Die TerabreichteEost wird als gut, kräftig und reichlich bezeicJuiet Sie ist besser nnd kräftiger als diejenige,, welche die sich selbstbekOstigenden Arbeiter gemessen, was daher kommt, dass das Gesinde dasselbe Es^ldn — häufig noch an demselben Tisch — bekommt, das der Bauer isst Fleisch giebt es wöchentlich 2 — 3 mal, Brot nach Belieben, oder wenn es zugeteilt wird, 10 Pfund pro Woche. Die übrige Kost setzt sich zusammen aus Speck, viel Heringen^ Kartoffeln, Suppen, Mus, Erbsen, Graupen, Grätze (selten), öfter Beis. Über die Bezüge der verheirateten Knechte: sind keine Mitteilungen gemacht worden. 2. Instleute und Deputanten. Über die den Instleuten und Deputanten zur YierfOjßfung gestellten Wohnungen ist im Grossen und Ganzen dasselbe zu sagen, wie in dem gleidmamigen Abschnitt des ersten Teils dieser Arbeit. Die WohnuQgsverhältnisse bedürfen auch in diesem Berichtsgebiet d^ gründlidisten Verbesserung^. Der Berichterstatter aus Osterode schreibt: „In den Dörfern sind die VeihältBisse jämmerlich; auf den grossen Gütern habe ich die Wohnungen nicht untersucht, von aussen sehen sie im Grossen und Ganzen brauchbar aus^^ In gleicher Weise wird aus andern Distrikten berichtet, dass ine auf Gütern meist etwas besser sind als in den Dörfern. Nur aais Mohrongen (3) wird geschrieben, „dass m auf Gütern mit Ausnahme des Gutsbezirkes M. höchst mangelhaft und in den Dörfern ein gut Teil besser sei^i.'* Die Räumlichkeiten bestehen in Dörfern in der Regel mr in einer Stube, Bodenraum und Stallung, auf Gütern zum aflergrösBten Ueü «as Stube, Kammer, Bodenraum und Btallung,. — 69 — sebr selten einer Köche und einem Kell^, nur in Orteis- bnrg steht auch auf Gutem der Instmannsfamilie nur du Bamn znr Verfügung. Die Grösse der Stabe beträgt m Ortelsburg 16 — 20 qm, in Osterode 16 — 24 qm bei eia^ Höhe von 1,80—2,20 m, 20—26 qm in Pr.-HoUand und 16 — 30 qm in Mehrungen (2). Notgedrungen muas das Wohnzimmer auch als Scblaf- xaum benutzt werden. Wo eine Kammer vorhanden» schläfern in dieser die älteren Kinder oder Scharwerker, wo sie fehlt, schläft die ganze Familie in einem Raum. Der überalt herr- übende grosse Mangel an Betten, schlafen doch bis vier Kindar in einem Bett (Pr.-Holland, Ortelsburg) oder »,da sdu* selten ein zweites Bett vorhanden, wird für die Kinder am Abend «in Erbsenstrohlager zurecht gemacht, welches des Morgens wieder beseitigt wird", ist nicht alleiu auf die Armut der Arbeiter, sondern auch auf Mangel an Baum zurückzuführen. Dass derartige Verhältnisse grosse Missstände sowohl in gesundheitlicher als auch in sittlicher Beziehung mit sich bringen, wird von den Berichterstattern allgemein hervor- gehoben. Während nun der Berichterstatter aus Mohrungen (2) schreibt: ,Jch bin noch in den letzten Monaten in 30 Arbeiter- wohnungen gewesen» aber auch auf meine Fragen sind Beschwerden nur dann laut geworden, wenn die Wohnung feucht, stockig und kalt war, der Ofen rauchte und schlecht heizte. Sonst sind die Leute mit Grösse etc. der Wohnung zufrieden; der Ostpreusse ist nicht anspruchsvoll; die Eigen- kätner, die ihr Haus selbst bauen, ja viele Bauern wohnen auch nicht anders," sagen die andern Berichte, dass die Arbdter grossen Wert auf die Qualität der Wohnungen legen; sie wünschen, dass ihre Stäben gedielt werden, klagen über BaitfälUgkeit der Häuser und die schlechte Reparatur derselben von Seiten der Bauern ; sie fühlen sich beengt^ besonders bei Krankheiten; grössere Wohnungen sind ihr sehnlichster Wunsch. ^ie sehnen sich dring^d nach besserer Unterkunft und sprechen dies unverhohlen aus.^^ — 70 — In den Distrikten Osterode und Mohrungen (3) werden diese Wohnungen nicht, wie sonst üblich, frei gegeben, son- dern sie kosten in diesem 24—30 M., in dem östlichen Teile jenes 24 M., im südlichen nnd westlichen 30—36 M., welche Summe in der Regel abgearbeitet wird. Die Landanweisung erstreckt sich auf Vt — IV4 Morgen Ackerland zur Gewinnung von Kartoffeln und Lein, sowie meist auch auf etliche Ruten Gartenland — in Pr.-Holland deren 90 — zu Gemüsebau. In einzelnen Ortschaften des Distrikts Osterode „erhalten die Instleute gar kein Land; sie pachten sich dann gern ein Stück Wiese, um Heu für den Winterbedarf der Kuh zu haben." Neben der Landnutzung erhalten sie mit Ausnahme von Osterode Weide und Winterfutter für 1 Kuh und 1—3 Schafe. Als Dreschanteil, der meist noch besteht, wird der 9. — 11. Scheffel bei Plegeldrusch, der 13. — 15. beim Dreschen mit dem Pferdegöpel und der 17.— 20. Scheffel beim Dreschen mit der Dampfmaschine gegeben. Ausserdem empfangen sie an Deputatgetreide: auf den Gütern in Pr.-Holland monatlich 2 Scheffel Roggen, in Ortels- burg 18 Scheffel Roggen, in Mohrungen (2 u. 3) ca. 8 — 10 Scheffel Roggen, 1 — 2 Scheffel Erbsen und Hafer, auf einem Gute in Mohrungen (3), wo der Dreschanteil weggefallen ist, 27 Scheffel Roggen und je 2 Scheffel Erbsen, Gerste und Hafer. Holz und Torf erhalten sie mit Ausnahme von Osterode überall, allerdings nicht inmier in ausreichendem Masse. Schliesslich werden noch Wirtschaftsfuhren vom Arbeitgeber unentgeltlich geleistet. Der Barlohn ist meist Tagelohn, bisweilen Jahreslohn, dieser beträgt dann 100 M. (Pr.-Holland), jener für den Instmann 0,30 — 0,50 M. im Sommer und 0,30 M. im Winter, für den Scharwerker 0,20—0,70 M. Die für den Scharwerker in Empfang genommenen Naturalien und Tagelöhne verpflichten den Instmann, demselben Lohn, Kost und Unterkunft zu geben. In Bezug auf die ge- — 71 — währten Löhne verweise ich auf die Tabelle Anlage 6. An Kost erhält der Scharwerker dasselbe, was sein Instmann isst; er schläft entweder in der Kammer, oder wo diese nicht vor- banden, in demselben Zimmer wie die Instmannsfamilie, „gewöhnlich auf der Ofenbank oder mit den Kindern zusammen^* (Ortelsburg). Da die den Instleuten in den einzelnen Distrikten ge- währten Bezüge in Tabelle Anlage 5 spezialisiert worden sind, lasse ich hier nur nachstehende Einkommensangaben folgen: I. Im Distrikt Mehrungen (2) erhalten die Deputanten: 1. Wohnung nebst Gktrten 2. 20— ao Furchen Kartoffelacker 8. 12—15 Ctr. Roggen, 3 Ctr. Erbsen, 2 Ctr. Gerste 4. Futter und Weide für 1—2 Kühe 5. Die nötige Heizung und Anfuhr derselben 6. baren Lohn 100—150 M. Ausserdem erhält die Frau und der etwaige Scharwerker 40 — 80 Pfg., wenn die-bezw. derselbe in Arbeit kommt. Die Gesamteinnahme solcher Familie beträgt 400 — 700 M. In dem Distrikt Mehrungen (3) bestehen die Bezflge eines Instmannes auf dem einen Gute in: n. IV4 Morgen Ackerland 1 Kuh frei 8 Schafe frei 8 Scheffel Roggen für den eingezogenen Morgen zur Wintersaat 2 Scheffel Haier und 1 Scheffel Erbsen für den eingezogenen Morgen zur Sommersaat. Ausserdem Drescherverdienst. Derselbe beläuft sich im Durchschnitt auf 8 — 12 Scheffel Eoggen, 8 — 12 Scheffel Hafer, 3—6 Scheffel Erbsen, den fünften Teil vom Hinter- getreide. 7Vt Scheffel Roggen erhält jeder Instmann, zu dem ein- für allemal festgesetzten Preise von 3 M. pro Scheffel. Als Drescherverdienst wird beim Flegel der 10., bei der Maschine der 16. Scheffel gegeben. Als Tagelohn erhält der Mann 0,30 M, und der Schar- werker 0,20 M. Bei diesem Deputat muss ein Scharwerker gehalten werden." — 72 — „DaTOn kommt in Abzug 24 M. als Wohnungsmiete und etwa 2 M. Abgaben.** m. Auf dem anderen Gute: 27 NeoBcheffel Boggen 2 „ Erbsen 2 „ Gerste 2 „ Hafer. 1 Morgen Kartoffelacker 1 Kuh frei Ürdmsch fällt weg. An Tagelohn erbUt der Mann im Sommer 0,40 M., im Winter 0,30 M., der Scharwerker im Sommer 0,30 M., im Winter 0,25 M. In Abzug kommt 30 M. für Wohnungsmiete und die Abgaben." Die bezogenen Naturalien reichen nicht nur aus, um den weitaus grössten Teil der eigenen Lebensbedürfnisse einer Instmanns- bezw. Deputanten- Familie zu decken, sondern bieten ihnen auch genügendes Futter für 1 — 2 Schweine und einiges Federvieh, sodass sie meist nur frisches Fleisch, Schmalz und Kolonialwaren zu kaufen brauchen, während die wirtschaftliche Hausfrau durch den Verkauf des Kalbes, von 1 — 2 Schweinen, Ferkeln, Eiern, Geflügel und Butter bis- weilen nicht unbeträchtliche Bareinnahmen erzielt. Vergleicht man die Anfang der 90er Jahre gezahlten Löhne mit denen vor 50 Jahren, so ergiebt sich, dass die Landanweisung infolge des gestiegenen Bodenwertes eine geringere geworden ist. An Stelle der eingezogenen Morgen sind feste Deputate getreten. Obwohl Lengerke die aus dem Dreschanteil sich ergebenden Erträge nicht fixiert hat, kann man doch mit Bestimmtheit annehmen, dass dieselben, namentlich da, wo noch viel mit dem Flegel gedroschen wird, infolge der gestiegenen Eoherträge nicht unbedeutend ge- wachsen sind. Vereinzelt ist der Dreschanteil durch feste Deputate ersetzt worden. In Bezug auf die Viehhaltung sind Veränderungen in- sofern vor sich gegangen, als jetzt Weide und Winterfutter für 1 Kuh — nur in Mehrungen (2) für 1 — 2 ~ und 1 bis — 73 — 3 Schafe gewährt wird, während früher Weide für 1—2 Efihe und 2 — dSchweme, sowie ein Fuder Heu zu 12 — 15 Cantner als Winterfntter gegeben wurde. 3. Freiarbeiter. Die Bezüge der Freiarbeiter. — Einlieger ond Eigenkätner — setzen sich zusammen aus den Tagelöhnen und den Erträgen der eigenen Wirtschaft, welche die meisten von ihnen besitzen. Die Tagelöhne und sonstigen Bezüge sind in Tabelle Anlage 7 zusammengestellt. Bei ständiger Beschäftigung erhalten die Männer pro Tag im Sommer 1—2 M., im Winter 0,80—1,20 M. ohne Beköstigung, und 0,75—1,80 M., bezw. 0,50—0,90 M. nebst Kost Ganze Beköstigung ist meist nur bei Bauern üblich, dagegen wird „ein zweites Frühstück- und Vesperbrot im Sommer fast überall gegeben.** (Mohrungen [2].) Die schärfste Kegelung haben diese Löhne im Distrikt Mohrungen (1) er- fahren; hier bekommen die Männer bei voller Beköstigung: Im März, April 0,80 M. „ Mai Juni 0,90 M. „ Juli August 1,20—1,80 M. „ September, Oktober, November 1,20 — 0,90 M. „ Dezember, Januar und Februar 0,60 M. Als Durchschnittslohn im ßerichtsgebiet ergiebt sich 1,30 M. Der durchschnittliche Jahresverdienst ist nach dem Bericht aus Mohrungen (3) „kaum über 300 M. zu ver- anschlagen." Der Lohn der Frauen, die meist nur wtQirend des Sommers längere Zeit hindurch auf Arbeit gehen, schwankt bei längerer Beschäftigung ohne Gewährung von Eost im Sommer zwischen 0,70 M. und 1,20 M., im Winter zwischen 0,40 M. und 1 M. Werden sie beköstigt, so beträgt der Lohn im Sraimer 0,60—0,60 M., im Winter 0,30 M. Bei zeitweiliger Beschäftigung ist der Lohn in den Sommermonaten 0,80 bis 1,50 M. ohne Kost und 0,60 bis 1,20 M. mit Kost. — 74 — Als Lohnsätze für zeitweilig beschäftigte Männer werden nur angegeben 2,20 M. im Sommer, 1,20 — 1,50 M. im Winter, wenn sie sich selbst beköstigen (Mohrongen 2), 1,80 M. nebst voller Beköstigung, in der Ernte (Mehrungen 3). „Zusammenhängende Angaben über das Jahreseinkommen waren," nach dem Bericht aus Osterode, „nicht zu erhalten, da die Leute nur von Tag zu Tag oder von Woche zu Woche rechnen." Über die aus der eigenen Wirtschaft sich er- gebenden Bezüge ist den Berichten nur zu entnehmen, dass die Einlieger auf ihrem zur Wohnung gehörenden Pachtland den nötigen Kartoffelbedarf ernten, während die Eigenkätner, deren Besitz sich von 0,375 — 7,5 ha erstreckt, ausserdem auch Roggen, Hafer — etwa 8 Scheffel pro Hektar — und Flachs bauen. An Vieh haben die Einlieger wohl alle ein Schwein, einige auch eine Ziege, die Eigenkätner 1 — 2 Schweine^ manche auch 1 Kuh und 1 — 2 Schafe. Hühner finden sich wohl fast in jeder Wirtschaft. Akkordarbeit wird nur wenig verrichtet, obgleich „sie den Arbeitern lieber ist, weil sie dann mehr verdienen und arbeiten können, wenn sie wollen (Pr.-Holland, Mehrungen l)". In Orteisburg, wo „der Arbeiter langsam arbeitet, übernimmt er nicht Akkordarbeit." Als Verdienst bei Ernteakkord wird in Pr.-Holland 3,50 M., in Mehrungen (1) 3—4 M. angegeben ; in Mehrungen (2), wo bei Erd- und Torfarbeiten Akkord vor- kommt, werden dabei 2 — 3 M. täglich verdient Diese Barlöhne haben seit 50 Jahren eine be- deutende Steigerung erfahren, sie haben sich zum Teil mehr als verdoppelt. Der Tagelohn betrug für den Mann in der Ernte (etwa 8—12 Wochen) 0,70—0,80 M., auch freie Kost und 0,40 — 0,50 M., in der Heu- und Grummet-Ernte 0,60 bis 0,70 M., vom 1. April bis 1. November exd. der Grummet- Ernte 0,50—0,60 M., in der übrigen Zeit 0,40—0,50 M., für die Frauen im Sommer 0,50—0,60 M., im Winter 0,40— 0,50 M.') ^) Nach Y. Lengerke, Die ländliche Arbeiterfrage. Berlin 1849j pag. 90. — 75 — 4. Wanderarbeiter. Über die Bezüge der Wanderarbeiter sind nur spär- liche Angaben gemacht worden, welche sich nnr auf die ihnen zur Verfügung gestellten Wohnungen beziehen, und diese als schlecht und ungesund bezeichnen. Betten erhalten sie nicht; sie werden zum Teil in Wohnungen, meist aber auf Heu- böden, Scheunen oder in Stallungen untergebracht, und „da dies ohne Trennung der Geschlechter geschieht, so sind die sittlichen Missst&nde sehr gross." Die Löhne, die sie beziehen, sind jedenfalls dieselben, wie die der Freiarbeiter. Ob und in welchem Umfang ihnen Kost verabreicht wird, kann den Berichten nicht entnommen werden. Von allen Kategorien sind nach Meinung der Referenten „die Instleute und Deputanten materiell am besten gestellt, weil sie ein festes und sicheres Einkommen haben, am schlechtesten die Losleute, weil sie alles, was sie verdienen, in bar erhalten, aber nicht immer Lohnverdienst haben, oft weit von Hause entfernt arbeiten, so dass sie nur aller 14 Tage zu ihrer Familie kommen und viel Gelegenheit zum Geldausgeben haben." Nach Meinung der Arbeiter des Distrikts Pr.-Holland ist „der freie Akkordarbeiter am besten gestellt." n. Regierungsbezirk Gumliiiuien. A. Litauen. Ueber Litauen, worunter hier die Kreise Stallupönen, Gumbinnen und Insterburg zu verstehen sind, liegen nur fünf Berichte vor, einer aus dem erstgenannten Kreise und Je zwei aus den beiden anderen; sie beziehen sich auf 104 Gemeindeeinheiten, nämlich 88 Landgemeinden und 16 Gutsbezirke. Bäumlich erstrecken sich diese Mitteilungen auf ca. 30647,6 ha oder 18,7% des Gesamtflächeninhaltes dieser Krdse; hieran sind die Landgemeinden mit 25390,2 ha oder 76% beteiligt, wovon wieder 17 917 ha oder 76,6% Ackerland, die Gutsbezirke mit 5257,4 ha, wovon 3846 ha oder 73,2% Acker- land sind. I. Abschnitt 1. Bodenquaiifäi Die Bodenqualität geht aus folgender Tabelle hervor: Nach Meitzen nehmen von der Gesamtfläche ein: Im Kreis Lehm u. Thon- böden Sandiger Lehm u. lehmiger Sand Sand- boden Moor- boden Wasser- flächen % % % % % Insterburg . . . 76,7 18,2 1,6 2,8 0,7 Gumbinnen . . . 16,2 70,7 6,9 5,4 0,8 • Stallupönen . . . 7,8 71.6 17,6 2,5 0,5 — 77 — V Hinsichtlich der Grundsteuerreinerträge im Einzelnen verweise ich auf das Gemeindelexikon von Ostprenssen, Berlin 18SB. Der durchschnittliche Gmudstenerreinertrag betuHgt: im Kreise bei Ackerland bei Wiesen Insterburg . . . Gnmbinnen . . Stallupdnen . . M. 11,75 10,57 9,40 M. 12,53 10,97 11,75 in den 8 Kreisen . 10,57 11,75 Der durchschnittliche Gnindstenen^inertrag dieser drei Kreise übertrifft den der Provinz also am 1,17 M. bezw. 0,78 M. Über dem Dnrchschnittssatz steht der Grandstea^Tein- ertrag in Prozent der FfiUe: im Krmse Insterbnrg . Gumbinnen StallupOnen bei Ackerland bei Wiesen 30,14 87,28 43,00 39,18 85,58 46,28 MftYiTOUTn und Minimum der Gnmdsteuerreineitrftge in. denselben Kreisen, zeigt die folgende Tabelle: im Kreis bei Ackerland pr.lia bei Wiesen pr. ha höchster nie- drigster höchster nie- drigster Insterbiog . . Gumbinnen . . Stallupönen . . M. 25,56 15,27 20,76 M. 4,70 : 4,70 4,31 M. 28,59 22,32 31,72 8,52 4,21 8,92 — 78 — 2. Bewirfschaftungsweise, Die bäaerlichen Gnmdstücke sind gewöhnlich in sechs Schläge geteilt und die übliche Frachtfolge ist dann: 1. Brache, 2. Wintergetreide. 3. Klee. 4. Weide. 5. Sommergetreide. 6. Sommergetreide. In Insterburg (2) tritt noch ein siebenter Schlag, nämlich schwarze Brache, hinzu und zwar folgt diese an zweiter Stelle. Drei- bis Fünffelderwirtschaft herrscht in Gumbinnen (2). Handelsgewächse werden im Berichtsgebiet nirgends gebaut. Das Verhältnis der Bodenbenutzung in den ganzen Kreisen geht aus folgender Tabelle hervor: Von der Gesamtfläche wurden angebaut 1896:*) im Kreise Getreide- u. Hülsen- früchte Hack- früchte Handels- gewächse Futter- pflanzen Wiesen Insterburg . . . Gumbinnen . . . Stallupönen . . . 29,7 37,9 41,8 3,4 5,3 4,6 0,3 0,7 0,6 9,1 9,9 8,3 10,9 12,4 12,1 3. Absatzgeiegenheif. Die Absatzgelegenheit für die landwirtschaftlichen Er- zeugnisse ist eine gute, sowohl infolge der dichten Bevölke- rung, als auch der guten Kommunikation, denn ein ziemlich dichtmaschiges Chaussee- und Eisenbahnnetz, besonders im Kreise Insterburg, ist hier vorhanden. 4. Voiksdichtigkeif und Bevölkerungsbewegung. Über die Volksdichtigkeit giebt die Tabelle Anlage 1 Auskunft. *) Nach der Erntestatistik von 1896 berechnet. Pr. Statistik Bd. 149 pag 15. — 79 — Zu bemerken ist, dass die Bevölkerong der ganzen Kreise Mer dichter ist, als in dem übrigen Teil des Berichts- gebietes, and dass sie in den Landgemeinden fast gleichmässig verteilt ist. Die Bevölkerungszunahme ist gleichfalls aus der Tabelle Anlage 1 ersichtlich. Mit Ausnahme des Kreises Stallupönen, dessen Einwohnerzahl sich von 1885 — 1895 etwas verringert hat, weisen die ganzen Kreise in beiden aufgeführten Zeitabschnitten eine Bevölkerungszunahme auf. Auch in diesen 3 Kreisen zeigen die Städte die Tendenz der Bevölkerungszunahme, die Landgemeinden diejenige der Ent- völkerung. Letztere sind nur im Kreise Gumbinnen in der Zeit von 1885 — 1895 um 1,5% gewachsen. Auffallend ist, dass bei den Gutsbezirken, ihrer sonstigen Tendenz zuwider, überall und in beiden Perioden eine Bevölkerungszunahme stattgefunden hat. Die Abnahme der Landbevölkerung erklärt sich aus der Auswanderung. Während nun eine überseeische Aus- wanderung nur sehr selten vorkommt, findet eine Ab- wanderung in die Industriecentren häufig — in Gum- binnen (1) „etwa 25 — 30%" — und in zunehmendem Masse statt Die Abwandernden sind meist ledige Knechte und namentlich Mädchen, welche, vonVergnügungssucht angetrieben, in die Städte Berlin, Hamburg u. s. w. ziehen. Aber auch ganze Familien verlassen ihre Heimat, um anderswo höheren Verdienst und leichtere Arbeit zu suchen, und zwar meist wirtschaftlich Tüchtige mit Sinn für Kirche und Moral. Be- sonders stark ist die familienweise Abwanderung in Inster- burg (1), dort „ziehen noch immer, namentlich Klein-Kätner- und Losleute-Familien, die sich hier nur kümmerlich nähren können, fort, aus sechs Wirtschaften durchschnittlich eine Familie." 80 — II. Abschnitt 1. Besitzverteilung. Die Gntsbezii^e madien in den hier za bdianddnden Kreisen 22,5% aUer Gemeindeeioheiten ans und nehmen S4,0% der Gesamtfiftche ein. In im einzelnen Kreisen ergiebt sich nachstehendes Bild. Im Kreis Insterburg . Gumbinnen . StaUupönen . Die Gutsbezirke betragen Ge-,% % der meinde- einhmten 27,9 28,6 18,8 der Ge- samt- fläehe einesGuts- beeiikes 44,8 29,2 21,7 DuTcfaschnittliche GrCsse 579,6 426,4 468,0 einer Land- gemeinde 268,7 311,5 278,2 Demnach ist das Berichtsgehiet der an Gutsbezii^en relativ ärmste Teil der Provinz. In welchem Verhältnis die Besitzungen verschiedener Grösse der Zahl und von ihnen eingenommenen Fläche nach zu einander stehen, zeigen die beiden folgenden Tabellen, von welchen die erstere nach den Angaben der Beichsstatistik berechnet, die letztere der- selben entnommen ist I.^) Von der Anzahl der vorhandenen Betriebe entfallen auf solche: im Kreis unter 2 ha 1 2—5 ha , 1 5—20 ha 20—100 ha über 100 ha Insterburg . . . Gumbinnen . . . StaUupönen . . . % 55,76 59,89 46,66 % 14,82 12,55 18,26 % 16,59 12,09 17,72 % 11,17 14,16 16,08 % 1,81 1,88 ^) PreuBsische Statistik. Neue Folge. B. 112, pag. 8. — 81 — n^) Von der landwirtschafÜieheD Flicke nebmen ein die Betriebe mm im KieiB riitaMMiHM InsterbuTg . . . Gumbiimen . . Stallupönen . . m unter 2 ha % 2,38 2,24 2,09 « 2—5 ha % 8,86 8,64 4,91 Wtt 5—20 ha % 14^15 10,84 18,06 « 20—100 ha % 88,70 46,30 47,66 « über 100 ha % 40,96 9o,9o 82,S)6 Die 1172 in den Berichtsdistrikten Kegenden Besitzungen verteilen sich folgendermassen: im Distrikt imGroBsen bewirt- schaftete Güter Mittlere Bauerngüter, welche regel- m&ssigfiemde Arbeitskräfte bedürfen Kleine von det Familie aUein bewirt- schaftete Gttter Spalte 2—4 1 2 8 4 5 Insterbnrg 1 . . . 2 . . . Gumbinnen 1 . . 2 . . Stallupöneii . . . 4 2 8 6 4 10 20 70 144 22 850 300 180 57 864 822 253 150 88 Summa 19 266 • 887 1172 Die Grösse des Grundbesitzes, bis zu welcher noch zeit- weise Lohnarbeit gesucht wird, ist von der Bodenqualität, von der Lage des Ortes zum Markte, sowie von der Stärke der Familie abhängig. Während in Gumbinnen (1) schon ein Besitz von 2 ha ausreicht, eine Familie zu ernähren, muss iu Insterburg (2) noch bis zu einem solchen von 5 ha, in Inster- burg (1) bis zu einem solchen von S ha auf Lohnarbeit ge- gangen werden. 2. Bodenbewegung. Die übliche Art der Regulierung bei Erbschaften ist die nngeteilte Vererbung des Grundstücks auf eines der Kinder, A. a. 0. pag. 489. 6 — 82 — meist den ältesten Sohn, welcher seine Greschwister mit einer entsprechenden Geldsumme abfindet. Teilung des Besitzes auf Spekolation findet nach dem Bericht ans Insterbnrg, welcher sich allein hierüber äussert, niemals statt Ein Besitz Wechsel durch Verkauf ist selten. 3. Gelegenheit zur Pachtung und zum Kauf von Parzellen. Die Qelegenheity sich einige Parzellen Land zu pachten, ist, abgesehen von den zu den Mietswohnungen ge- hörenden Morgen, den Arbeitern im ganzen Berichtsgebiet nicht geboten, da die Pfarräcker entweder von den Inhabern selbst bewirtschaftet werden, oder an nur je einen Pächter abgetreten sind, wie aus der Tabelle Anlage 2 ersichtlich. Ebensowenig wie die Gelegenheit zur Pachtung von Parzellen, findet sich diejenige zum Parzellenerwerb. Während nun der Referent aus Gumbinnen (1) angiebt, dass den Arbeitern der Erwerb oder Pacht von Grundeigen- tum bei fortdauernder Tagelohnarbeit für erwünscht gilt, be- hauptet derjenige aus Insterburg (1) das Gegenteil, und zwar, „weil sie die Doppelarbeit keinesfalls bewältigen könnten und in letzterem Falle teure Arbeiter annehmen müssten." Ein Aufsteigen der Arbeiter in den Stand der selbständigen Kleinbauern kommt höchst selten vor; nur aus Gumbinnen (1) wird hierüber berichtet, dass, „wenn auch nicht gerade oft, Deputanten sich ein kleines Grundeigentum erwerben." IIL Abschnitt Arbeitsverfassung. 1. Die verschiedenen Arbeiterkategorien. Das ledige Gesinde wird regelmässig von den bäuer- lichen Wirtschaften verwendet, auf den Gütern dagegen ist es sehr zurückgegangen und findet sich nur noch in schwacher — 83 — Anzahl zur Verrichtimg häuslicher Dienste und zur Besoi^rmig^ des Viehes. Die grossen Güter beschäftigen meistenteils verheiratete, kontraktlich gebundene Arbeiter, Instleute und verheiratete Knechte, oder wie sie 1849 genannt wurden und auch zum Teil heute noch heissen, „Gärtner" und „Deputanten". Diese beiden Kategorien unterscheiden sich dadurch von- einander, dass die Gärtner zum Stellen eines Scharwerkers verpflichtet sind, die Deputanten aber, wohl infolge des Mangels an diesen Arbeitskräften, nicht; doch müssen die Frauen der letzteren zur Arbeit kommen, so oft es vom Arbeitgeber des Mannes verlangt wird. Femer stellt sich der Deputant für die ihm gezahlten Löhne seinem Herrn das ganze Jahr hindurch zur Verfügung, der Gärtner dagegen nur für die Zeit vom 1. April bis 1. Oktober, während der übrigen Zeit drischt er gegen Anteil oder arbeitet gegen Tagelohn, oder auch — was in den andern Teilen der Provinz nirgends geschieht — auf Akkord. In Gumbinnen (1) ist das Instmannsverhältnis ganz auf- gehoben und die Gärtner sind zu Deputanten gemacht worden, und somit werden auch keine Scharwerker gehalten. In den anderen Distrikten sind letztere sehr rar, so dass sie gut und nachsichtig behandelt werden müssen, damit sie den Instleuten nicht fortlaufen und diese in missliche Lage bringen. Die Instleute des Distrikts Insterburg (1) „möchten lieber ohne sie wirtschaften, kommen aber sonst nicht durch, weil der Outsherr Instleuten ohne Scharwerker zu grosse Abzüge macht — 0,75 M. pro Tag — ." Neben diesen kontraktlich gebundenen Arbeitern werden in Zeiten dringender Arbeit, besonders in der Ernte, noch freie Arbeiter beschäftigt. Diese zerfallen in „Losleute", welche sich in den Dörfern einmieten und das ganze Jahr hindurch Lohnarbeit suchen, und „Kätner", auch „Büdner" genannt, welche sich hauptsächlich von dem Ertrag ihrer ^eigenen Wirtschaft nähren und nur zeitweise auf Arbeit gehen, 6* — 84 — Je nach der Gröise der Wirtschaft riebtet sich ihre Beteiligimg^ an der Lohnarbeit Wanderarbeiter komjnen im Berkhtsgebiet nicht vor. Abgesehen von dem Mangd an Scharwerkem, sdieint im ganzen Beriditflgebiet eine genügende Menge von Arbeits- kräften vorhanden zn sein, wenigstens werden k^e dies- beoettglichen Klagen geführt Nach den Jahresberiditen der LaadwirtschaftfidEammer zn Ostpreiusen aber, haben sich (%Be Verhältnisse seit Ende ^r 90 er Jahre sehr zu Un- gunsten der Landwirte geändert Darin wird geschrieben:^) ,,Fttr ein Gut im Kreise Stalfaip^nen wird für die Wirtschaft durch die fehlenden Tage der Arbeiter ffir das Berichtsjahr aileia ein Manko von 7300 Arbeitstagen nachgewiesen/^ Femer haJbm die im Jahre 1898 angestellten amtiicben Er- mitt^angen ergeben, dass im Regierungsbezirk Gumbinnen> mebx als V« ^^^ vorhandenen Wohnungen leer standen. „Ab Gesinde waar im Begierungsbezirk Gumbinnen noch nicht einmal die Hälfte der ftir die Landwirtschaft erforderlichen Anzahl vorhanden, ein Übelstand, welcher am drückendsten empfunden wird gerade von den mittleren und kleineren Be^ sitzem, da diese fast lediglich auf die Dienstleistungen dea. Gesindes angewiesen sind."*) Von einem Übergang aus der einen Kategorie in- eine andere wird wenig berichtet; in Insterburg (2) geschieht dies aus Unzufriedenheit, in Gumbinnen (1) meistens infolge veränderter Familienverhältnisse, nicht aus Abneigung gegen den Naturallohn. Wechsel des Arbeitgebers kommt in Gumbinnen (l> ,^cht gerade oft" vor, und zwar „vom Bauernhof zum Gut, weil die Arbeiter um etwas, wenn auch um weniges, in ein- zelnen Fällen besser gestellt sind." In Insterburg (l und 2} ist dieser Wechsel häufig, „namentlich bei strengen knauserigen. 1) A. a. 0. Jahrgang 1897 pag. 6. *) A. a. 0. Jahrgang 1898 pag. 10. — 86 — Arbeitgebern/' In Stallnpönen wechseln sobledite Grlirtiier oft, in der Meinung, die neue Stelle sei besser. Über Kontraktbruch wird nirgends Hage g^übrt. 2. Zahl der Arbeitskräfte auf der FUche. Die ZaM der auf einem Gute notwendigen Arbeitskräfte wird nicht nur von der Grösse seines Landbesitzes, swdem auch von der Qualität dieses Bodens, sowie von d^ extensive oder intensiven Bewirtschaftungsweise desselben beelnflusst In Gumbinnen (1) kommen auf 100 ha etwa vier Deputanten und vier ledige Arbeiter. In Insterburg (1) werden auf 35 ha eine Instmannsf amilie, ein Knecht und eine Magd gehalten, in Insterburg (2) bei einem Besitz von 16 ha ein Knecht, eine Magd und ein Hütejunge, bei einem solchen von 30 ha zwei Knechte ein oder zwei Mägde, bei einem solchen von 50 ha zwei Instmannsfamllien und ein Knecht Über das Zahlenverhältnis, in dem diese verschiedenen Arbeiterkategorien zu einander stehen, ist den Berichten etwa Folgendes zu entnehmen In Gumbinnen (1) bildet jede der drei verschiedenen Kategorien: lediges Gesinde» Deputanten und Freiarbeiter etwa Vs ^^^ Gesamtzahl. In Insterburg (1) verhält sich das ledige Gesinde zu der Anzahl der Instleute auf den Gütern wie 1:3, in den bäuerlichen Wirtschaften wie 3:2. Im Schulverband H. des Kreises Stallnpönen machen die Freiarbeiter 15,4^0, die Instleute 28,5^0 ™d das ledige Gesinde 56,1 7o allor vorhandenen Arbeitskräfte aus. 3. Arbeitszeit. Die Arbeit pflegt im Sommer um 6 Uhr, vereinzelt auch erst um 6 Uhr morgens zu beginnen und um 6 Uhr ebends zu endigen. Zu Mittag tritt eine Pause von 1 — 8 Stunden ein, ebenso je eine halbstflndige Pause zu FrOhsttok und Vesper. Arbeiten Aber die gewöhnliche Zeit hinaus, indem die Dauer der Arbeitszeit verlängert, oder die Pausen ab<- — 86 — gekfirzt werden, kommen nnr in seltenen Fällen während der Ernte vor und werden von den Arbeitern auch willig geleistet. Im Winter richtet sich die Arbeitszeit nach dem Auf- und Untergang der Sonne und dauert von 7 bezw. 8 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags. Ob und um wie viel die Pausen im Winter beschränkt sind, ist in den Berichten nicht besonders hervorgehoben, doch ist aber wohl anzunehmen, dass aber Mittag nur eine Stunde geruht wird, und dass die Vesperpause ganz wegfällt. Die Arbeitszeit der Frauen, welche nur im Sommer regelmässig zur Arbeit gehen, ist überall um 2— 27« Stunden kürzer. Weder über allzulange Dauer der Arbeitszeit, noch über dabei vorkommende Überanstrengungen wird Klage geführt, doch wünschen die Arbeiter vielfach: „so viel freie Zeit in der Woche zu haben, um ihr Deputatland bearbeiten zu können, was sie bisher überall nur an Sonntagen thun können." Für den Dienstherm wird am Sonntag, abgesehen von den zur Besorgung des Haushaltes und des Viehes un- umgänglich notwendigen Beschäftigungen, nur in dringenden Fällen während der Ernte gearbeitet. lY. Abschnitt. Arbeitsgelegenheit Während im Sommer naturgemäss alle Arbeitskräfte voll ausgenutzt werden, finden im Winter nur die kon- traktlich gebundenen Arbeiter immer Beschäftigung, während die Freiarbeiter oft feiern müssen, wenn sich nicht ausserhalb der Landwirtschaft in Waldungen, an Chausseen u. dergl. Arbeitsgelegenheit bietet. — 87 — Dass letzteres aber nicht immer der Fall ist, wird aas den Distrikten Gnmbinnen (1) und Stallupönen berichtet. In Insterbnrg (1) finden sie, wenn nicht an Ort und Stelle, so doch in benachbarten Orten Lohnerwerb. Am schlimmsten jedoch sieht es in dieser Beziehung in Gumbinnen (2) aus, hier liegen „die Freiarbeiter gewöhnlich drei Monate — , selten länger" — brach; sie suchen sich dann „durch Körbeflechten und Schneeschippen zu ernähren, während ihre Kinder betteln." Dieser zeitweilige Mangel an Arbeitsgelegenheit innerhalb der Landwirtschaft ist lediglich die Folge der ausgedehnten Verwendung der Dreschmaschine. Diese ermöglicht es, dass auch ein grosser Gtetreidevorrat mit den kontraktlich gebundenen Arbeitern ausgedroschen wird und macht die Freiarbeiter fiberflüssig. Dies wird auch von einem Teil der Berichterstatter hervorgehoben; andere, welche dies nicht zugeben wollen, kommen zu ihrer An- schauung durch den Umstand, dass die Freiarbeiter im Winter zuweilen, oder auch oft Arbeitsgelegenheit ausserhalb der Landwirtschaft finden können und so dafür entschädigt werden, bedenken aber nicht, dass dieselbe meist nur einen sehr knappen Verdienst bringt, welcher zum Unterhalt der Familie nicht ausreicht. Nur da, wo die Dreschmaschine aus Mangel an Arbeitern, wie z. B. in Insterburg (1), eingeführt worden ist, mag diese ungünstige Wirkung derselben nicht so deutlich an den Tag treten. Y. Abschnitt Die einzelnen Arbeiterkategorien in ihren Bezügen. 1. Das Gesinde. Der Jahreslohn, welchen die Tabelle Anlage 4 wieder- giebt, ist abgesehen von Gumbinnen (2), wo bei den Bauern auch Kartoffeln gegeben werden, reiner Geldlohn. Je nach Alter und Leistung erhalten die Knechte 100-^150 M., die Mägde 60—120 M. Die dem Gesinde zur Verfttgnng gestellten Schlaf riame werden ausreichend genannt; die J^echte schlalen im Pfeile- stall, die Mägde in der Küche oder in der Gesindestabe, falls eine solche vorhanden ist Die Beköstigung des Gtesindes wird überall als aus- reichend, Kum Teil auch als gut bezeichnet, da sie sich ron derjenigen der bäuerlichen Besitzer nicht wesentlich unter- scheidet, bisweilen auch dieselbe ist, namentiich wo das Gesinde mit der Bauemfamilie zusammen an einem Tisch isst. Fleisch giebt es meist 2 — 8 mal in der Woche, in Stalluponen „mindestens 3 mal und in dringender Arbeltszeit ziemlich alle Tage/^ Die Nahrung setzt sich ferner zusammen aus Kartoffeln, Brot, Hering, Cerealien — ausser Linsen (Gum- binnen (1) — Brot und Brotsuppen. 2, Instleute und Deputanten. Da die den Instleuten und Deputanten zur Verfügung gestellten Wohnungen in den vorangehenden Teilen dieser Arbeit ausführlich behandelt worden sind und hier in Litauen dieselben Verhältnisse herrschen, so sollen sie hier nicht wieder extra besprochen werden. Im Folgenden gebe ich einige ausführliche Angaben über das Einkommen dieser beiden Kategorien wieder, und ver- weise im Übrigen auf die Tabelle Anlage 6. In Stalluponen erhalten die Instleute: Freie Wohnung, bar 30 M. für das Sommerhalbjahr 8 Scheffd Boggen 2 „ Gerste 1 ,y Hafer 1 ,, Erbsen freie Weide und Winterfutter für eine Kuh, Acker zu zehn Scheffel Kartoffelaussaat und zu yier Hetzen Leinsamen, und Gemüsegarten. Fast den ganzen Winter dreschen die M&nner und bekommen de& — 89 — zehnten Scheffel Dreickeimass; werden sie im Wintei noch zu «adeier Arbeit verwendet, so erhalten sie 0,60 M. Tag^hn. Die Frau erii< 0^ M. Tagelohn, IteieB Brennmaterial. Bin Depntant desselben Distrikts bekommt: Freie Wohnung, 64 H. bar, für das ganze Jahr. 18 Altscheffel Boggen 2 Scheffel Gerste d „ Hafer IVa „ Erbsen Weide und Futter ffir eine Kuh. Brennmaterial, Acker- und Gartenland wie die Instleute. Die Frau« wenn sie arbeitet, pro Tag 0,60 M. Im Distrikt Insterbnrg (1) beträgt das Einkommen eines Instmannes: (Der Dreschanteil ist abgeschafft worden): „Freie Wohnung, bar 86 M. für die Sommermonate. 12 Scheffel Boggen 4 „ Gerste 4 „ Hafer IV, „ Erbsen ca. 1 Morgen Land für Kartoffeln und Leinsaat, 26 Q Buten Gartenland freie Weide und Futter für eine Kuh und zwei Schafe, freies Holz dazu täglich 0,25 M. zur Haltung des Hofgängers (aber nur in der Zeit vom 1. April bis 1. Oktober), femer im Winter für Akkordarbeit ca. 1 M. täglich." Biearzn bemerkt der £eferent: „Damit — Naturalien und bar — kommen sie nach ihrer Angabe aoa, wenn sie noch Schweine aufziehen und verkaufen/^ Die Einnahmen eines Depntanten des Distriktes Gom- binnen (1) bestehen in Folgendem: ,,Freie Wohniuif; lester Jahreslohn 60,00 M. bar. ca. 2 Morgen Acker, guter Qualität, die Leute sind damit zufrieden, sie ernten durchschnittlich 50 Scheffel Kartoffeln, 7—8 Scheffel Hafer, 1—2 Scheffel Lein. 12 QButen Gartenland — 90 — freie Weide und Futter für eine Kuh und 1 Schaf. Deputate an Feldfrüchten: 20 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Weizen, 4 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Hafer, 2 Scheffel Erhsen. Dreschanteil wird nur selten gewährt (zehnten Scheffel) Holz und anderes Brennwerk, soviel sie brauchen. Die zur Wirtschaft nötigen Fuhren frei. Der Gesamtertrag beläuft sich auf .550 M. Vergleicht man mit diesen Löhnen diejenigen, welche Lengerke^) für die Kreise Gumbinnen und Inster- burg aufführt, so findet man, dass die Landgewährung dieselbe geblieben ist, die Getreidedeputate der Instleute sind da, wo der Dreschanteil abgeschafft worden ist, grösser, da, wo dieser noch besteht, um einige Scheffel kleiner geworden, diejenigen der Deputanten sind in Gumbinnen dieselben geblieben, in Insterburg um etwas verkürzt worden. In Bezug auf die Viehhaltung ist zu erwähnen, dass früher für zwei Schweine und zwei Schafe freie Weide und Futter gewahrt wurde, jetzt aber nur noch vereinzelt für ein Schaf gegeben wird. Der Barlohn der Deputanten ist im Wesentlichen derselbe geblieben, derjenige der Instleute ist von 0,25 M. auf 0,60 M. pro Tag im Winterhalbjahr gestiegen, da wo der Dreschanteil abgeschafft worden ist, wird sogar 1 M. pro Tag während des Winters gezahlt und ausserdem ist für das Sommerhalbjahr 0,25 M. täglich für den Scharwerker hinzugekommen. 3. Freiarbeiter. Die Löhne im Einzelnen giebt die Tabelle Anlage 7 wieder. Abgesehen von den in Gumbinnen (1) bei dauernder Beschäftigung gewährten Naturalien, herrscht Tagelohn, und zwar meist reiner Barlohn, denn beköstigt werden die Arbeiter nur zuweilen in Stallupönen und Gumbinnen (1). Bei an- dauernder Beschäftigung erhalten die Männer im Sommer 1 — 2 M. ohne Beköstigung, wenn jene hinzutritt, wird sie mit 0,50 M. angerechnet; im Winter, wo keine Kost gegeben wird, schwankt der Lohn zwischen 0,80 M. und 1,50 M. *) v.Lengerke, Die ländliche Arbeiterfrage, Berlin 1849 pag. 43— 45. — 91 — Wenn sie nur zeitweise Arbeit suchen, wie dies die Büdner m w^ährend der Ernte thun, werden sie mit 1,20 — 2,00 M. ge- lohnt. Der Barlohn sinkt bei teilweiser Beköstigung nm 0,20 M., bei voller um 0,80 M. Die Frauen gehen zum grossen Teil nur während des Sommers zur Lohnarbeit und verdienen dann 0,60—1 M. nebst Kost, oder 0,60 — 1,50 M. ohne dieselbe. Finden sie im Winter Arbeit, so bekommen sie 0,80 M. oder 0,30 — 0,40 M. und Kost. Akkordarbeit ist wenig verbreitet; sie ist in Inster- burg bei Drainage-, Mengel- und Grabenarbeiten üblich und l)ringt V, mehr Verdienst als die Arbeit auf Tagelohn. Die Tagelohnarbeit wird von den Arbeitern vorgezogen, weil sie leichtere Arbeit haben und weil sie an die Tagelöhnung ge- wöhnt sind. Als durchschnittlicher Tagelohn im Berichtsgebiet ergiebt sich 1,30 M. Spezialisierte Angaben über den Jahresverdienst dieser Kategorie fehlen in den Berichten. Geschätzt wird derselbe vom Berichterstatter aus Insterburg (2) auf 400 M., von dem aus Gumbinnen (2), wo die Löhne höher sind, auf 500 M. Vergleicht man diese Anfang der 90er Jahre gezahlten Löhne mit denen von Lengerke^) angeführten, so lässt sich eine bedeutende Steigerung der Mannes-, al» auch der Frauenlöhne konstatieren. Ende der 40 er Jahre verdiente der Mann täglich 6 Sgr., die Frau 3 — 4 im Sommer, und im Winter der Mann 3 — 4 Sgr., die Frau durch Spinnen 1 Sgr. Bei Akkordarbeiten, wie Graben, Torfmachen und Holzschlagen, verdiente der Mann 8 Sgr. Zu den Bezügen aus dem Tagelohn kommen noch diejenigen aus der eigenen Wirtschaft. Über den Umfang derselben, von dem doch die Erträge abhängen, ist den Berichten nur folgendes zu entnehmen. Der Grundbesitz der Eigenkätner erstreckt sich auf 2 — 6,25 ha. Auf diesem Land bauen sie mit Vorliebe KartofEeln, Lein, Hafer und Gerste. ^) V. Lengerke, Die ländliche Arbeiterfrage, Berlin 1849 pag. 96. — 92 — An Yieli haltaii rie wdil aDe emige Schwdne imd mehrere Hiluier^ mandhe aaeh eine EnL IMe WirtKbtJt der Einli^per isl bedeutend kleiner, an Land haben sie nnr einige Qnadralratieiif die sie mit ihrer Wohnnng paditen, woimnf sie üaen. Bedarf an Eaitoffiehi znm Tefl erbanen. An Vieh besitzen die meisten ein Schwein nnd einige Hfihner. Nach Anffassnng des Referenten, wie anch der Arbeiter, sind andi in diesem Teil der Provinz die Arbdter im festen Dienst materiell am besten, die Freiarbeiter am sddech- testen gestellt, weil letztere nicht standig Arbeit, also nicht immer Verdienst, haben. B. Masuren. Unter diesem Namen sollen hier die vier Bjreise Goldap, Angerbüj^, Lötzen und Lyck behandelt werden. Ans diesem Gebiet sind fünf Berichte, und zwar zwei ans Angerbnrg und je einer aus den übrigen Bereisen eingegangen, sie be- ziehen sich auf 66 Gemeindeeinheiten, 50 Landgemeinden und 16 Gutsbezirke. Räumlich erstrecken sie sich auf circa 46 322,1 ha oder 11,8% des Gesamtareals dieser vier Kreise. An dieser Fläche sind die Landgemeinden mit 33 952,1 ha oder 70,3%, wovon wieder 20414,0 ha oder 60,1% Ackerland, die Gutsbezirke mit 12370,0 ha beteiligt, wovon 6520,0 ha oder 52,7% Ackerland sind. L Abschnitt 1. Bodenqualitat Der Landrücken, auf dessen Kuppen eisenhaltiger, spröder Lehm und an dessen oft i^eilen Aidlingen grober Sand in Tage liegt, bildet viele, der Unbill der Witterung stark aus* gesetzte Hochebenen und daneben schroff eingerissene Thal- gründe, in welchen die Ortschaft^ liegen und in wdchen die Acker die Abhänge emporstreben.*) Von den verschiedenen Bodengattungen haben nach 1) Nach Weber, Schriften d. Ver. f. Socialpolitik, Bd. LV. pag. 81. — 94 — Mettzen^ in den vier hier zn bdiandelndeai Kreisen Anteil 33k der Oesamtflädie : im Erdfl Lehm and Thon- böden Sandiger Lehm n. lehmiger Sand Sand- boden Moor- boden Wasser- flachen Goldap .... Angerbarg . . . Lötzen .... Lyck % 42,1 14,2 0,2 1,6 % 45,8 54,5 60,3 70,8 % 8,3 8,3 14,9 18,7 % 0,8 9,0 11,7 0,9 % 3,0 14,0 12,9 8,0 Hinsichtlich der Gnmdsteaerreinerträge im Einzelnen Yerweise ich auf das Gemeindelexikon von Ostprenssen, Berlin 1888. In den hier zu behandelnden Kreisen beträgt der durch- :flcbnittliche Grundsteuerreinertrag: im Kreis beim Ackerland bei Wiesen Goldap .... Angerbarg . . . Lötzen .... Lyck 5,87 7,83 5,48 5,87 6,66 10,57 6,27 6,27 Fttr die vier Kreise zusammen ergiebt sich dann als Durchschnittsreinertrag 6,24 M. bezw. 7,44 M., welcher um 3,16 M. bezw. 3,53 M. unter dem Durchschnittssatz der Pro- vinz zurückbleibt. Über dem Durchschnittssatz steht der Grundsteuerrein- -ertrag in Prozent der Fälle: (Vergl. TabeUe S. 95.) ') Meitzen, Boden des Preuss. Staates, Bd. lY. pag. 155. 96 im Kreis beim Ackerland bei Wiesen €k)ldap .... Angerburg . . . Lötzen .... Lyck ..... 30,77 47,33 40,17 53,14 86,82 35,81 33,33 44,44 Wie sehr die Grundsteuerreinerträge innerhalb der ein- zelnen Kreise schwanken, ergiebt die Gegenüberstellung der höchsten und niedrigsten Grundsteuerreinerträge der ein- zelnen Kreise. Sie betragen: bei Ackerland bei Wiesen im Kreis • • höchster nie- drigster höchster nie- drigster Goldap .... 16,02 1,45 22,03 1,33 Angerburg . . 17,67 3,13 39,16 4,31 Lötzen .... 10,18 2,35 10,97 3,13 Lyck .... 12,33 1,57 20,01 2,35 2. Bewirtschaftungsweise. Eine einheitliche, strenge Fruchtfolge giebt es auch in diesem Teil der Provinz nicht. „Die wohlhabenden Bauern lernen die Fruchtfolge von den Grossgrundbesitzem, die kleinen wirtschaften im Allgemeinen wild" wird aus Anger- burg (2) geschrieben. Im Distrikt Lyck herrscht noch „die alte Dreifelderwirtschaft, es wird aber bereits viel Rotklee gebaut" Aus den übrigen Distrikten wird die Fruchtfolge folgender- massen angegeben: — 96 — in Goldap: in Lötzen: inAngei1«ii^(l): 1. Wintenmg, Winterung, Winterung, 2. Sommerong, Klee, Bundgetreide, 8. Klee, Kartoffeln, Sommerung, 4, Weide, Hafer und Gerste, Elee, 5. Grüne Btaohe. Erbsen. Weide n. Bniche. In Angerbnrg (2) ^ist die Frachtfolge sehr yerschieden, gewöhnlich Korn anf Dung, Elee, Elee oder Kartoffeln nnd Erbsen, Korn, Sommergetreide, znletzt Hafer. An Handelsgewächsen werden in Lötzen „y^!^inzelt Zuckerrüben", auf einem Gut des Distrikts Goldap etwas Hopfen gebaut Das Verhältnis der Bodenbenutzung ergiebt sich ans folgender Tabelle, welche nach der Emtestatistik von 1896*) berechnet worden ist. Von der Gesamtfläche wurden angebaut im Jahre 1896: 9! im Kreis Goldap . . Angerburg . L($tzen . . Lyck . . Getreide und frfichte Hock- fr lichte Handels- gew&elise Putter- pttSOflOB Wiesen % 28,1 26,3 31,0 28,8 % 4,8 4,5 6,5 6J % 0,5 0,4 0,6 0,4 % 5,5 5,1 5,2 4,6 % 14,4 12,4 12,7 11,0 3. Absatzgelegenheit. Die Hanptbedingnng zur Absat^gelegenheit der land- wirtschaftlichen Produkte, eine starke städtische Be- völkerung, fehlt dem Berichtsgebiet. Es besitzt nur fftnf Städte mit einer Gesamteinwohnerzahl von 32068 Köpfen (im Jahre 1895), sodass erst auf eine Fläche von 82816,2 ha eine Stadt, und auf 12,92 ha ein Stadtbewohner kommt. In- folge dieser ungünstigen lokalen Absatzgelegenheit sind die U i ■> « <■ ■ * iowli l i 1) A. a. 0. pag. 16 u. 17. — 97 — Landwirte auf die Märkte der Stadt Königsberg, sowie der im Westen gelegenen grossen Städte angewiesen. Die dazu nötigen Kommunikationsmittel süid aber nicht überall in ge- nügender Anzahl vorhanden. „Die Kommunikation ist im Kreise Angerburg eine schwierige, denn abgesehen von der Erschwerung derselben durch viele Seen hat der Kreis nur wenige Chausseen^ ^) ; von einer Eisenbahn wurde der Kreis bis 1897 nicht berührt, erst seit dieser Zeit führt die Strecke Gerdauen-Nordenburg-Angerburg in einer Länge von 14 Kim. (Luftlinie) durch den nordwestlichen Teil des Kreises^). Dampferverkehr findet zwischen den beiden Städten Anger- burg und Lötzen, auf dem Maner-, Dargeinen-, Lötzener- und Kisain-See statt, welche eine Wasserstrasse bilden. Günstiger gestellt sind in dieser Beziehung die Kreise Lyck und Lötzen; durch sie geht die Ostpreussische Südbahn in einer Länge von 39, bezw. 40 Kim. Länge und hat in jedem Kreise drei Bahn- stationen^. Eine Rüstige ist die Kommunikation im Kreise Goldap zu nennen infolge der Chausseen, welche die Stadt Goldap mit den grösseren Orten des Kreises, sowie mit den Nachbarstädten verbinden und eine Gesamtlänge von 128 Kim. im Kreise haben*). 4. Volksdichtigkeit und Bevölkerungsbewegung. Die Volksdichtigkeit giebt die Tabelle Anlage 1 wieder. Wie die Dichte der Bevölkerung von dem Vorhanden- sein grosser Städte und guter Kommunikationsmittel abhängt, tritt in diesen vier Kreisen deutlich hervor. Der Kreis Lyck, ^) Volger, Handbuch d. GrundbesitzeB in Ostpreussen. Berlin 1895, pag. 195. ^ Jahresbericht d. Landwirtschaftskammer für d. Pr. Ostpreussen, Jahrgang 1896 pag. 9, bezw. 1897 pag. 16. ') Volger, Handbuch d. Grundbesitzes in Ostpreussen. Berlin 1895, pag. 249 u. 255. *) Dasselbe pag. 213. 7 — 98 — welchem die grSsste yon den im Berichtsgebiet gelegenen Städten angehört) ist am dichtesten bevölkert, der Ereis Anger- borg mit seinen mangelhaften Yerkehrsverhältnissen am dflnnsten. Wenn der ^eis Gk)ldap trotz seiner gaten Kom- mnnikationsmittel nicht so dicht bevölkert ist, wie der Ereis Lötzen, so liegt das an dem grossen Anteil, welchen Wasser- flächen nnd Holznngen in jenem haben, zusammen 27,3% der Gesamtfläche, in diesem dagegen nur 19,5%. Die Land- gemeinden sind am dichteste bevölkert in dem Kreise Gk>ldap, wozu ansser den gaten Verkehrswegen auch der Umstand beiträgt, dass sich in diesem Kreise der fruchtbarste Boden findet, nnd dass die Landgemeinden relativ ärmer an Wald sind, als die übrigen Kreise. Die überaus dünne Besiedelung der Gutsbezirke des letztgenannten Kreises hat ihren Grand in den hier gelegenen grossen Waldungen, welche 56,8% der Gesamtfläche ausmachen. Die Bevölkerungsbewegung ist gleichfalls aus der Tabelle Anlage 1 zu ersehen. In dem Zeitabschnitt 1871 — 1895 hat nur im Kreise Angerburg, in dem 1885 — 95 ausserdem, auch im Kreise Lötzen eine Abnahme der Bevölkerung stattgefunden, während sonst überall eine Zunahme zu konstatieren ist, die am bedeutendsten im Kreise Lyck, 24,4%, und somit die stärkste von allen in dieser Arbeit behandelten Kreisen ist. Die Einwohnerzahl der Städte ist in allen Kreisen in beiden Perioden gewachsen, diejenige der Landgemeinden von 1871 — 95 in Lötzen um 3,1%, in Lyck um 11,0%, von 1885—1895 dagegen nur im Kreise Lyck, und zwar auch nur um 0,6%; Ein Rückgang der ländlichen Bevölkerung während beider Zeitabschnitte ist in den Kreisen Goldap und Angerburg zu verzeichnen, in dem zweiten Abschnitt auch in Lötzen. Die Entvölkerungs- tendenz der Gutsbezirke tritt auch in diesem Berichtsgebiet deutlich hervor; einen Zuwachs an Bewohnern haben nur die- jenigen der Ejreise Lyck (0,4%) und Gtoldap (0,1) und zwar auch nur in der Zeit voia 1871 — 95 erfahren. — 99 — Der Bflckgang der Landbevölkerung wird bewirkt durch die flberall stattfindende Auswanderung, weniger durch die äberseeische, denn diese kommt gar nichti oder doch nur sehr selten vor, als vielmehr durch die Binnen* oder Abwanderung, den Abzug in die Stftdte und Industrie- gegenden des Westens, welche eine erhebliche ist und nach den Berichten aus Gtoldap, Lötzen und Lyck immer mehr um sich greift, in Angerburg (2) dagegen seit 5 Jahren sich gleich geblieben, und in Angerburg (l) im Abnehmen begriffen sein soU. Das Fortziehen geschieht meist einzeln, von Dienst- mädchen und Knechten, aber auch familienweise, von Los- leuten, — in Gk)ldap soll letzteres gerade am häufigsten vorkommen. Dass die Abzidienden gerade die wirtschaftlich Tüchtigeren, die besser Situierten, sowie auch sittlich und kirchlich gesinnten Leute sind, wird von den Berichterstattern hervorgehoben. Als Beweggründe, welche sie ihrer Heimat entfahren, geben sie die Hofhung auf grösseren und leichteren Verdienst an; bei den ledigen Personen sprechen hierbei wohl auch die in der Stadt gebotenen Vergnägungen, sowie die von den Gesindeagenten gemachten Vorspiegelungen nicht unerheblich mit. Der Referent aus dem Distrikt Angerburg (2), aus welchem in den letzten 5 Jahren über 300 ledige Personen, oder mehr als 7,2^0 der Bevölkerung, ausgewandert sind, äussert sich hierzu in folgenden Worten: „Eitle Vorspiegelungen, die Sucht nach Freiheit, Ungebundenheit, Gewinn und Genuss, die Hoffnung auf Befriedigung der Eitelkeit, 4as Streben nach Glanz und Ehre hat die jungen Leute von hier nach den Städten gelockt. Wenn ein ganz ungebildeter Mensch oder eine gemeine Dirne, die vor einigen Jahren fortgezogen sind, in zwar altgekaufter aber hochmoderner Kleidung zum Besuch herkommen von dem Glück und dem Glanz der grossen Städte, dem Vorteil und Gewinn, dem Genuss und dem Ver- gnügen, und den herrlichen Aussichten, die man dort hat, erzählen und mit hochtrabenden, fremdklingenden, die Heimat, ihre Sitten und Gewohnheiten besp^^hiden Redensarten und Schlagwörtern um sich werfen, dann machen sie hier unter 7* — 100 — dem Volke ein gewaltiges Anfsehen, erscheinen als feine, gewandte j'nnge Herren und Damen und ziehen viele zu ihrem Unglück und Verderben nach sich. Dazu kommen die Briefe, in denen sie zwar unbeholfen, aber mit hellen und grellen Farben ihre ungebundene Freiheit, ihren Verdienst, ihre glücklichen Umstände, ihre herrlichen Erfolge schildern und die Verwandten zum Auswandern auffordern. Die weibliche Jugend lässt sich dann in ihrer Eitelkeit noch eher bethören als die männliche. Wenige der Ausgewanderten kommen in gute Hände und machen dort ihr Glfick. Manche tüchtige junge Leute wurden Offiziersburschen und kleine Beamte, Mädchen haben gute Partieen gemacht. Die meisten gehen verloren. Anfangs leben sie wohl herrlich und in Freuden, verbringen aber ihren Verdienst in Saus und Braus, ruinieren bald in Sünden und Schanden Leib und Seele; gehen dann in Elend und Krankheit einem frühen Tod entgegen, nehmen ein Ende mit Schrecken. Die männliche Jugend geht mehr durch Trunk, die weibliche durch Unzucht unter. Die Leute der hiesigen masurischen Gegend sind leichtfertiger und der Verführung zugänglicher als die der andern Provinzen; sie bringen es bei guter Erziehung vielleicht weiter als die andern, gehen aber in schlechter Gesellschaft schneller zu Grunde. Ich halte im Allgemeinen alle ländlichen Arbeiter, die von hier fortziehen, für verloren. Die wenigen, die zu- rückkehren, sind zerrissen, bloss, zerlumpt, verkrüppelt, voller List und Ränke und total unbrauchbar; sie müssen meistens vom Dorfe ernährt werden. Die hiesigen Ortschaften haben für die Kranken, Gefangenen, Verunglückten in der Fremde sehr grosse Kosten zu tragen. Das Dorf H. von kaum 400 Einwohnern zahlt jährlich weit über 1000 M. Dennoch hört die Auswanderungslust nicht auf. Die Unglücklichen, welche in der Feme ein elendes Leben führen, oder in Hospitälern, Krankenhäusern und Gefängnissen sterben, lassen nie etwas von sich hören. Die Glücklichen — und anfangs geht es ja alles gut — 4^hen ihre Verwandten und Bekannten nach sich. Ich war nur vor einigen Wochen bei einer — 101 — sterbenden Witwe, um ihr das AbendmaM zn reichen. Die- selbe war von allen Kindern, die in die Feme gezogen, ver- lassen. Hilflos lag sie im Sterben nnd mnsste von fremden barmherzigen Leuten, die mit sich selbst genug zu thun hatten, notdurftig bedient werden/^ Eine zeitweilige Abwanderung kommt in Lötzen und Angerburg (1) gar nicht und in Angerburg (2) nur selten vor. Aus Goldap gehen einzelne junge Männer zeitweise nach Westdeutschland; von den in Pommern und Schleswig-Holstein dienenden Mädchen kehren die wenigsten zurück, da sich die meisten dort verheiraten. „Eine merkliche sittliche und geistige Folge für Einzelne und den ganzen Ort durch die Heimkehren- den" hat der Berichterstatter „nicht beobachten können." Aus Lyck „gehen Familienväter mittleren Alters nach auswärts auf Lohnarbeit. Die Folgen bei ihrer Eückkehr sind noch schwer zu übersehen; der höhere Lohn reizt andere, die ungewohnte Arbeit schreckt ab, so dass jetzt ein Stillstand in der Sachsen- gängerei eingetreten ist." IL Abschnitt 1. Besitzverteiiung. In dem hier zu behandelnden Gebiet machen die Guts- bezirke sowohl der Zahl, als auch der Fläche nach 32,6% von allen Gemeindeeinheiten, bezw. von der Gesamtfläche aus. Das Verhältnis, in dem sie zu den einzelnen Kreisen stehen, geht aus folgender Tabelle hervor. Die Gutsbezirke betragen im Kreis Gk)ldap . . Angerburg Lötzen . . Lyck . . % der \ % der Gemeinde-I Gesamt- einbeiten I fläche 18,1 50,0 42,1 29,8 89,1 42,7 29,2 21,4 Durcbschnittiiche Grösse eines Guts- bezirks 997,6 548,8 426,8 859,6 einer Land- gemeinde 826,1 706,7 721.6 580,0 — 102 — Das Verhältnis, in welchem die verschieden grossen Besitzungen in Bezug auf Zahl und von ihnen eingenonunene Fläche stehen, geben die beiden folgenden Tabellen wieder, von denen die erstere nach den Angaben der Beichsstatistik Tom 14. Juni 1895 zusammengestellt und berechnet worden isty^) die zweite der angegebenen Quelle entnommen ist*) L Von der Anzahl der vorhandenen Betriebe entfallen auf solche: im Kreis Goldap Angerburg Lötzen . . Lyck . . bis 2 ha % 50,18 62,06 69,16 44,28 2—6 ha % 16,21 11,26 12,26 16,16 6—20 ha % 19,76 14,06 18,69 19,87 20 bis 100 ha % 12,94 10,52 18,07 18,61 fiber 100 ha % 0,92 2,09 1,88 1,68 n. Von der landwirtschaftlichen Fläche nehmen ein die Betriebe: im Kreis bis 2—5 6—20 20 bis über 2 ha ha ha 100 ha 100 ha % % % % % Gfoldap .... 2,62 6,89 20,78 46,88 26,88 Angerbnrg . . . 2,18 8,04 11,93 87,84 46,06 Lötzen ..... 2,47 8,28 11,29 46,11 86,85 Lyck 1,98 8,91 16,48 51,69 27,04 Von den in den Berichtsdistrikten gelegenen 979 Be- sitzungen sind 87 im Grossen bewirtschaftete Güter» 491 mittlere Bauemgfltery welche regelmässig fremder Arbeits- kräfte bedflrfen und 451 Meüiey von der Familie allein be- wirtsdmftete Gftter. Auf die einzelnen Berichtsdistrikte verteilen sie sich folgendermassen (vergL Tabelle S. 103): ^) a. a. 0. Nene Folge 862 n. 868. *) a. a. 0. pag. 489. 103 — im Distrikt im Oroflsen bewirt- Bohaftete Güter mittlere Bau- ernster, welche regfel- m&ssig frmd. Arbeitakräfte bedürfen kleine, von der Familie selbst be- ¥rirt8chaftete Güter Summa Goldap . . Angerburg 1 liötzen . . Lyck . . . Summa 8 8 7 6 8 87 45 88 150 53 160 U 19 60 168 150 107 110 217 227 818 491 451 979 Der Grundbesitz der Arbeiter beschränkt sich in Angerbnrg (2) meist nur auf Haus mit Garten; es giebt dort 60 solcher Eigenkätner. Diese können sich natOrlich durch die Eirträge ihrer eigenen kleinen Wirtschaft nicht ernähren, sondern müssen Lohnarbeit suchen. Als unterste Grenze des Besitzes, welcher eine Familie ernährt, werden hier 2 ha angegeben. In Lötzen gehen Arbeiter, die im Besitz von 3 ha sind noch auf Lohnarbeit, und in Goldap reichen erst 4 — 5 ha, in Lyck sogar erst 8 ha zur Ernährung einer Familie aus. 2. Bodenbewegung. In Erbfällen geht das Besitztum ungeteilt auf den Sohn, meistens den ältesten, ev. die Tochter über. Der neue Besitzer zahlt dann den Geschwistern ihren Anteil in barem Geld aus, oder belastet das Grundstück damit Oft kommt es vor, dass die Geschwister noch auf dem Grundstück bleiben und dem Besitzer als Arbeiter helfen, bis sich für sie eine passende Partie oder Kaul^el^enheit gefunden hat Tritt der Vater die Wirtschaft schon bei Lebzeiten ab, so bleibt er als Altsitzer auf derselben wohnen und erhält das „Aus- gedinge.'^ Teilungen im Erbfall kommen nur sehr selten vor. Dagegen wird aus Goldap und Angerburg (2) von öfteren Teilungen auf Spekulation,, d. h. sogenannten Ausschlacht- uBgen berichtet, die meist von Juden besorgt werden. Der — 104 — Bericht aus Angerborg (2) bemerkt hierzu: „Solche Aus- schlaehtungen sind in jedem Dorfe hiesigen Kirchspiels bis jetzt etwa eine bis zwei vor sich gegangen. Der Besitzer hat aber dabei fast regelmässig alles verloren und ist total verarmt. Man ist durch Schaden klug geworden und hfttet sich jetzt mehr davor." Der Besitzwechsel durch freihändigen Verkauf geschieht selten, mehr schon durch notgedrungene Yeräusserung; so werden im Berichtsdistrikt Angerburg (2) jährlich etv^a vier Besitzungen gerichtlich versteigert. 3. Gelegenheit zur Pachtung und zum Kauf von Parzellen. Gelegenheit zur Pachtung kleinerer Parzellen bietet sich den Arbeitern im ganzen Berichtsgebiet fast gar nicht, da, wie aus der Tabelle Anlage (2) zu ersehen ist, die Pfarrländereien teils von Bauern oder städtischen Handwerkern gepachtet sind, teils vom Nutzniesser selbst bewirtschaftet werden. Aus der hohen, die Grundsteuerreinerträge der Orte weit überschreitenden Pachtsumme geht hervor, wie gross die Nachfrage nach Pachtland ist. Angaben über die Dauer der Pachtzeit sind in keinem Bericht gemacht worden. Die Gelegenheit zum Parzellenerwerb ist in Goldap „infolge der Ausschlachtungen jetzt häufig^^ in Anger- burg (1 und 2) sehr selten, in Lötzen gar nicht vorhanden, in Lyck kann sie aus Mangel an Kapital nicht benutzt werden. Erwerb und Pacht von Grundeigentum bei fort- dauernder Lohnarbeit ist nach den Angaben aus Goldap und Lötzen erwünscht. Ein Aufsteigen der Arbeiter in den Stand selb- ständiger Kleinbauern kommt in Goldap gar nicht, in den übrigen Distrikten nur sehr selten vor, in Lötzen von List- leuten, in Lyck von Losleuten, und zwar mit gutem Ergebnis für die Beteiligten, da ihr Selbstgefühl gehobra, ihr Erwerbs- — 106 — sinn nnd ihre Heimatsliebe gesteigert werden. In Angerbnrg (2) y,gilt das Aufsteigen zu selbständigen Eleinbanem freilich für erstrebenswert, wird aber nicht erreicht, da die Arbeiter sich keine hohen Pläne machen, nnd der Lohn wohl zn gering ist Sie denken ans Auswandern, nicht aber an Selbständigkeit und eigenen Besitz/' in. Abschnitt Arbeitsverfassung. 1. Die verschiedenen Arbeiterkategorien. Das ledige Gesinde wird vorzugsweise in den bäuerlichen Wirtschaften, weniger auf grossen Gütern ver- wendet, doch macht sich überall ein grosser Mangel an diesen Arbeitskräften geltend, der besonders stark in Lötzen und Angerburg (2) zu Tage tritt. Im ersteren Distrikt „ist die Zahl der unverheirateten Knechte sehr gering; an Mägden ist ein grosser Mangel, da dieselben nach den grossen Städten nnd nach Westen abziehen^^ und im Bericht aus dem letzteren heisst es: „Die Qesindenot ist eine unaussprechliche, so dass an Stelle der früher gehaltenen unverheirateten, erwachsenen, tüchtigen und zuverlässigen Knechte und Mägde jetzt ver- heiratete Knechte, die mehr kosten, und unreife, halbwüchsige Jungen und unbrauchbare Mädchen eingestellt werden müssen/^ Als „Hfltejungen^^ werden namentlich in den Dörfern Knaben gebraucht, welche zwar noch schulpflichtig sind, aber nach Verordnung der Königlichen B^erung unter gewissen Be- dingungen von dem Schulbesuch während der Sommermonate befreit werden können. Verheiratete Knechte, zum Brsatz der ledigen, werden nur in Lötzen und Lyck gdialten. Die Deputanten, wie Gutshandwerker, Hirten und Kutscher sind auf allen grossen Gütern vertreten; die auf Deputat gemieteten Landarbeiter finden sich dagegen nur in Angerburg (l). — 106 — Diesen ist es flberlassen, ob sie einen Schorwerker steUeii wollen oder nicht; ihre Frauen aber sind zur Arbeitsleistang für den Arbeitsgeber ihres Mannes verpflichtet An Stelle der Depntanten werden in Lyck Gntstagelöhner gehalten 9 welche g^en Tagelohn und Überlassung von Kartoffelland zu regelmässiger Arbeit kontraktlich ver- pflichtet sind. Die Instleute mit ihren Scharwerkern bilden überall die Hauptmasse der gutsherrlichen Arbeiterschaft, finden aber auch mit Ausnahme des Distrikts Gtoldap in den bäuerlichen Wirtschaften Verwendung. Jedoch hat sich das eine Charakteristicum des Instmanns, die Verpflichtung seinem Brotherrn zwei, ja bisweilen auch drei Scharwerker zu stellen, nicht in seiner ursprOnglichen Form erhalten. Denn der grosse Mangel an diesen Leuten bewirkt es, dass die Instleate dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen können. Zwei Scharwerker werden nur noch auf manchen Gütern in Lötzen gestellt, auf den Gütern der übrigen Distrikte dagegen nur einer, und auf bäuerlichen Besitzungen fehlen sie gänzlich. Dieser grosse Scharwerkermangel wird namentlich her- vorgerufen, durch den Umstand, dass immermehr Arbeiter- kinder in andere Berufe übergehen, in Lötzen z. B. V« der konfirmierten Jugend. Femer trägt dieser Scharwerkermangel dazu bei, dass die Zahl der Instleute zu Gunsten der Frei- arbeiter zurückgegangen ist Wenn sich in Lyck ihre Zahl absolut vermindert hat, der Prozentsatz | aber stärker geworden ist, so erklärt sich dies daraus, dass auch andere Kat^orien, besonders das ledige Gesinde, an Zahl abgenommen haben. Die freien Arbeiter'^ — Eigenkätner und Einlieger, letztere hier „Losleute^ genannt, — werden sowohl auf Gütern, als auch in den Bauemwirtschaften beschäftigt Infolge der Auswanderung ist die Zahl der freien Arbiter, „die früher in den grossen Dörfern des Distrikts Lyck fast 60^0 aller Arbeiter ausmachten^^ in den letzten Jahren zurückgegangen. Während der Sommermonate kommen zu diesea ein- — 107 — heimisclien Arbeitern noch die Wanderarbeiter, in Lötzen 50 — 70 erwachsene rassische Arbeiter beiderlei Geschlechts. In den andern Distrikten sind es Polen, welche namentlich als Hfltejnngen, aber anch als Feldarbeiter, beiderlei Geschlechts, mittleren Alters, znr EartofiFelemte herangezogen werden. Der Übergang von der einen Kategorie in eine andere ist in Goldap nnd Lötzen häufig; und zwar dergestalt^ dass Loslente InsÜente werden, weil sie als solche besser gestellt sind nnd sorgenfreier leben können ; der umgekehrte Fall^ aber seltener, tritt in Angerbarg (1) ein, nnd zwar ans Hang znr Unabhängigkeit. Das Airfstelgen vom Losmann zam Instmann kommt in Lyck nor sehr selten vor: „Sehen die Selbständigkeit zn verlieren, nnd Sehen vor strammer Arbeit, anch wohl das GeffihI anter dem Herrn barscher Behandlang aasgesetzt zn sein'', sind es, welche sie davon abhalten. Wechsel des Arbeitgebers kommt in den Distrikten Angerbarg (1), Lötzen nnd Lyck vor, aber nicht gerade hänfig^ sie ziehen von Gnt za Gat and von Banemhof zu Baaemhof (Lyck), sie wollen sich verbessern, oft nnr verändern, erhoffen bessere Behandlang; zuweilen geschieht es aber anch „aas Eigensinn, Folgen des Trankes (Lötzen)/' In Angerbnrg (2) hingegen „findet ziemlich häufig der Wechsel des Arbeit- gebers im Kirchspiel statt. Die Leute lieben die Abwechselung, Sachen sich zu verbessern und streben nach leichterer Arbeit und mehr Ungebundenheit Die besseren Arbeiter ziehen auf die Güter und pflegen auch da zu bleiben oder ziehen von einem Gut zum andern. Die schlechteren unzuverlässigen aber können sich auf den Gütern nicht halten." Über häufigen Eontraktbruch seitens des (j^indes wird gleichfalls aus Angerburg (1 u. 2) geklagt und bemerkt, dass die Besitzer in dieser Beziehung von den Behörden nicht genug unterstfitzt werden. In Lyck, wo Eontraktbruch frfiher häufiger vorkam, ist es jetzt in dieser Hinsicht besser geworden. — 108 — 2. Zahl der Arbeitskräfte auf der Fläche. Die spärlichen Angaben, welche über die Zahl der anf einer Fläche bestimmter Grösse verwendeten Arbeitskräfte ge- macht worden sind, besagen, dass in Angerburg (1) und Lyck auf ungefähr 15 ha 1 Arbeiterfamilie, bezw. 1 ständige Arbeits- kraft gerechnet wird. In Lötzen werden bei einem Besitze von 30 ha 1 Instmann, 2 unverheiratete Knechte, 2 Mägde und 1 Hüte- junge gehalten, bei einem solchen von 180 ha 8 Instleute mit 16 Scharwerkem, 3 Mägde, 1 Wirtin, 1 Schäfer, 1 Schmied. Die Zahl der benötigten Arbeitskräfte ist naturgemäss nicht allein von dem umfang des Grundbesitzes, sondern auch von der Qualität desselben, sowie von der auf demselben herrschenden extensiven oder intensiven Bewirtschaftungsweise abhängig. Über das Verhältnis, in welchem die verschiedenen Ar- beiterkategorien der Zahl nach zu einander stehen, ist den Berichten nur zu entnehmen, dass von der Gesamtzahl der gewöhnlich gehaltenen Arbeitskräfte ausmachen: in Angerburg (2) in Lötzen Die in bäuer- auf auf auf lichen einem Gut einem Gut Gütern Wirt- von von schaften 180 ha 80 ha % % % % Instleute . . . 27 25 26,26 16,66 Scharwerker . . — — 58,33 — Deputanten . . — — 6.66 led. Gesinde . . 15 25 18,33 66,66 Losleute . . . 28 50 — Eigenkätner . . 30 — Htttejungen . . —' —' — 16,66 3. Arbeitszeit. Die Arbeit beginnt im Sommer in Lyck um 5 Uhr, in den anderen Distrikten um 6 Uhr morgens und dauert bis — 109 — 8 Uhr abends. Die während dieser Zeit gewährten Pausen schwanken zwischen iVf— 2V4 Stunden, sodass sich als durch- schnittliche Dauer der Arbeitszeit llV« — 13 Stunden ergeben, wie aus der Tabelle Anlage 3 zu ersehen ist. Die Leute jedoch, welche Pferde und Vieh zu besorgen haben, müssen schon kurz nach 4 Uhr in den Ställen sein. Über die gewöhnliche Zeit hinaus wird nur in der Ernte, und auch nur wenn Regen und Unwetter droht, gearbeitet, und hierzu sind die Arbeiter gern bereit, weil sie „eine kleine Entschädigung, mehr Lohn, oder wenigstens ein Glas Branntwein dafür bekommen, bezw. infolge des Dreschanteils auch selbst Interesse daran haben. Im Winter fängt die Arbeit in Angerburg (1 u. 2) mit Tagesanbruch an und endigt beim Eintritt der Dunkelheit; in den übrigen Distrikten ist Anfang und Ende fest be- stimmt: sie beginnt in Goldap 7 Uhr morgens, endigt 5 Uhr nachmittags ff n n '^y^^ * y> n » * » n „ „ „ Lötzen 8 „ „ „ 4 „ „ Das Vieh muss jedoch schon früher, bezw. später besorgt werden. Über die Länge der Pausen im Winter sind keine be- sonderen Angaben gemacht worden, doch dürften sich diese bei der Kürze der Arbeitszeit auf eine einstündige Mittags- pause beschränken. Die Frauen arbeiten 1 — 2 Stunden weniger; auf den Gütern des Distrikts Goldap gehen die Instmannsfrauen ge- wöhnlich nur nachmittags zur Arbeit. Klagen und Wünsche über allzulange Dauer der Arbeits- zeit werden nicht laut. Überanstrengungen sind ebenso unbekannt. „Die Arbeiter wissen sich zu schonen,** heisst es in dem Bericht aus Lyck. An Sonntagen werden für den Arbeitgeber nur die durch die Viehhaltung bedingten Arbeiten verrichtet, dagegen — 110 — fiiiid die Arbeiter gezwungen, die ihnen überwiesenen Äcker an diesen Tagen zu bestellen, da Urnen werktags keine Zeit dazu bleibt. lY. Abschnitt Arbeitsgelegenheit Im Sommer finden nicht nur alle einheimischen Arbeits- kräfte vollauf Beschäftigung, sondern reichen sogar zur Be- wältigung der sich bietenden Arbeitsmenge nicht aus. Auch die Zahl der aus Polen und Russland herbeigeholten Wandere arbeiter ist noch zu klein, um den Mangel an Arbeitskräften, der überall infolge der umfangreichen Abwanderung herrscht, zu decken. Die Folgen, welche der zeitweilige Arbeiter- mangel mit sich bringt, werden im Bericht aus Angerbui^ (2) mit folgenden Worten geschildert : „Infolge der Auswanderung ist hier der Arbeitermangel sehr gross und die Gesindenot eine unaussprechliche. Die Zurückbleibenden, welche ge- wöhnlich nicht die besseren sind, merken sehr bald, dass sie sehr gesucht sind, werden sehr anspruchsvoll, träge, un- zuverlässig, frech und widerspenstig, zeigen auch unter den besten Verhältnissen und bei guter Behandlung eine ganz unbegreifliche Unzufriedenheit und verlassen häufig vor Ablauf der Zeit ihren Dienst Die verheirateten Arbeiter, welche auch wissen, dass sie nicht entbehrt werden können und ihr Betragen darnach einrichten, sind, wenn auch nicht zuverlässig, doch unter Aufsicht immerhin brauchbar, und es giebt unter ihnen recht tüchtige Leute." Im Winter dagegen, wo die Feldarbeit ruht, zeigt sich das umgekehrte Verhältnis. Das Dreschen und die wenigen sonstigen Arbeiten werden mit den kontraktlich gemieteten Arbeitern bewältigt, für die Freiarbeiter aber bietet sich wenig Arbeitsgelegenheit und wenig Verdienst — 111 — innerhalb der Landwirtschaft, sie sind dann anf solche ausser- halb derselben angewiesen, die aber oft sehr knapp ist, oder doch nur kargen Verdienst liefert Am günstigsten sind diese Verhältnisse noch in Goldap und Angerbnrg (2); hier bietet sich auch im Winter Arbeits- gelegenheit in den Waldungen, an den Chausseen und zur Zeit der Schneewehen bei der Eisenbahn. In Lötzen finden „im Winter in der Begel nur Instleute Arbeit; während der arbeitslosen Zeit bekarren die Losleute Wiesen, roden Wald, madien Besen, Körbe, Holzschuhe, angeln, helfen bei der Fischerei, schaufeln Schnee, fahren Eis, zum Teil mit aus- reichendem Verdienst.** Den „wenigen" Freiarbeitem in Bastenburg (1) mangelt es gleichfalls an Arbeitsgelegenheit, zum Teil finden sie in Wäldern Beschäftigung mit geringem Verdienst. In Lyck, wo die winterliche Arbeitsgelegenheit eine „sehr mangelhafte ist, wird Holz gelesen, Schnee ge- schaufelt, Besen gebunden, Holzschuhe geschnitzt, alles nur zur grössten Notdurft" Hervorgerufen wird dieser Mangel an Arbeits- gelegenheit durch die ausgedehnte Verwendung der Dreschmaschine, welche die Heranziehung der Losleute zum Dreschen überflüssig macht, wie auch in dem Bericht aus Goldap mit folgenden Worten bestätigt wird. „Die An- wendung der Dreschmaschine hat die Möglichkeit eines Lohn- erwerbs während des Winters überall erheblich verringert." Die Berichterstatter, welche dies nicht zugeben wollen, kommen zu ihrer Anschauung durch die ausserhalb der Land- wirtschaft sich bietende Arbeitsgelegenheit, sowie durch den Umstand, dass infolge der Auswanderung die Zahl der Arbeiter verringert ist, wobei sie aber vergessen, dass die- selben gerade „aus Mangel an Lohnerwerb**, wie der Bericht- erstatter aus Lyck schreibt, den eben die Anwendung der Dreschmaschine bewirkt, wie auch von der Golz^) sagt, ihre Heimat verlassen. ^) y. d« Gola, Die ländliche Arbeiterklasse und der PrenBsisehe Staat. Jena 1898 pag. 145. 112 Y. Abschnitt Die einzelnen Arbeiterkategorieen in ihren Bezügen. 1. Das Gesinde. Die dem ledigen Gesinde gezahlten Jahreslöhne sind in der Tabelle Anlage 4 zusammengestellt. Bedauerllclierweise bestehen sie mit Ausnahme des Distrikts Goldap nur in reinem Geldlohn, welcher bei den Knechten zwischen 60 und 120 M., bei den Mägden zwisdien 50 und 100 M. schwankt, und sich nach Alter und Leistung richtet Auf den Gütern ist der Lohn meist höher als bei den Bauern. Die dem Gesinde angewiesenen Schlaf räume sind zwar sehr primitiv, für die bescheidenen Anspräche aber als genügend, vereinzelt auch als gut zu bezeichnen. Die Knedite schlafen im Pferde- oder Viehstall, und im Sommer auf dem Heuboden, die Mägde auf Gütern in der Gesindestube, in den bäuerlichen Wirtschaften in einer Kammer. Auf den Gütern des Distrikts Goldap „haben die Mägde eine Schlafstube und noch einen Baum zur Aufbewahrung der Sachen." Die Kost, welche das Gesinde bekommt, ist reichlich, kräftig und gut; während sonst immer berichtet wird, dass das Essen bei den Bauern besser sei, als auf den Gütern, weil das Gesinde dasselbe bekommt, was der Bauer isst, und bisweilen auch mit ihm am Tische sitzt, wird aus Anger- burg (2) geschrieben: „Die Herrschaften geben reichliches Essen, Brot in Fülle und zweimal in der Woche Fleisch. Bei den Bauern ist das Essen schlediter, doch wohl genügend.^ Einstimmig wird aber berichtet, dass das Gesinde weit bessere Kost bekommt als die Arbeiter aller anderen Kategorieen, — 113 — namentlich die Loslente gemessen. Sie nnterscheidet sich von dieser besonders dnrch den grösseren Eonsnm an fleisch imd Brat. Fleisch giebt es wöchentlich 2 — 3 mal und an Brot erhalten die Knechte 10—12, die Mägde 8—10 Pfnnd pro Woche. Speck, Fische, Heringe, Kartoffeln, Butter, Gemüse, Sanerkohl, Beeten, Erbsen, Milchsuppen sind ihre anderen hauptsächlichsten Nahrungsmittel. Über das Einkommen der verheirateten Knechte stehen keine Angaben zur Verfügung. 2. Insfleufe und Deputanfen. Die den Instleuten und Deputanten zur Verfügung gestellten Wohnungen sind in den beiden ersten Teilen dieser Arbeit hinlänglich besprochen worden. Da dieselben Verhältnisse auch hier herrschen, verweise ich auf das dort Erwähnte. Das Einkommen eines in dauerndem Kontrakt stehenden Instmannes mit Familie ist in Angerburg (2) folgendes: „Die Wohnung, die 30 — 60 M. wert ist, hat er frei. Dazu kommen 180 □-Ruten und mehr Ackerland, davon 120 Q Ruten mit herrschaftlichem Dung, der Rest mit eignem, den sie voö Schweinen etc. haben. Dieses Land wird eben- falls mit herrschaftlichem Gespann bearbeitet und trägft wenigstens 40 Centner Kartoffeln, Rüben, Gemüse, Lein, selbst Tabak, üb^haupt im Allgemeinen alles, was die Familie braucht und ist für den Instmann frei von Lasten. Auf den Gütern besitzt der Instmann 1 Kuh, oder wenn er keine hat, erhält er täglich 2 Liter Milch. — Bei den kleinen Besitzern darf er sich 1 Kuh oder 5 Schafe halten, die im herrschaftlichen Stall vom Besitzer gefüttert werden. Der Dung bleibt dem Besitzer. — „Die ordentlichen InsUeute schaffen sich in wenigen Jahren eine Kuh an, die unordent- lichen, trunkenen nie." An barem Geld erhält der Mann im Sommerhalbjahr 30 M., im Winter arbeitet er gewöhnlich 30 Tage auf Tage- 8 — 114 — lohn und erhält pro Tag 0,30 M., die übrige Zeit drischt er Getreide und verdient, da im Winter mit dem Flegel gedroschen wird, den 8.— 10. Scheffel; zur Saat etc. wird mit der Maschine gedroschen und dann fällt der 15. Scheffel an ihn; er verdient ca. 25 SchefEel, bei den Besitzern mehr, bei den Bauern weniger. Ausserdem erhält er: 10 Scheffel Boggen, 1 „ Erbsen, 2 „ Gerste, 2 „ Hafer. Die Frau, welche in der Regel nur im Sommer arbeitet, erhält pro Tag 0,40 M. Bei den Gutsbesitzern muss der Instmann noch einen Scharwerker halten, für den er im Sommer 0,30 M. im Winter 0,20 M. bezieht. Als Brennmaterial erhält der Instmann 6000 Stück Tori, 4 Fuder Klobenholz oder 10 Fuder Sprock (Äste), die ihm der Herr anfahren lässt. Der Instmann ist frei von Abgaben und Lasten, die der Herr trägt. An Jahrgeld, Geschenken, Ernte- und Trinkgeld erhält er jährlich etwa 10 M. Der Transport von einer Dienststelle zur andern wird vom Herru geleistet, und der Instmann ist ganz frei von Kosten dafür. Auch erhält er einige freie Tage von der Arbeit zum Marktbesuch. — Endlich mästet sich der Instmann noch ein par Schweine im Jahr, die er teils selbst schlachtet, teils verkauft und dafür ungefähr 120 M. jährlich einnimmt. Dann verkauft er auch Kälber, die er selbst gezogen hat, „pflegt die Kuh, ver- kauft sie mit Vorteil und kauft sich eine bessere, sodass er mehr heraufkommt.** — Dieses ist die Einnahme einer Arbeiterfamilie bei einem Gutsbesitzer. Die Bauern geben etwas weniger, aber immer Genügendes. — „Beim Gutsbesitzer muss der Arbeiter aber auch bedeutend mehr leisten, und deswegen gehen die fauleren schlechteren zu den Bauern; die fleissigen, ordent- lichen, nüchternen Leute verschönem ihre Wohnung, bearbeiten — 115 — ihren Acker gut, halten und erziehen ihre Kinder gut and bringen trotzdem noch 40 — 60 M. auf die Sparkasse. Die trunkenen, faulen dagegen, kommen nie zu etwas/' Hiemach wäre also das Einkommen eines Instmanns, wenn auch nicht so reichlich, dass er sich in einigen Jahren ein kleines Vermögen erwerben kann, doch gross genug, um den Unterhalt seiner Familie bestreiten zu können. Von ihm selbst, und vor allem von der Wirtschaftlichkeit seiner Frau hängt es ab, ob er in geordneten Verhältnissen leben, sich einige Spargroschen zurücklegen kann, oder ob Armut und Elend bei ihm herrschen. Die Bezfige des Instmanns sind nicht überall die gleichen. Die in den einzelnen Distrikten vorkommenden Abweichungen sind aus der Tabelle Anlage 5 ersichtlich. Seit Ende der 40er Jahre sind ziemliche Änderungen in diesen Löhnen eingetreten. Die Landanweisung ist be- deutend reduziert worden, denn während früher das EartofEel- land eine Ernte von 80 Scheffel brachte^\ liefert es jetzt etwa die Hälfte. Der Drescherlohn ist da, wo er noch be- steht, derselbe geblieben, vielfach aber ist er in ein festes Deputat umgewandelt worden, das aber dem ausgefallenen Dreschermass nicht vollständig entspricht Die ausserdem gewährten Getreidedeputate sind noch dieselben. Hin- sichtlich der Kuhhaltung hat sich nichts geändert; die freie Weide für Schweine — früher für deren 4 — ist ganz ein- gezogen worden, und während früher 4 Schafe weidefrei waren, wird jetzt nur noch in Lötzen für deren 2 freie Weide und Winterfutter gegeben, sonst aber nur, wenn die Schafe an Stelle der Euh treten. Der Barlohn hat eine ganz bedeutende Steigerung erfahren — früher erhielt ein „Morgner oder Gärtner" fünf Rthlr. pro Jahr, seine Frau, die verpflichtet war, täglich zur Arbeit zu kommen, 1 Sgr. 4 Pf. pro Tag — und dadurch werden die Abzüge wieder wett gemacht. ^) Nach y. Lengerke, die ländliche Arbeiterfrage. BerUn 1849 pag. 48. 8* — 116 — Die vom Instmann seinem Scharwerker gezahlten Barlöhne sind in der Tabelle Anlage 6 znsammengestellt Sie sind meist Tagelölme und schwanken zwischen 0,25 nnd 0,50 M. Abgesehen von dem Distrikt Lötzen, wo ein Jahres- lohn von 45—60 M. gegeben wird, sind diese Löhne hier bedeutend höher als in den anderen Teilen der Provinz, was durch den grossen Mangel an Scharwerkem bewirkt wird, welcher hier herrscht. Kost erhält der Scharwerker am Tische seines Instmanns und bekommt infolgedessen dasselbe, was dieser isst. Als Schlafraum dienen dem Scharwerker, entweder die Kammer, oder wo diese fehlt, oder zu anderen Zwecken be- nutzt wird, Haus- und Heuboden, im Winter jedoch schläft er meist mit in dem gemeinsamen Zimmer auf einem Stroh- sack oder mit Kindern zusammen in einem Bett. Die Bezüge eines Deputanten, dessen Frau zu Arbeit verpflichtet ist, bestehen in Angerburg (1) durchschnittlich in Folgendem: Bar 100 M. 20 Scheffel Boggen 1 „ Weizen 8 ,, Erbsen 8 „ Gerste 3 „ Hafer 0,25 ha Acker zu Kartoffeln und Lein incl. Beackerung. 1 Kuh — freie Weide und Fütterung freie Anfuhr des Brennmaterials Die Frau 0,80 bis 0,40 M. Tagelohn. Hat die Familie einen Scharwerker, so erhöht sich das Naturaldeputat entsprechend neben dem Tagelohn für den- selben. 3. Freiarbeiter. Der Lohn der Freiarbeiter — der Losleute und Eigenkätner — ist, abgesehen von dem ihnen in Lyck ge- währten. Eartoffelland, im Gegensatz zu dem anderer Arbeiter- kategorieen, reiner Tagelohn. Mit diesem zusammen bilden. — 117 — die Erträge aus der eigenen Wirtschaft das Jahreseinkommen einer solchen Arbeiterfamilie. Über die in den einzelnen Distrikten gezahlten Barlöhne giebt die Tabelle Anlage 7 Auskunft. VoU beköstigt werden nur die Losleute bei den Bauern in Lyck, wenn sie ihre Scharwerkstage ableisten. Teilweise Beköstigung dagegen, bestehend in Grossfrühstäck und Vesperbrot, — ein Glas Branntwein und ein gutes Stück Brot (Angerburg 2) — wird während der Ernte überall ge* geben. Bei andauernder Beschäftigung beträgt der bare Sommerlohn der Männer, wenn sie keine Eost erhalten 1 — 1,50 M., bei teilweiser Kost 0,60 — l M., der Winter- lohn in Lyck 0,60 M., bezw. 0,26 M., in Lötzen bei teilweiser Beköstigung 0,60—0,80 M. Die Frauen, soweit sie nicht die Stelle eines Schar- werkers vertreten, helfen meist nur während des Sommers in der Landwirtschaft und bekommen dann 0,80 — 1,00 M. ohne Kost und 0,^50—0,80 M. nebst teilweiser Kost. Im Winter bekommen sie in Lötzen 0,60 M. bei teilweiser Be- köstigung. Der Lohnerwerb der Frauen soll Vi— V« von dem des Mannes betragen. Sind die Männer nur zeitweise beschäftigt, so verdienen sie bei teilweiser Beköstigung im Sommer 1 — 1,50 M., im Winter 0,60—0,80 M. In Lötzen wird in Bezug auf die Löhnung kein Unter- schied gemacht, ob die Leute dauernd auf demselben Gute arbeiten, oder nur zeitweise. „Angaben über das Jahreseinkommen solcher Familien sind^ nach dem Bericht aus Angerburg (2) „nicht möglich gewesen, da sie es selbst sieht wissen." Die Brträge ans der eigenen Wirtaehalt sind naturgemäss von dem umfang derselben, sowie von def QpalitSt des^ Bodens abhängig. Der Grundbesitz der Eigenkätner erstreckt sich auf 3— S ha. Sie bestdien äa Laaid namentUch Hiit Kartoffeln — 118 — imd ernten etwa 50 — 80 SchefEel, vom Morgen (Lyck), 50 bis 100 Scheffel in Lötzen. Femer bauen sie Koggen, Gerste, Hafer und Lein, teilweise auch Gremüse. An Roggen erzielen sie 5 — 8 Scheffel, an Gerste 10—15 und an Hafer 12 — 14 SchefEel pro Morgen. Die Losleute ernten auf dem zur Wohnung gehörenden nur wenige Quadratruten umfassenden Acker den nötigen Bedarf an Kartoffeln. Sind die Erträge auch nur selten so gross, dass sie Verkauf gestatten, so gewähren sie doch ausser dem zum Unterhalt der Familie nötigen Quantum, das Futter für die kleine Viehhaltung, welche bei den Losleuten meist nur in einem Schwein besteht. Die Eigenkätner haben zum mindesten 1 — 2 Schweine und einige Hühner, viele eine Kuh, manche auch 2 — 3 Schweine. Akkordarbeit findet im ganzen Berichtsgebiet nur aus- nahmsweise statt. — in Angerburg (2) „nur im Walde beim Holzfällen, beim Torfstechen und Grabenziehen — und wird von den Arbeitern trotz des hohen Verdienstes — bis 3 M. pro Tag — auch nicht begehrt; sie ziehen die Arbeit auf Tagelohn vor, „weil sie da nicht so scharf zu arbeiten brauchen." Diese Löhne haben seit Ende der 40er Jahre eine ganz bedeutende Steigerung erfahren, denn damals betrug der Tagelohn für den Mann 4 — 5 Sgr., in der Erntezeit 6 Sgr., für die Frau 2Vt— 3Vt Sgr.^ 4. Wanderarbeifer. Betreffs der Bezüge der Wanderarbeiter beschränken «ich die Angaben der Berichte nur auf die Urnen gewährte Unterkunft. Sie schlafen in Lötzen in der Scheune oder auf dem ^) G. y. Leng^erke, Die ländliche Aibeiteifrage. Berlin 1849 pag. 99. — 119 — Heuboden; in Angerburg (2) „werden sie bei den Instleuten untei^ebracht, der Mann bei dem einen, die Frau bei dem andern^. Der Lohn, den sie ausserdem empfangen, ist zweifeUos derselbe wie der der Preiarbeiter. Materiell am besten gestellt sind nach Ansicht der Referenten, wie auch der Arbeiter, die Instleute, weil sie das ganze Jahr hindurch Lohnerwerb und bei guten Ernten reichlichen Verdienst haben. Trotzdem ziehen die Arbeiter des Distrikts Lyck, welche „bedürfnislos und schlafE*' sind, die freie Arbeit vor. Schlussbetraohtung. Das beste Bild von der materieUen Greaamtlage der Arbeiter bietet die Art und Weiae^ in welcher sie ihre Lebensbedürfnisse, namentlich ihren Nahrangsbedarf befriedigen. Über die dem Gesinde von seinem Arbeitgeber verabreichte Kost ist bereits gesprochen worden, zn betrachten wäre noch die landesüblidie Ernährungsweise der sich selbst be- köstigenden Arbeiter. Die verschiedenen Arbeiterkategorieen onterscheiden sich in ihrer Ernährungsweise nach Ansicht der einen Refe- renten nicht voneinander, nach Ansidit der andern wieder, können die InsÜeute und Deputanten, weil sie eine Kuh halten dürfen, einen besseren Tisch fähren, als die Freiarbeiter. Im Vergleich zu der Ernährungsweise der Bauern und Industrie- arbeiter ist die Ernährung der Landarbeiter insofern eine schlechtere, als diese weniger Fleisdi, Milch, Butter und Eier konsumieien können, da sie grosses Gewicht auf den Verkauf dieser Nahrungsmittel legen müssen, um ihre Bar- ausgaben decken zu können. Als das Hauptnahrungsmittel wird in einer grossen Anzahl der Berichte die Kartoffel genannt: „Die Kartoffel ist und bleibt das Brot des armen Mannes (Heiligen- heilV „selbige wird bis 3 mal auf den Tag gekocht, Kartoffeln zu Mehlspeisen, Kartoffeln zu Kohl, Kartoffeln zu Erbsen, Kartofleb zu Grütze und Reis und so in den ver- schiedenen Zusammensetzungen (Orteisburg)/' Wo dies nicht besonders hervorgehoben ist, geht es aus dem umstand hervor, dass bei Aufzählung der Hauptnahrungsmittel fast in allen Berichten die Kartoffel an erster Stelle, oder doch wenigstens vor dem Brot genannt wird. — 121 -- In einzelnen Distrikten richtet sich der Eartoffelver- branch nach dem Ausfall der Ernte. „Ist die EartofEel gut geraten, so überwiegt der Eonsnm an Kartoffeln, im umge- kehrten Fall der Brotkonsum. Nur aus Mohrungen (2) wird belichtet, dass der Verbrauch an Kartoffeln abgenommen, und der Brotkonsum zugenommen habe. Aus anderen Kreisen wird geschrieben, dass sich der Brotkonsum nach den Schwankungen der Roggen- und Brotpreise richte. In Königsberg (l) werden monatlich 2 — 2Vt Scheffel Roggen zu Brot verbacken, in Pr.- Eylau (2) und Rastenburg nur etwa iVi Scheffel. Als wöchent- licher Brotkonsum einer Person werden in Lötzen 15 Pfund (?) in Gumbinnen (1) 12 Pfund, in Königsberg (2) lOV« Pfund an- gegeben. Weit hinter diesem Konsum bleibt derjenige in den Distrikten Fischhausen (1) und Osterode zurück, in diesem be- trägt er unter normalen Verhältnissen im Durchschnitt etwa 3*/i Pfund pro Person und Woche, in jenem muss sich „eine Fa- milie von 8 Personen wöchentlich mit ca. 20 Pfund" begnügen. In Lyck wird Brot nicht regelmässig gegessen", und in Mohrungen (3) „muss bei grösserer Familie mit Brot sehr gekargt werden." Brotsurrogate sind nicht besonders beliebt, sie werden nur wenig verwandt, und zwar nur von den ärmsten Arbeitern ; als solches dient dann die Kartoffel, welche in den Brotteig hineingearbeitet wird. Der Fleischkonsum beschränkt sich meist auf das, was eingeschlachtet worden ist, und ist daher im Winter meist grösser als im Sommer. Sie schlachten ein Schwein, selten deren 2, vereinzelt auch l — 2 Schafe, l Ziege, einige Oänse, ab und zu auch ein Huhn. Frisches Fleisch wird selten gekauft, meist nur an Sonn- und Feiertagen. In Mohrungen giebt es 2 — 4 mal, in Gumbinnen und Fisch- hausen (2) 3 mal, in Insterburg 2 mal und in Königsberg (2\ wo man das aufgezogene Schwein lieber verkauft, als es selbst schlachtet, selten mehr als 1—2 mal die Woche. In Pr.-Bylau (2) „geniesst die überwiegende Anzahl der Arbeiter wöchentlich nur 1 mal Fleisch," in Lyck „nur Sonntags" und in Lötzen „fast gar nicht;" und in Mohrungen (3), „wo nur manche — 122 — Familieii em Sdiwein sddachtai, n^im^ iosserst selten Bleiscli gegewieiL'' Ans Ffsdüumaen (1) wird besöglidi des Fleisch- konsmiiB gesdiiieben: ,^dscli könnoi sich die Arbeiter nnr besdiaffieD, wenn sie die Tiere selbst aoMdien; ca. 20n; der Arbeiter sddachtea ein Schwein, die übrigen sind zufrieden, wenn sie im Sommer Eartoffdn nnd Sedlsdie, im T^nter Kartoflfefai nnd Heringe haben.^' In Osterode, wo ,4iicht ein- geschlachtet wird, essen die Arbeiter wöchentlich änmal Fleisch, oft wird zn billigerem Preise yon solchem Vieh gekauft, welches bei Krankheit im letzten Augenblick noch geschlachtet ist'* Die traurigsten Verhältnisse aber herrschen in dieser Beziehung in Fisch- hausen (3) und Heiligenbeil; in jenem Distrikt „haben die Arbeiter mit Ausnahme des Erähenf leisches nie Fleisch- kost, und in diesem „giebt es bei den Arbeitern eigentliche Fleischkost überhaupt nicht, und kann der Arbeiter beim besten Willen auf den Ankauf von Fleisch zur Nahrung yon seinem Arbeitsyerdienst keinen Pfennig verwenden." — An Stelle des Fleisches treten Heringe und Speck. Von den Cerealien werden hauptsächlich Erbsen, Graupen und Beis, wenig Bohnen, Linsen und Grütze kon- sumiert. Butter und Käse werden nur sehr wenig, nnd zwar auch nur yon solchen Arbeitern gegessen, welche sich selbst eine Kuh halten dürfen, bezw. können. Kaffee ist allgemeines Bedürfnis, wird aber nie rein getrunken, sondern stets stark mit Surrogaten, gebranntem Roggen, Gerste oder Buchweizen vermischt, oder auch nur aus solchen bereitet Im Distrikt Königsberg (3) setzt sich die durchschnitt- liche Tageskost etwa folgendermassen zusammen: Des Morgens: Gerstengrütze oder eine Mehlsuppe von Roggen- mehl, Mus genannt, mit Milch, Speck oder Schmalz an- gemacht und ein Stück Brot. Sonntags süsser Kaffee. Zum sogenannten Kleinmittag, etwa um to ühr: Ein Stück Brot, häufig mit Butter oder Schmalz gestrichen; ein Schnaps darf dabei nicht fehlen. — 123 — Des Mittags: Mit Speck gebratene Kartoffeln, oder Kartoffeln mit Speckscheiben, Spirkel genannt, oder Gemüse mit Speck oder Schmalz angemacht, Erbsen, Klösse mit Speck nnd jedesmal eine Snppe, im Sommer mit Milch angemacht nnd Brot dazn. Sonntags Fleisch. Zn Vesper: Milch oder Milchsnppe mit Brot. Sonntags Kaffee. Zn Abend: Kartoffeln mit Hering oder Erbsen nnd jedesmal eine Suppe." In Goldap bilden die Hanptkost der Loslente, besonders im Winter: Kartoffel-Mehlsuppe nnd Grütze." Branntwein ist ein allgemeines Bedürfnis fast aller Arbeiter, wird aber von Freiarbeitem viel reichlicher genossen, als von den InsÜenten. Der tägliche Konsum beträgt meist Vi— Vt Liter, doch sind Leute, welche es täglich bis auf ein Liter und noch mehr bringen, nicht gerade eine Seltenheit. Während die meisten Berichterstatter konstatieren, dass der Branntweingenuss infolge der erhöhten Steuer abgenommen habe, widersprechen diesen andere, ja es wird sogar behauptet, dass dadurch nur die Ausgaben gesteigert worden wären. Frauen trinken wohl auch Branntwein, doch nur wenig, aller- dings fehlt es auch unter ihnen nicht an notorischen Trinkern, wenn sie auch nur selten sind. Grösseren Kindern wird bei der Arbeit gleichfalls Schnaps vom Arbeitgeber verabreicht. Auch wird berichtet, dass der Branntwein zum Einschläfem kleiner Kinder verwandt wird. Wenn auch der Bierkonsum (meist Braunbier) namentlich da, wo der Branntweinverbrauch geringer geworden ist, zugenommen hat, so wird doch noch ziemlich wenig getrunken, da es verhältnismässig teuer und dabei oft nicht gut ist. ZumEinkaufvon Bedarfsgegenständen, wie Heringe, Branntwein, Bier, Mehl, Brot sowie Kolonial- und Material- waren, benutzen die Arbeiter vorzugsweise die sich fast in jedem Orte findenden Kramläden. Kleidungsstücke und Gegen- stände für die Hauseinrichtung besorgen sie sich an Markt- — 124 — tagen in der nächsten Stadt. Der Haasierbandel, der im Eegienmgsbezirk Königsberg verbreiteter ist als im Begienmgs- bezirk Gumbinnen, versieht sie mit Enrz- nnd Wollwaren, mit Fischen, Semmeln nnd dergl. Von „Bfindeljuden^' werden sie zu Ausgaben beschwatzt, die sie sonst nicht machen würden. Von einer Ausbeutung der Arbeiter seitens der Krämer wird nirgends berichtet Das Brennmaterial erhalten die Instleute und Depu- tanten meist von ihrem Arbeitgeber geliefert, oder bezieben Holzgeld, während es sich die Freiarbeiter fast überall selbst beschaffen müssen, indem sie Holz kaufen; ihre Frauen und Kinder sammeln im Winter dürre Äste und tragen sie auf dem Bücken nach Haus. Für das Roden erhalten sie auch bisweilen Stubben und Beisig. Holzdiebstahl seitens der Freiarbeiter wird fast aus sämtlichen Distrikten gemeldet. Den Torf, den sie sich kaufen oder erarbeiten, stechen sie sich selbst. Die Anfuhr des Brennmaterials bedingen sie sich oft von einem Bauer gegen Scharwerkstage aus. Die Wohnungen d^ Kontraktarbeiter sind bereits be- sprochen worden. Es bleibt noch übrig, diejenigen der Ein- lieger kurz zu berübren. Die Einlieger mieten sich von den Bauern meist ein Zimmer und einen Stall, selten auch eine Kammer. Diese Zimmer sind von derselben Beschaffenheit und mit denselben Mängeln und Fehlem behaftet wie die in den Insthäusem, da einerseits die Bauern wenig daran thun, andererseits die Freiarbeiter sehr wenig Wert auf dieselben legen, und ihres knappen Verdienstes wegen nur auf die Billigkeit derselben sehen können. „Das Billigste ist ihnen das Beste. "^ Daher kommt es vor, dass 2 Familien in einem Zimmmer wohnen, „der Mietserspamis halber" &> der Beferent aus Königsberg (4), in Wirklichkeit aber, wohl aus wirtschaftlichem Unvermögen, aus Not. Da mit einer solchen Wohnung audi in der Begel ein StAdk Oarten- und Kartoffelland gepachtet wird, so hängt A^ Mietspreis nicht allem von der Grösse d^ Wohnung, sondern — 125 — auch vom Umfang dieses Landes ab, und schwankt zwischen 24 nnd 50 M, pro Jahr. In einigen Distrikten ist der Prei& jedoch bedeutend höher, so kostet in Fischhausen „i Stube jährlich 60 M., Stube und Kammer jährlich 80 M.," und im Kirchorte des Distrikts Königberg (3) Wohnung nebst einem Morgen Kartoffelland bis 100 oder 108 M. Der Mietzins wird meist nicht vollständig in barem Geld gezahlt, sondern ein Teil desselben wird durch Leistung von sogenannten „Scharwerkstagen" abgearbeitet. Gespart wird von vielen ordentlichen Arbeitern, namentlich von Instleuten und Deputanten, auch von Mägden, ja selbst von den Knechten. Die Unverheirateten sparen für ihre Ausstattung, Verheiratete um sich ein Grundeigentum kaufen zu können, zur Beschaffung von Hausgerät, zur Aus- stattung ihrer Kinder, fflr Krankheitsfälle, Alter und Beerdigung. Wenig, ja meist gar nicht, kommen Binlieger zum Sparen, weil ihr Verdienst zu knapp. Über das Familienleben der Arbeiter lässt sich folgendes sagen: Die verschiedenen Kategorien der Land- arbeiter rekrutieren sich fast sämtlich aus ihrem eigenen Stande; ihre Eltern waren auch Landarbeiter. In vereinzelten Fällen sind es auch frühere Bauern, die ihre Gründstücke eingebüsst. Bei Schliessung der Ehe beträgt das durchschnittliche Alter des Mannes 24—26, das der Frau 21- 23 Jahre. Die meisten Arbeiter heiraten gleich nach Ableistung der Militärpflicht, manche sogar schon vorher. Die Altersdifferenz verschwindet auch bisweilen, ja es kommt vor, dass die Frauen älter sind. Dies kommt hauptsächlich daher, wie von der Goltz sagt,*) dass die Männer bei der Wahl ihrer Frauen darauf zu sehen pflegen, dass dieselben kräftig, gesetzt und einigermassen zu- verlässig sind; solche Personen finden sie aber eher unter den älteren, als unter den jüngeren Mädchen. Die Bauern- ^) V. d. Goltz, die ländliche Arbeiterfrage und ihre Lösung. Danzig 1872 pag. 30. — 126 — söhne schreiten im Allgemeinen in etwas reiferem Alter zur Ehe, es sei denn, dass sie frühzeitig das väterliche Gut zu übernehmen haben oder in ein anderes Gut einheiraten. Die Bauemtöchter dagegen, besonders wenn sie Vermögen be- sitzen, heiraten oft schon vor erlangter Mündigkeit. Die kirchliche Einsegnung ist überall die selbstverständliche Regel. Wilde Ehen kommen wohl vor, aber nur selten und dann meist aus wirtschaftlichen Gründen. — Weiber, die einen Witwer heiraten wollen, ziehen oft schon Wochen vor der Heirat zum künftigen Mann, denn „er könnte sich nicht länger allein behelfen". — Femer wird eine solche üngehörigkeit von Witwen begangen, welche eine rechtmässige Ehe nicht wieder eingehen wollen, um nicht dadurch ihre Witwen-Pension zu verlieren. Die Arbeiter selbst billigen das Konkubat im Allgemeinen durchaus nicht, sondern halten es für anstössig. Dauert es hier und da unter ihren Genossen zu lange, so sollen sie es sein, welche dem Pfarrer Anzeige erstatten. Doch giebt es auch Leute, welche nichts Unsittliches daran finden. Über den Verkehr junger Leute beiderlei Geschlechts untereinander kann leider nichts Gutes berichtet werden. Anticipation des Ehelebens ist die Regel; das Gegenteil davon ist die Ausnahme. Die Liebesverhältnisse werden sehr früh- zeitig angeknüpft. Sogenannter Brautstand und Anfang des Geschlechtsgenusses ist bei ihnen identisch ; die Braut fesselt dadurch den Bräutigam am sichersten an ihre Person. Die Veranlassung zu diesem unsittlichen Verkehr sind nach Ansicht einiger Referenten Leichtfertigkeit und Sinnes- lust; ferner tragen mangelnde Wohnungs Verhältnisse dazu bei Schliesslich bringt schon der langjährige Verkehr am gleichen Ort, oft genug im gleichen Dienst viel versuchungsreiche Gelegenheit zum Falle mit sich. Der verführende Teil sollen häufig die Mädchen sein; sie thun es, um sich einen Mann zu sichern. Die Arbeiterschaft hält dieses Vorwegnehmen der Ehe für unschuldig und recht. „Wenn sie sich nur heiraten, dann schadet es ja nichts", so lautet auch hier, wie überall — 127 — in den unteren Schichten der Bevölkerung die laxe Moral. Die Eltern selbst dulden meist diese Unzucht und beruhigen sich hierüber, „wenn sie sich nur heiraten'*; ja oft genug unterstützen sie diesen Verkehr, „um die Tochter in die Ehe zu bringen." Dass dann bei solchen Umständen eine Herr- schaft nicht dagegen zu kämpfen vermag, liegt klar auf der Hand, da „das Gesinde bei energischer Zurechtweisung ein- fach fortlaufen würde." Die Folgen dieses unmoralischen Verkehrs äussern sich in der grossen Zahl der unehelichen Geburten — 10—13% (Angerburg) — . Die Durchschnitts- ziffer der Provinz mit 9,9% überragt den Durchschnitt des Eeiches um 0,7%. Führt dieser unreine Brautstand auch meistens zur Ehe, so kommt es doch häufig genug vor, dass der Bräutigam die Braut sitzen lässt, „weil er in anderem Dienst eine andere gefunden hat" Nach der kirchlichen Trauung leben die jungen Gatten immer zusammen, es sei denn, dass der Herr Gemahl erst seiner Militärpflicht ge- nügen muss, oder dass Beide, wenn die Ehe noch schnell ge- schlossen wurde, um dem in Aussicht stehenden Kinde die bürgerlichen legitimen Rechte zu sichern, erst ihre kontrakt- lich eingegangene Dienstzeit abdienen müssen, oder auch, dass sie noch keine Wohnung gefunden. In äusserst seltenen Fällen sind es wirtschaftliche Gründe, welche Eheleute ört- lich von einander trennen. Die eheliche Treue wird fast aus- nahmslos gewahrt. „Der Ehebruch gilt als schmachvoll und wird nur ganz selten, von ganz gottvergessenen und ver- wahrlosten Leuten begangen." Das Zusammenwirken der einzelnen Familienmit- glieder zum gemeinsamen Unterhalt ist wirtschaftlich am erfolgreichsten bei Deputanten und Instleuten. Die Männer gehen mit ihren erwachsenen Söhnen das ganze Jahr hindurch zur Arbeit, die Frau dagegen meist nur im Sommer: Bezüglich der Stellung der Frau im Hause lassen sich bei den ländlichen Arbeitern kaum Unterschiede erkennen. Mitzuarbeiten ist die Frau in allen Arbeiter- steUungen berufen, hier mehr ausser dem Hause durch Tage- — 128 — lohn, dort mehr im Hause. Bei den Freiarbeitem und Guts- instleuten ist die Frau vorwiegend in der eigenen Wirtschaft tbätig, es trachten aber auch diejenigen Instleute, welche in kleinbäuerlichen Wirtschaften arbeiten, danach, die Frau für die eigene Hausthätigkeit frei zu halten. Auch die Frauen selbst ziehen die Hausarbeit der Lohnarbeit vor, weil sie dann für ihren eigenen Haushalt thätig sein können, denn die Beschäftigung einer ordentlichen Frau in der eigenen Wirtschaft wirkt sicher auf die Gestaltung des Budgets günstiger als die Lohnarbeit. Die Pflege und Erziehung der Kinder, die regelrechte Ver- sorgung der Haustiere, das Instandhalten des Gartens, das Braken, Schwingen und Hecheln des Flachses, im Winter die Herstellung von Wäsche und einem Teil der Kleidung, wenn die Frau noch zu denen gehört, die diese häuslichen Künste von ihrer Mutter gelernt haben, neben den auf die Ernährung der Familie gerichteten Haushaltungsgeschäften, dies alles erfordert ihre voUe Kraft und Thätigkeit und hat weit mehr Wert, als der eventuelle Tagelcdm. Unbedingt nach- teilig wirkt die Lohnarbeit der Frau auf die Kindererziehung ein. Gewöhnlich führt die Frau die Kasse, sie giebt dem Manne das zu seinen speziellen Bedürfnissen Erforderliche heraus, und sie ist es, welche den Spargroschen bei Seite legt. Wo die Frau sich dieses Amt zu wahren versteht, da ist ihr Ansehn gesichert. Ist eine Frau arbeitsam und spar- sam, reinlich und freundlich, versteht sie es, ein sdimack* haftes Essen zu bereiten, die Kinder zu erziehen, dann fesselt sie den Mann an das Haus, er fühlt sich wohl in seinem bescheidenen Stübchen. Eine träge, liederlidie und ungeschickte Hausfrau dagegen madit den Mann ver- djiesslich und treibt ihn ins Wirtshaus, weil er zu Hause nichts findet, als eine finstere kalte schmutzige Stube, un* geniessbares Essen, unfreundliche Worte, ein mürrisches Gesicht und abstossendes Wesen und Gebahren. — Ein nicht gerade günstiges Urteil fällt der Berichterstatter aus Lyck über die Frauen; er sagt: „Die Frau ist zu wenig die ord- nende Hausfrau; im Ganzen sind die Männer für Arbeit und — 129 — Ordnxmg (Militärdieiigt) tficbtiger; dies ist der Hanptgrafid zu Yielen nnglttcUichen Ehen." Die Zahl der Kinder betrftgt dnrchsdinittlieh 4 — 6, nur wenige Kreise weichen nnbedentend davon ab. Die höchste Dnrchfidmittszahl 5 — 10 hat Mobmngen, die niedrigste 3—4 Pr.-Eylau. Wenn man bedenkt, dass die ostprenssischen Ar- beiter gesnnde kräftige Personen sind, nnd dass gar yiele schon vor ihrer Yermfthlimg im Besitze von i — 2 Kindern, zvweilen auch von noeh mehr, sind, so erscheint die oben angefahrte Durchschnittszahl viel zu gering. Dies ist wohl dadurch zu erklären, dass die Berichterstatter nicht die Zahl der geborenen Kinder überhaupt, sondern nur die der am Leben bleibenden angeben. Ich komme zu diesem Schluss, weil sämtliche Berichte sagen, dass dn Bestreben, die Kinder- zahl einzuschränken, bei den Arbeitern nicht zu bemerken ist. Der Referent aus LStzen wirft dies „nur einzelnen Bauern" vor. Allerdings werden bisweilen „viele Kinder für eine Plage gehalten", und „die Trauer übetr ein gestorbenes Kind ist bei grosser Kinderzahl in der Eegel nicht gross." Die Ai^abei über die Kindersterblichkeit sind so un- genau gebalten, dass man dieselbe nidht ziflemmässig fixieren kann; doch lässt sich daraus entnehmen, dass sie eine sehr grosse ist. Diese Erscheinung beruht darin, dass die Frauen noch kurz vor ihrer Niederkunft schwere Arbeit verrichten, und ebenso zu bald nach derselben, obwohl sie von ihrer Herrschaft oft wochenlang davon befreit werden, denn sie sagen: „der arme Mensch kann nicht so lange liegen und sich schonen wie der reiche." Femer sind Schuld daran die mangelhafte Pflege der Kinder in den ersten Lebensjahren, sowie die ungesunden Wohnungen. Der Berichterstatter aus Fischhausen hat folgende Tabelle aufgestellt: (Vergrl. Tab^e S. 130.) Die Kinder der Arbeiter und Bauern werden regelmässig nach 2, spätestens nach 6 — 8 Wochen getauft, im 14. Jahre alle gleidunäss^ konfirmiert. Die lä*säehung der Kinder der Arbeiterfamifie lässt im AUgemeinen sehr zu wünschen übrig ; 9 — 130 — sie werden häufig etwas verwöhnt, namentlich nicht ordentlich zu Gehorsam nnd Ehrerbietung den Eltern gegenüber an- gehalten. Entweder die Eltern strafen sie gar nicht, oder im Ärger nnd Zorn über die Gebfihr hinaus und sind, wenn andere ihre Kinder tadeln oder strafen, sehr empfindlich. Bei den engen WohnungsyerhSltnissen hören und sehen die Kinder manches, das sie sittlich gefährdet. Einige Berichterstatter behaupten auch, dass die Kinder von den Eltern zum Felddiebstahl ver- anlasst würden. Für die Schulbildung hat die Landbevölkerung wenig Interesse; sie sehen zwar gern, wenn ihre Kinder etwas lernen, besonders Religion, Bechnen, Lesen und Schreiben; ohne Schulzwang aber würden dieselben in arbeits- reicher Zeit nicht in die Schule geschickt werden. Aus Goldap schreibt man sogar: „Alle Kategorien sind darin einig, dass ihre Kinder heutzutage zu viel lernen.^' Geburten in der Landgemeinde Todesfälle,, „ „ darunter a) totgebome b) unter 1 Jahr alt c) von 1—2 Jahren d) „ 2-4 „ e) „ 4—10 j» » 152 99 5 20 9 11 15 154 84 3 24 6 5 6 1892 185 72 8 22 9 8 2 In allen ländlichen Arbeiterfamilien werden die Kräfte der Kinder benützt, sobald sie sich irgend wie verwenden lassen. Fünfjährige Kinder tragen der Mutter nicht nur das zerkleinerte Holz zu, sondern auch dem Vater Frühstück und Vesper aufs Feld; ältere müssen in Abwesenheit der Mutter die kleinen Geschwister warten, alle kleineren häuslichen Arbeiten verrichten, die Haustiere füttern, ja wohl auch das Essen kochen. Andere ihrer Beschäftigungen sind das Suchen von Pilzen, das Sammeln von Beeren und Ähren. Schon von 9 Jahren an werden die meisten Kinder während der schulfreien Zeit zur Lohnarbeit verwandt. In — 131 — der arbeitsreichen Zeit sind anch manche nur zu beschr&nkteni Schulbesuch verpflichtet, und einzelnen werden auf die Dauer vom 1. Mai bis 1. November ganz vom Schulbesuch befreit, um sich z. B. als Hütejungen oder Eindermädchen fest ver- mieten zu können. — Diese Vergünstigung wird aber nur Kindern solcher Eltern zu teil, die sich bei grossem Einder- reichtum in ftusserster Armut befinden. — Femer besteht die Lohnarbeit der Kinder im Jäten und Pflanzen von Buben, Oraben von Kartoffeln, Weiterfahren des Dünger- und Ernte- wagens, im Sammeln der Steine auf dem Felde und der- gleichen mehr. Die Dauer der Arbeitszeit hSngt davon ab, ob sie an schulfreien Tagen geleistet wird oder nicht, und beträgt dann 6 — 10, bezw. 4—6 Stunden. Dafür erhalten sie Essen und ausserdem je nach Alter und Leistung im 1. Fall 0,30—0,50 M., im zweiten nur 0,10 bis 0,80 M. Bei der Hopfenernte findet auch Akkordlöhnung statt, und zwar nach Anzahl der Körbe. Die für längere Zeit gemieteten Kinder erhalten meist nur Naturallohn in Gestalt von Beköstigung, Wohnung und Kleidung. „Im Winter werden sie vom Arbeitgeber oft durchgefüttert, damit er sie im Sommer wieder bekommt.^ Die Lohnarbeit der Kinder ist jedoch nicht überall gleichmässig verbreitet Sie scheint am meisten inKönigsberg (3) üblich zu sein. In Ortels- burg geben nur die am schlechtesten situierten Arbeiter und Witwen ihre Kinder ab. In Angerburg (2) werden sie nur ausnahmsweise zum Steinelesen oder beim Kartoffelgraben gebraucht, und in den beiden Distrikten Pr.-HoUand und Fischhausen (3) soll Lohnarbeit der Kinder überhaupt nicht stattfinden. Über die Folgen, welche die Kinderlohnarbeit mit sich bringt, lässt sich folgendes sagen: Auf die köperliche Ent- wicklung wirkt sie im Allgemeinen günstig, besonders dadurch, dass die Kinder beim Arbeitgeber viel reichlicheres und kräftigeres Essen bekommen, als ihre Eltern ihnen zu geben vermögen. Vom Nachteil für den jugendlichen Körper ist es aber entschieden, wenn es vorkommt wie z. B. in Osterode, 9* — 132 — dass „KtiÄben im Alter von 13, ja 12 Jahren zur schweren Arbeit des Dreschens, ja Pflägens herangezogen werden, oder wenn sogiur Mfidchen diesen Alters pflügen müssen," denn diesen Anfordemngen ist er keineswegs gewachsen. In geistiger Beziehnng treten die Nachteile der Einderarbeit deutlicher hervor. Einige wenige Berichte behaupten zwar der SchnlbesQch, nnd damit die geistige Entwicklung leide weniger, die meisten aber melden das Gegenteil. „Diejenigen Hütejungen, welche wöchenlich zweimal zur Schule kommen, smd dann so müde, dass sie dem Unterricht nicht folgen können; sie bringen es im Lesen, Rechnen und Schreiben meistens nur bis zu Anforderungen der Mittelstufe." Einen weiteren grossen Nachteil übt leider die Lohnarbeit der Kinder auf ihre sittliche Entwicklung aus, da sie im Umgang mit Erwachsenen manches ihnen Unpassende und SchädUche sehen und hören, und von diesen auch schon zum Gfenuss von Branntwein verleitet werden. Die Eltern haben es gern, wenn ihre Kinder schon frühzeitig in fremdem Lohn arbeiten, um sich Nahrung und Kleidung selbst zu verdienen, da es ihnen oft sehr schwer fällt, sie zu unterhalten. Alte und invalide Familienangehörige finden in d^r Begel bei den Ihrigen Unterkonmien und Pflege, namentlich wenn die Kinder in demselben Gute oder Dorfe wohnen, wo die Eltern ortsgehörig sind und ihren gesetzlichen Unter- stützuilgswohnsitz haben, wenn diese aber an einem anderen Orte leben, dürfen sie jene nur dann bei sich aufnehmen, wenn letztere von dem Guts- oder Gemeindevorsteher ihres Unterstützungswohnsitzes die Bescheinigung vorlegen können, dass sie trotz ihres Wegzuges das Eecht auf Unterstützung nicht verlieren. „In vielen Fällen ist dieser Abzugsschein nur auf eine Zeit von 2—3 Jahren erteilt, in der Hoffnung, dass die alten des Schreibens und Lesens wenig kundigen Leute die rechtzeitige Erneuerung der Bescheinigung versäumen und dadurdi das Heimatsrecht verlieren werden. Diese Hoffnung wird leider nur zu oft erfüllt." Die Eltern werden voD ihren Kindern um so lieber aufgenommen, wenn sie eine 183 — üntersttttzong von der Geniemde oder Alters- aad Invaliditätß- rente beziehen. Im Hanse ttirer Emder machen sie sich nätzUch, indem sie ihre Ekikel nnd Enkdinnen warten und pflegen, kleine hänsli(die Arbeiten verrichten, oder die alten Leute — namentlich der Vater — werden Scharwearker ihr^r Kinder, oder sie suchen sich anderweitigen Verdiepst, solange sie noch etwas leisten können. Gar viele Arbeiter aber er- blicken in der Versorgung ihrer alten invaliden Eätem eine lästige Pflicht, sie werden geduldet und haben beim Schwieger- sohn oder bei der Schwiegertochter oft schlechte Tage,^ ^sie wollen nichts für sie umsonst thun, veriangen Bezahlung für ihre Pflege, ja sie suchen diesdben wohl auch auf die be- nachbarten Ortschaften abzuwälzen.*' Dieses unQbristlicho Verhalten der Kinder ihren alten Eltern gegenüber ist jedoch nicht nur auf Herzlosigkeit zu schieben, sondern liegt viel- fach daran, dass die jungen Leute selbst Mühe haben, sich und ihre Kinder durchzubringen, und „dass Arbeiter mit alten invaliden Angehörigen, wenn letztere keine Rente be- ziehen, schwer Wohnung und noch schwerer auf l&ngere Zeit feste Arbeit erlangen, sondern immer weiter ziehen müssen, bevor sie die Ortsgehörigkeit erlangen, wodurch sie ver- armen.^ Die private Fürsorge der Arbeitgeber für alte invalide Arbeiter lässt sehr zu wünschen üb];ig. Nur •einige wenige Referenten sprechen davon, dass vom Arbeit- geber für solohe Leute etwas gethan wird, so heisst es z. B. in dem Bericht aus Mehrungen (1): „Die Arbeitgeber sind in den meisten FSUen sehr .konlant, geben Wohnung und .etwas Naturalien^; in Mehrungen (3) erhalten sie meistens Wohnung, Feuerung, 30 Q^Rnten Kartoffelland und d. Scheffel Roggen." In Ffschausen (2) „betkommen sie vom ^Sntsherm freie W4dmung, Holz und dn gewisses Deputat an Lebens- rnitteln, leider kommt es aber vxn-, dass letzterer ihnen «n Deputat abzieht, was sie als Invalidenrente erhdlem" iln drä Oütem des Distrikts Rastenbarg werden die Alten mit itoldrter Asbfik besohUtigt und bäoommen dann » utel, dass — 134 — sie leben können.^ In Ortelsborg sollen wohl die Ofiter für die alten Lente sorgen, die Bauern aber „nie", w&hrend dies in anderen Distrikten in umgekehrter Weise der Fall seia soll. Eine ganze Reihe von Berichten aber äussert, dass die Arbeitgeber fast gar nichts für die alten schwachen Leute thun, höchstens die gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Ja man geht sogar noch weiter, man weist ihnen die Thttr, wenn sich Erwerbsunfähigkeit bei ihnen einzustellen droht. So schreibt der Referent aus Lötzen „Erwerbsunfähige oder mit Erwerbsunfähigkeit bedrohte Personen werden auf Gütern mehr, auf Bauernhöfen weniger aus dem Dienste gern entlassen,^ und derjenige aus Mehrungen (2): „Viele Guts- besitzer, die einen Ortsarmenverband allein haben, kündigen den über 60 Jahre alten Leuten, und niemand will sie zwei Jahre yoU behalten. Die Leute haben sich oft bei mir darüber beklagt, sie sagen: ,,Wo ich mein Fleisch gelassen habe, möchte ich auch die Knochen lassen." Wie die Arbeitgeber suchen auch die Gutsbezirke und Landgemeinden die alten unter- stützungsbedürftigen Leute fem zu halten, indem sie dieselben nicht aufnehmen, bezw. für deren rechtzeitige Entfernung Sorge tragen. Das Alters- und Invaliditätsgesetz wird von den- jenigen, welche bereits eine Rente beziehen, als grosse Wohl- tbat empfunden, zumal sie dadurch bei ihren Eiadem wie auch bei Gremeinden leichter Unterkunft finden können« Aber auch bei den jüngeren Leuten findet das Gesetz immer mehr Anerkennung, wenn sie auch den Beitrag nicht gern zahlet sondern verlangen, dass der Herr die Kosten allein tragen solL Jedoch wünschen sie, dass die Altersgrenze herabgesetzt, die gezahlte Rente erhöht werden möchte. Das Misstrauen gegen dieses Gesetz wird aber oft dadurch erweckt, „dass es zumal bei Invaliditätserklärung so rigoros gehandhabt wird; und dass es oft vorkommt, dass offenbar berechtigte Ansprüche abgewiesen werden." Die Versorgung der Arbeiter in Krankheitsfällen ist eine verschiedene in den einzelnen Distrikten, sie ist am besten — 135 — im Kreise Königsberg, wo die Arbeitgeber ilire kontraktlich gebundenen Arbeiter vom 16. Jahre an aufwärts zu versichern verpflichtet sind, und wo Diakonissinnen stationiert sind, ^welche auch den Preiarbeitem, die sich gern dem Beitritt der Krankenkasse entziehen, weil sie die Beiträge selbst bezahlen müssen, Sat und Beistand erteilen. Frauen, welche nicht auf ständige Lohnarbeit gehen, sind zwar nicht versichert, werden aber von dem Hausarzt der Arbeitgeber behandelt. In leichteren Fällen ist der Arzt in seiner Sprechstunde zu konsultieren, bei schwerer Erkrankung kommt er ins Haus, und die Leidenden finden Aufnahme und Pflege im Hause der Barmherzigkeit zu Königsberg. Für die Instleute und Freiarbeiter hört in Krankheitsfällen der Barlohn auf, für die Deputanten, Gespann- knechte und das Gesinde nicht. In den übrigen Distrikten bestehen, ausser in Pr.-HoUand nirgends obligatorische Kranken- kassen, sodass die Versorgung bei Erkrankungen der Arbeiter ganz in den Händen ihrer Herren liegt. Gutsherren und Bauern lassen für ihre ständigen Leute den Arzt herbeiholen, erstere bezahlen ihn meist auch. Da aber die Arbeiter die Medizin selbst kaufen müssen, so nehmen sie ihn wenig in Anspruch. Die Freiarbeiter aber „müssen auf ihre eigenen Kosten krank sein" und bekommen auch schwer ein Fuhrwerk gestellt, besonders in den Dörfern. In einigen Distrikten ist die Versorgung in Krankheitsfällen „nicht gerade günstig", in den Dörfern des Distrikts Lyck „ganz ungenügend" und in Fischhausen (3) „thun die Arbeitgeber gar nichts für die Arbeiter". üeber die Armenfürsorge in den Landgemeinden sprechen sich nur zwei Berichterstatter befriedigend aus, alle anderen bezeichnen sie als „ungenügend" und „äusserst mangelhaft", einer sogar als „miserabel". Die Armen werden, wenn sie nicht bei ihren Kindern wohnen, im Armenhaus untergebracht, mehrere Personen, Männer wie Frauen in einem Raum, einerlei ob sie gesund oder krank sind; wo kein. Armenhaus vorhanden, wird für sie eine Wohnung gemietet Sie erhalten Brennmaterial — nicht immer in ausreichender — 136 — Menge — j Brotgetreide, oder anstatt des letzteren 0^0—6 M. bar. Solange sie noch leichte Arbeit verrichten können» werden sie dazn angehalten, sodass sie sich das bare Geld verdienen müssen. In manchen Dörfern gehen sie anch bei den Bauern reihom essen. In Mohrangen (1) ehalten sie Unterkunft in einer „schlechten, banfäUigen Htttte^ nnd monatlich 3 — 4,50 M. Kostgeld. „In den Dörfern'' (Mohrangen 2) „sind oft 4—10 Personen in einer engen Stube vereint, voller Ungeziefer und Elend." In Qeiligenbeil „besteht die ganze Unterstützung in einer Geldabfindung — monatlich 3 — 6 M., wofür ein Verwandter die „Unterhaltongskst^ übernimmt, meist auch nur aus Gnade und Barmherzigkeit". Der Bericht- erstatter bemerkt hierzu: „Meines Erachtens ist die Armen- fürsorge eine ganz und gar unzureichende; die Herzlosigkeit und der Egoismus der Wirte iu dieser Hinsicht ist geradezu verabscheuungswürdig. Daher kommt es, dass die Arbeiter meistens bis zum Liegenbleiben arbeiten, um nicht durch die sogenannte Arbeiterfürsorge der Gemeinde zu Tode gequält zu werden". Zu diesem hartherzigen Verhalten der Land- gemeinden ihren Armen gegenüber, muss jedoch anch erwähnt werden, dass sie m^t mit Armenlasten überhäuft sind, nicht allein durch die verhältnismässig grosse Zahl der im Ortse selbst befindlichen Armen, sondern auch infolge der Zahlungen, die sie an andere Gemeinden, Behörden und Erankenhäusar für Abgewanderte au zahlen haben. Auf den Gütern scheinen bessere diesbezügliehe Verhältnisse zn herrschen, mit Ausnahme der Distrikte Mehrungen (3) und Königsberg (2) wo „die Armenfttrsorge auf den Gütern eine durchaus un- genügende" sein sdl, beaw. ndie Armeai ein äusserst kümmer- liches Dasein fristen, und nicht, selten gezwungen sind, die Mildtbätigkeit der benachbarten Gremeinden in Ansprach zu nehmen". Die ehe^ialigen patriarehalischen Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern sind überall sehr erschüttert und schwinden immer mehr und mehr^ und zwar nicht (dine Schuld auf beiden Seiten, intdem einerseits die — 137 — HenreD flieh wenig lun 4as Wohl wnä W^e ihrar Leute kümmern, andererseits die Arbeiter die freiwillige Fiürsorge ihres Herrn mit Misstranen betrachten, in ihm nur denjenigen Beben, der ihre Kraft so gat als nur irgend möglich aasnutzt, roh und undankbar sind, sodass selbst dem gutgesinnten Arbeitgeber das Wohlwollen schwindet, und er nur Ansicht gelangt, dass die Leute nur ein reines KontraktsverhSltnis haben wollen. Wo ein patriarchalisches VerhUtnis noch besteht, und dies ist besonders in solchen Besitisungen der Fall, welche sich von altersher in der Familie weiter vererbt haben, zeigt es sich darin, dass die Herren, Gutsbesitzer wie Bauam, sich um das Wohl ihrer Leute kümmern, fiirsorgend in Erankheits- nnd NotESUen für sie eintreten, das Eigentum derselben, ohne dass sie es wissen, auf eigene Kosten gegen Feuergefahr versichern, ihnen Erntefest, ihren Kindern Weihnachts- bescheerung bereiten und dei^L, es zeigt sich aber auch darin, dass die Arbeiterfamilien mehrere GeschlechterihiAdurch auf den Besitzungen verbleiben und ihrem Herrn Treue und Anhänglichkeit erweisen. In der Behandlung der Arbeiter wird nicht immer der richtige Ton angeschlagen, namentiich nicht von den Inspektoren, weiche „im Allgemeinen nicht beliebt" sind; das Selbstbewusstsein der Arbeiter wird zwar nicht immer, doch «chon mehr als früher berücksichtigt, „weil sie sich jetzt nicht mehr alles bieten lassen". Lohnabzuge und 6eld- .stra&n — l — 3 M., ja selbst 6 M. — infolge schlechter Leistungen, Venmtrennngen, Vers&unmisse und Unordnimg, Ungehorsam und Widerspruch kommen fast nur noch aitf Gütern vor. Ansät ve zu Landarbeiterverbiänden.flnd^i nirgends statt. Im Distarikt Königsberg (8) „bestand im Jahre 1874 ein Ansatz dazu mit dem Zwedce, die Amtsvomteh^ zu prügeln und die Amtsgefftngnisse, Klnsen genannt, zu zerstören. Die Folge dieses geheimen Verbandes war die Quednausche fievolte vom 6. Juli 1874, die Anstifter wurden wegen Land- iriedensbmch mit 2-t6 Jahren Znchthaus bestraft. Seitdem 4ankt niemand an eine Shiüiehe Erhebung." An Unternehmer- — 138 — verbänden existiert nur in Labian ein landwirtschafüiclier Verein, der sich mit der Arbeiterfrage beschäftigt und den Kontraktbrach zn verhindern sncht. Die sozialdemokratische Agitation hat fast nirgends Eingang gefunden; nur aus dem Kreise Königsberg wird be- richtet, dass Leute mit sozialdemokratischer Gesinnung ge- legentlich aufs Land kommen und bereits soviel Einfluss erzielt haben, dass an einzelnen Orten bei den Reichstags- wahlen vereinzelte Stimmen für den Sozialdemokraten ab- gegeben worden sind. Die Beziehungen zwischen allen ländlichen Arbeitern untereinander sind ^abgesehen von persönlichen, durch Zank und Streit hervorgerufenen Feind- schaften meist freundlich und vertraulich, sie unterstützen sich wo sie können, denn Instlente, Deputanten, Freiarbeiter und alles Gesinde sehen sich als Glieder eines Standes mit gleichen Interessen an^. „Ein starkes Solidaritätsgeftthl auch mit Arbeitern anderer Ortschaften und Gttter macht sich mit- unter geltend". Gegen Industriearbeiter sind sie freundlich, gegen polnische Wanderarbeiter feindlich gesinnt „weil diese den Lohn herabdrücken/' Ein Bedürfnis nach Lektüre, namentlich in den Winterabenden ist bei allen Arbeiterkategorien vorhanden; sie lesen gern religiöse Sachen oder Erzählungen mit sittlicher Tendenz, am liebsten aus dem eigenen niederen Stande. „Der Ostpreussische Sonntagsfreund", „Das Berliner Evangelische Sonntagsblatt*', „Der Nachbar", „Der Friedensbote", „Länd- licher Arbeiterfreund", „Predigten" werdenihnen vom Geistlichen teils vermittelt, teils unentgeltlich zugestellt. Die in jedem Schul- bezw. Kirchorte vorhandenen, vom Pfarrer oder Lehrer verwalteten Volks- und Schulbibliotheken werden im Winter fleissig von ihnen benutzt. Über die Zu- und Abnahme der sittlichen Tüchtigkeit der Arbeiter urteilen die Bericht- erstatter sehr verschieden. Die einen konstatieren, dass sich dieselbe entschieden gehoben habe, die anderen dagegen behaupten das Gegenteil und klagen, dass Gehorsam, Fleiss, Treue, Ehrlichkeit und Keuschheit, letzteres besonders bei — 139 — den jüngeren Lenten, sebr abgenommen habe. Grosse Dieb- stähle kommen zwar nur selten vor, nm so hänfiger aber kleine von Holz, Getreide, Obst n. s. w., ,,(la diese gar nicht für Sünde gehalten werden". ..Anch ist über Meineide viel zu klagen (Gmnbinnen 2)". „Die Retät ist geschwunden. Bei dem jungen Gesinde ist eine Unbotmässigkeit eingetreten, die jeder Beschreibung spottet. (Mehrungen 2)". Der Bericht- erstatter aus Labiau urteilt hierüber f olgendermassen : „Die sittliche Tüchtigkeit der Arbeiter ist geringer als früher, woran gewiss die Arbeitgeber viel Schuld haben, da sie den Arbeiter nicht mehr nach seiner Menschenwürde, sondern vielmehr nach seinem Lohn ansehen. Die Arbeiter meinen, dass sie nur ausgenutzt werden, und suchen ihrerseits auch auszunutzen, was sie nur können." Nach der grossen Mehrzahl der Berichte schliesslich ist die sittliche Tüchtigkeit der Arbeiter im Verhältnis zu früher im Allgemeinen dieselbe geblieben. Am Schlüsse seines Berichtes schreibt der Referent aus Pr.-Eylau (1) : „Noch ist unser Landvolk ziemlich gesund und frei von der sozialdemokratischen Anschauung; aber es ist Zeit, dass berechtigte Ansprüche ihm erfüllt werden**. Dies gilt aber nicht nur für diesen Distrikt, sondern für die ganze Provinz. Der Referent fährt dann weiter fort: „Zu diesen Ansprüchen gehört eine Beschränkung der Arbeitszeit im Sommer, wo die Leute kaum Zeit zum Essen haben. Mehr als zwölfstündige Arbeitszeit ist vom Übel". Wenn man diesem auch beistimmen muss, so liegt doch der Schwerpunkt der Sache nicht in der langen Dauer der Arbeitszeit, denn die Leute wissen selbst genau, dass die Landwirtschaft die Zeit im Sommer möglichst ausnutzen muss und klagen daher auch nicht über die lange Dauer der Arbeitszeit, wie ja einstimmig berichtet wird, sondern vielmehr in den schlechten Lohnver- hältnissen, welche es dem Arbeiter nur in den aller seltensten Fällen ermöglichen, Ersparnisse zu machen, sowie in den traurigen Wohnungsverhältnissen, welche, um mit den Worten eines Berichterstatters zu reden, „den dunkelsten Punkt im Leben der Arbeiter bilden". — 140 — Anlage 2.*) Pachtverhältnisse des Pfarr-, Berichtsdistrikt Pachtung von Pfarr-, Schul-, Flächeninhalt des Pfarr- a^eiB ha Schul- ackeis ha Kirchen- ond Stiftungs- ackers ha Zusammen ha Zahl der Pächter, bez\v Grösse der verpachte tei Parzellen (bezw. Stand der Pächter Fischhausen 1 tt 2 . . . >» Königsberg 1 . . . ? „ 2 . . . 62,50 „ ö . . . 20,00 4 » * • • • 80,00 n 7» Lahiau 67,00 9,00 5 • • . 6 • . . Heiligenbeil .... Pr.-Eylan 1 . . . . 51,00 660,00 45,00 76,00 A. Begierungsbezirk 11,00 21,00 1 .20,00 51,00 860,00 65,00 .76,00 *) Anlage 1 und 6 befinden sich am Schluss. 67,00 8 Gutsbesitzer 9,00 1 11 Pftohter: 8 kl. Besitze] 1 Lehrer, 1 Eigentüniei 1 Freiarbeiter ? 1 Besitzer 62,60 16 Besitser i 20,00 1 kölmisoher Besitzer 101,00 ' Pfiuracker: an den Sohl V .eines Besitzers aas einei andern Ghemeinde n. 1 Gatsbesitser; Organisten- aoker: 1 Handwerker. s Bauern 16 grössere PanseUen aal ,1 <3tQtsb«sitser, 4 Besitzer 7 Bauern, 1 Gutspächter 1 Pfiarrhnfenpächter, 1 Ghwtwirt, 1 Kaofinann und mehrere kl. ParzeUen an Bigenkätnef n. Hand wecke^ vom SfoiTAOk^ 40 ha 1 Gutsbesitzer u. 5 ha 1 kl. Beidtser; der Stiftangs- adker ,in U Pai^f eUen an kl. Besitzer, Handwerkei n. Ubidliohe Arbeiter .1 OenettlpSchttt .(frttheiei Inspektor) — 141 Schul-, Kirchen- und Stifftungsackers. Stiftangs- u. Kirchenacker Durchsclinittliche Pacht- summe pro Jahr u. Hektar des ^farrackers M. des Schnl- ackeiB M. des Eirohen- n. Stift- imgB- aeken M. j> ^ S S «'S In den Pachtpreisen seit Jahien eingetretene Veränder- ungen Gelegenheit zum Parzellen- erwerb Häufigkeit des Au&teigens Ton Landarbeitern zu Kleinstellen- besitzem Königsberg. 20,90 72,00 28,00 8,00 (guter) l),0O(gering.) Boden 34,00 30,00 40,00 4,00—32,00 83,75 21,00 82,00 60,00 14,10 18,80 17,20 37,00 18,40 19,20 15,80 einwenig gefallen nein ? ? selten soll £rtiher yorgekom men sein ? ? nicht vorgekommen xuzi ^/o gesnnken j» kommt nicht vor gestiegen ? höchst selten ? nicht vorhanden kommt nicht vor ? niohtTorhanden P 22,00 24,60 9,20 12^0 10,18 gennger ge- worden Die 4 ha V. Pfarr- aoker sind von 150 anf 175 M. erhöht worden, sonst keine Ver- änderangen lun 88% gestiegen nicht hftnfig jederseit nein J» kommt gar nicht vor öfterb Vorgekommen (£. B. Bentengnts- besitsei^ sehr deltbn, h. dann hn^ ans derKategorie der ständigen Arbeiter wegen Unbemittelt- heit äusserst selten 142 — Anlage 2. Pachtverhältnisse des Pfarr-, PachtiiTig ' von Pfarr-, Schul-, Flächeninhalt des Zahl der Pächter, bezw. Eirchen- Grösse der verpachteten Pfanv ackers Schul- ackers und Stiftungs- ackers Zusammen Parzellen (bezw. Stand der Pächter) ha ha ha ha Pr.-Eylau 2 . . . . 66,81 — 65,81 19 Pächter: eixüge Baaem überwief^end Handwerke] u. Eif^enkfttner Gerdauen 1 . . . . 68,00 — — 63,00 Nut Enm Teil an 1 Baoei verpachtet „ 2 . . . . 68,00 — 68,00 1 Bauer Rastenburg .... 59,00 — — 69,00 18 Pächter : Bauern n. Kig^eni kfttner. Pr.-Holland .... 61,0 2,46 ^^^ 68,46 Pf.-Ack. : 17 Pächter, meist Bigenkätner ; Seh. - A. : 1 Besitzer Mobrungen 1 ... 48,56 — — 48,66 8 mittlere und ö Klein- stellen-BeaitEer 2 . . . 64,30 — 18,66 72,96 7 Bauern und 1 Schneider- meister 3 . . . 26,00 8,00 . — 29,00 G-utsherrsohaft Osterode 82,00 " " 82,00 3 (1 mittlerer Bauer, 1 Eigen- kätner und 1 Aoke^ bttrger) Orteisburg . r . . 70,60 ^"^ 70,60 3 kleine Besitzer Insterburg 1 2 Gumbinnen 1 2 Stallupönen . Goldap . . . Angerburg 1 2 ?» Lötzen . Lyck • ■ • 7,50 75,00 *. 49,00 b. 12,5 67,00 B. Beglerungsbezlrk 7,50 76,00 61,60 67,00 1 Ghitsbesitser 1 Pächter an 1S7 städÜBche Hand- weiker an 6 Bauern 143 — Schul-, Kirchen- und Stiftungsackers. Stiftungs- und Kirchenacker Durchschnittliche Pacht- Bumme pro Jahi und Hektar des Pfanackers des Kirchen- u. Stift- ongs- aokers M. • OQ I S ^d o eS 9 OQ H »ü S.2«g M. In den Pachtpreisen seit Jahren eingetretene Veränder- ungen Gelegenheit zum Parzellen- erwerb Häufigkeit des Aufsteigens von Landarbeitern zu Kleinstellen- besitzen! 42,00 24,80 »,00—36,00 36 39 20—60 36 20 28 48 20—60 86 12,92 16,67 11,94 15,65 9,59 12,92 12,92 11,75 6,64 6,27 bedeutend ge« stiegen ? ? etwas gestiegen am b% gesunken nioht gesunken um etwa 60**/» gestiegen um 400% ge- stiegen nein nioht vorhanden nioht vorhanden nein nein selten jederzeit selten kommt nioht vor selten sehr selten ja nein nioht SU of Ournbimieii. 34 12 «. 54,65 h, 66,64 20 __ ^^v 8,42 — — 9,59 — — > 14,09 — — 8,54 — — 8,08 — — 5,45 — — 18,51 — — 4,70 • — — 6,07 — . — . 7,26 ^■~ ttberhaupt nioht jederzeit nein nein sehr selten kommt vor lun 86^/« gesunken häufig fast nie kommt gar nioht v<« sehr selten — sehr selten sehr selten — nein kommt vor, dooh nioht oft — ja, fehlt aber an Kapital selten — 144 — H X) u < CO SP ■5 § ■g a M s s § § GQ a s •ö N es 5z; a a 9 o OD ■§1 a- I 03 o «'S es &$ O ^ d X I^t:» ^ QQ 3 g ä a • t o N eS Xi Q« OD 'S 'S Ol d> CD OD ® 9*^ ^ 9 OD I -^1 I -<-^ -4! 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Garten Gess VJI w«w Tage- Jabres- zn Ge- au iLar- ZU are lohn lohn treide toffeln Lein > > Pf. K. h» ba ba . ha h£ FisohhaufieD 1 . . S. 80 _ _ 0,14 _ _ 0,1 2 . . S.40;W,30 (S.80).(W.25) — — ja 0,025 ja • 3 . . — — — — — — Eönigeberg 1 . . 8.40. W. 85— 80 oder 90 1 __ ^^ 0,2! 2 . . (S.80).(W.S5-S0) 8 . . 80 (26) .^__ 0,26 .^_ _ 0.2! „ e . . — 100 0,14 — — — Labiau .... — 72 — 0,14 0,12 0,2C Pr.-Bylau 1 . . W. 28. (20) 1./1V.— 1./X. \ / 80 ^■^^ 0;21 0^07 — 0,2^ 2 . . 60-100 0,14—0,17 • 0,07-ai8 Dörfer 0,0014—0,007 auter 0,028—0,07 Geidauen 1 . . — 7Ö— 90 — 0,i7— 0,2S 0,07 ^— 0,24-( 2 . . (S.80) (W.25) 75 — 0,12 0,12 0,01 0,25 Bastenbarg . . . 80 (20) — — 0,14 .^ 0,08 0,22 Pr.-HoDänd . . . S.50. W. 80 oder 100 | ja ja ^— 0,18 — Mohmngen t . mwtßo^iü) j=- Fnrohen -^ -^ — B .. . 80 (20) — — — — 0,31 in AbEag.kommen ^ M. Ortebbuig f. Wohnnng 1 . 1 a) auf Gütern bei * • Selbstbeköstig. . — — — .0,25 0,62 1 Beet — b) beißaaeni,neb8t Kost .... — — 12 Beete 0,18 2 Beete — Insterburg 1 . . (S.«5)W.c.lM. S. 86 _ 0,25 0,084 0,284 Gnmbinnen 2 . . (80) 90 ._ 0)25 __ 0,25 (Dx|ttgttng.p,40) (Viertg.0,(M)-0,80) 1 Stallap«kien • . W.BO S. 80 1 025 — . 0,25 Angerbuijl 1 . . -* ibo : % — — 0,25 2 . , 80 (S.80.W.80) S. 80 — 0,26 — — 0,26 Lötzen .... (20) 60—70 ._ ._ .^ _ 0,8S Lyck (25) 64—72 — "" 0,88 ^^ 0,07 0,45 der Insttetrte. 149 — Daneben f€ste Deputate Btreide Ctr. ^rhk Erbsen Cfcr. Dresch- ftnteil bei Hand-, (ööpel-), [Dampf- drusch] Euhhaltung Wiese (Weide) Futter- u. weidefreie Kühe (Milcbr depntat) St. Schafe (WoUgeld) St. er xi OQ 8t. I St. OD .SP O 8t. Brenn- material Holz (TorflOOOSt.) 11,2 9,6 24,0 29,6 12,8 1,6—24,« 22,4 32,4 16,0 19,2 9—11 8 14,4 4,8 17,2 20 8,8 * 11,25 15,2 26,4 22,5 18—20 9(15) 10 (15) 10(15) [18] l,6dd.DiMokantea 8,2 keiner 1,6 1,6 1,6 2,0 0,8 10 (14) 10 (14) 10 (15) 9(15) 0,8 0,8 0,8 1,6 8,2 10 10 (15) {Sommer- weide t Schafe 2 Q. 1 St. JxmgvieSi 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1—2 1 1 1 1 1 1(2) ed. b. Bamen S Schaib 1 (l^ß) 1 oder SolMfe 1-2 2-4 2 m.tasn 2 . . Gerdanen 1 . ?» 2 . 'astenburg . . 180 200 ♦120 180-aoo 250 150 200 150 SOO— 260 lSO-160 150 120-150 150 200 120 200—850 50 100—120 150 250 250-SOO 150 volle K. 150—200 teilw.K. 200—250 100 250 250 (Ernte) 80-120 100—150 100 80 teflw.K. 100 120 50—60 ▼olle K. 6o— SO teilw.K. 100 250 150 50 150 -.200 80-100 150—400 (2Pers. Ernte) 200 80 100 120 50 80-100 80-100 60 100-^20 200 (Ernte) ♦100 Weiber nur be Sommerarbei 80 60 80 Weiber nur — 151 — Freiarbeiten r liehe Arbeiter beschäftigte «i voller od. lüweiserEost im nini0T Pf. im Winter Pf. b. zeitweise beschäftigte ohne Kost im Sommor Pf. im Winter Pf. bei voller od. teilweiserEost im Sommer Pf. im Winter Pf. Sonstige Leistnngen des Arbeitgebers Bemerkungen 100—140 Prineender ^hfifUgt 70—80 80 (Ernte) 50 50 100 100 60 60 a) Vi ^otse Brotge- treide s 15 Pf. (Frau.) 80-120 50—80 50—70 30—50 90 95 50 65 70-100 60—80 50 40 Häufig kl. Stüok Kar- toffelaoker , etwas Heu f. d. Zäege Bin n. wieder ein St. KartoffeUand oder Heu ans einem snmpfi^en Terrain abgegeDen n. dafür ein &. Betrag be- rechnet im Sommer 60—80 Akkord, den die Arbeiter vor- ziehen, selten gewährt. Es findet vozwiegend Tage- löhnxmg statt. Akkordlöhnxing gar nicht üblioh. Akkord nur bei Steineklopten, Drainage- und Waldarbeit, dnrohsohnittlich pro Tag 2 K. Akkordarbeit in der Ernte; ftlr Abmähen eines Mor- gens 1,80—1,50 M. Akkord beim Mähen von Wiesen nnd Getreide. Verdienst im Durchschnitt 8,50 M. Bisher Tagelöhnnng vor- herrschend, doch Um- schwung. Fast nur Tagelöhnung; diese ziehen die Arbeiter vor. Es findet Tagelöhnung statt. Akkord nur selten. Vorwiegend Tagelohn. Mähen p. Morgen 1,60 bis 8 M. Holzsohlagen pr. m 0,S0 M. Wurzelroden pr. m 0,70 M. — 152 — Anlag^e 7. Der Lofan dti Männliche Arbeiter Weil a. dauernd beschäftigte b. zeitweise beschäftigte a. dauec Distrikt ohne Kost bei voller od. teilweiserEost ohne Kost bei Yoller od. teilweiserKost ohne Xo! im im im im im im im im im i] Sommer Winter Sommer Winter Sommer Winter Sianmor Winter 8omm«r Wii Pf. H. Pf. Pf. H. Pf. Pf. Pf. H. — Pr.-HoUand . . 200 100 150 50 350 100 (in der Ernte) Mohrungen 1 200 .100 bis 180 60—90 — — 2 . 100—160 80-120 — — 220 120—150 — — 7Q-120 50-1 3 . 150 80-100 — 180 (in der Ernte) — — Osterode . . . 120 90 ^ 100 60 — — — 90 50 Ortelsburg . . 150 100 75-lt)0 50 — 75 — Tnsterburg 1 100 — — 120 — 100 — •— - 2 . 120-160 — — — • ^^*** — — GuTn binnen 1 150 — 100 — 200 (in der Ernte) 120 — 80-100 - 2 . 200 150 — — — — — — — ~"^ Stallupönen . . 150 80 100 ^„_ ^^.^ ^^mm t — - Goldap .... 150 100 — — — — — ' Angerbnrg 1 80 bis 260 — — — — 2 . — ,« 100 — 300 (Akkord) — 130—150 — — Lötzen .... — — 180—150 60—80 — — 120—150 60—80 — "^ Lyck .... 100 60 60 25 — — — — etvf — 163 — reiarbeiten iche Arbeiter bchüftig^ k voller od. SveiserKost taiT » 30 Sf> 30 50 I _ "'\~ 80 50 b. seitweise befMhftftigte ohne Kost bei yoller od. teihreiBerKoit im Sommer Pf. im Winter Pf. Im Sommer Pf. 80-100 — 80-150 80 60 80-100 150 150 — 80 80 60-120 100 des Manneslohnes 60—70 50-60 50—75 70—80 im Winter Pf. 80—40 Sonstige Leistungen des Arbeitgeben Bemerkungen Ausserdem Futter Die dauernd besohäf- iigten A. dtlrfen sieh ein Fader Heu aufinaohen Kartoffel- , Flaohs- land, Gtonittsebeete n. Getreide Eartoffelland, Woh- nangsBiisohiiss,teil- weise auoh Getreide Landgewfthmng, das sogenannte JNaoh- reojien nehmen sie nicht mehr wahr 50 Kartoffelland Vorwiegend Tagelöhnnn^. Arbeiter nehmen heber Akkord, weil sie mehr ver- dienen. Vorwiegend Tagelöhnnng. Akkordyerdienst S— 4 M. ohne Kost., A. ist ihnen lieber, weil sie dann ar- beiten können wie sie woUen. Akkordarbeiter bei Erd- und Torfiubeiten täglich 2 bis S M. Akkord nicht üblich. Von Akkordlöhnnng kein Fall bekannt. ,J)er hiesige A. arbeitet sehr langsam and übernimmt nioEt Akkordarbeit.^* Akkord nur bei Drainage-, Mengel- a. Ghrabenarbeiten. Akkordlöhnong findet nicht statt. Akkordlöhnong wenig ver- breitet. Tagelöhnnng ist die Segef. Vorwiegend Tagelöhnong. Akk. nur aosnahmsweise, s. B. HoLsfUllen im Walde, Torf- stechen, Orabemdehen. Vorwiegend Tagelöhnnng vor« sezoffen, weil die Arbeit leichter. Akkord aoa- nahmsweise. — 154 — Anlage 6. Lohn der Scharwerker. Kreis Barlohn Naturalien FischhauBen 1 7? »> 8 Königsberg 1 >» n »> t> Labiau 2 3 4 5 6 Heiligenbeil . Pr.-Bylau 1 . »7 2 . Gerdauen 1 2 »» Eastenburg Pr.-HoUand Mohmngen 1 2 •Osterode . Ortelßburg Insterburg 1 tj Oumbinnen 1 2 Stallupb'nen Goldap . . Angerburg 1 2 Lötzen . . Lyck . . , 60 Wäsche u. InvaliditäUmarken 45 Kleid u. SchftTMnzeug, oder sonstige Leinwand. 8ch. nieht TorliMlden 45—48 I 1 Bock, 1 Paar Pantoffeln, die Madchen I 1 Sdittrze Durchschnittlich 1 M. (?) 46—50 60—72 36-48 Seh. niclit vorhanden 25—36 je nach Alter und Leisinng 30-36 60 72 60—90 60—75 bis 60 75 Seh. nicht vorhanden 0,50-0,80 täglich 0,30 täglich 0,30 -0,60 täglich 0,30-0,40 täglich 46—60 0,25 tägUch Für Jungen: 4 Hemden, 2 Hosen; für Ifödchen: 40 Ellen Leinwand zum Bock bezw. zum Kleid, 2 Schfirzaii Den sogen. Beschnitt, d. h. ein Stack Leinwand 15 M. Wert t ) der Bevölkerung betrug davon entfielen für i die 1» ien Gutsbezirke Städte % Personen % Personen •V A) 1 ■1 sb er -10,1 -19,1 - 2,3 ^ 1,9 »- 2,6 - 5,5 h 0,5 r 4,3 ■ 1,7 - 5,7 -14,2 + + -f -f- 945 + 2,0 320 -0,7 261 + 0,5 360 -0,7 160 - 0,3 230 -0,7 654 + 1,5 686 - 1,5 226 -0,4 404 -0,6 353 + 0,5 — 245 -0,4 244 — 0,5 + 568 + 1,2 — 512 — 0,9 — 180 — 0,5 -f 488 -h 1,0 179 -0,4 124 -0,2 + 4181 + 6,8 + 575 + 0,8 0,7 0,3 5,5 2,7 7,2 3,1 11,0 + 384 + 356 + 1570 + 32 — 733 — 74 + 195 + 0,9 + 0,7 + 2,8 + 0,1 - 1,9 -0,2 + 0,4 + 953 + 8 092 + 2 630 + 1774 + 84 + 416 + 3 082 + 2,1 + 6,4 + 3,6 + 3,9 + 0,2 + 0,9 + 5,7 3,1 2,1 2,7 4- 36 + 4 601 4- 4 537 + 0,0 + 0,6 + 0,2 + 36 720 + 20 575 + 57 295 + 3,1 + 2,6 + 2,9 . / n ^» » Vita. Ich, Felix Gerhardt, evangelischer Konfession, wurde am 5. September 1875 zu Lucka in Sachsen-Atenburg ge- boren als Sohn des Gasthofsbesitzers Hermann Gerhardt und seiner Ehefrau Anna, geb. Knorr. Von Ostern 1889 an besuchte ich das städtische Real- gymnasium zu Borna i. S. und später das Herzogliche Ernst- Realgymnasium zu Altenburg, an welch letzterem ich Ostern 1897 die Maturitätsprüfung bestand. Nachdem ich hierauf meiner Militärpflicht genügt, bezog ich die Universität Leipzig, um mich dem Studium der Nationalökonomie zu widmen, hörte hier Vorlesungen der Herren Professoren: Binding, Bücher, Hasse, Pohle, Sohm und Stieda und nahm an den von Herrn Bücher geleiteten Übungen der ^Vereinigten Staats wissenschaftlichen Seminare" teiL Im Winter-Semester 1899/1900 ging ich nach Heidelberg und besuchte an der dortigen Ruprecht-Karls-Üniversität die Vorlesungen der Herren Professoren: Anschütz, Cantor, Leser, Rathgen und Weber, sowie die volkswirtschaftlichen Übungen der drei letztge- nannten Herren. Allen diesen Herren, besonders aber den Herren von der Ruprecht-Karls-Üniversität, fühle ich mich für reiche wissenschaftliche Anregung und Förderung zu tiefem Danke verbunden.